Trotz richterlicher Anordnungen und laufender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin vertreibt der Web-Shop www.softwarebilliger.de laut Angaben von Microsoft gefälschte Datenträger.
Gerichtsvollzieher und Beamte des Landeskriminalamts Berlin hatten bereits bei der ehemaligen Betreiberin des Web-Shops www.softwarebilliger.de im August 2011 mehrere Tausend Datenträger gefälschter Microsoft Windows-Betriebssysteme sichergestellt.
Aber auch die neuen Betreiberin von www.softwarebilliger.de, die Tyr Holding GmbH, soll laut Microsoft, weiterhin gefälschte Datenträger, verkaufen. Gegenüber der BZ räumte Elmar Ewaldt, Geschäftsführer der Tyr Holding GmbH aus Berlin, den Rechtsstreit mit Microsoft ein. Er widersprach aber der Darstellung des Softwareherstellers, das Portal www.softwarebilliger.de würde wissentlich gefälschte Software in Verlauf bringen. Dennoch, Microsoft warnt weiterhin vor dem Kauf von Software auf www.softwarebilliger.de. Kunden des Webshops, die unsicher sind, ob sie Fälschungen erworben haben, bietet Microsoft an, ihre Computerprogramme auf Echtheit zu überprüfen.
Bereits 2011 sei man aufgrund diverser Einsendungen darauf aufmerksam geworden, dass über www.softwarebilliger.de gefälschte Datenträger des Betriebssystems Microsoft Windows 7 verkauft wurden, erklärte der Hersteller. Microsoft erwirkte darauf hin beim Landgericht Frankfurt eine einstweilige Verfügung (Az.: 2-06 O 390/11) gegen die damalige Betreiberin des Webshops , die newsXL GmbH, und stellte Strafantrag gegen ihren Geschäftsführer. Bei einer Durchsuchung des Lagers der damaligen Betreiberin, die newsXL GmbH in Berlin, haben im August 2011 Beamte des Landeskriminalamts Berlin neben originalen Datenträgern rund 17.000, laut Microsoft gefälschte, Datenträger mit Microsoft-Computerprogrammen sichergestellt.
Verkauf von Fälschungen geht weiter
Eine Woche nach der ersten Durchsuchung habe softwarebilliger.de erneut einen gefälschten Datenträger mit dem Computerprogramm "Microsoft Windows XP" vertrieben, so Microsofts Vorwurf. Verkäufer war aber nicht mehr die ursprüngliche Betreiberin der Seite, sondern die Tyr Holding GmbH, die den Webshop www.softwarebilliger.de übernommen hatte und bis heute betreibt. Daraufhin erwirkte Microsoft gegen die die Tyr Holding GmbH ebenfalls eine einstweilige Verfügung (LG Frankfurt, Beschluss vom 28.10.2011, Az.: 2-03 O 474/11) und stellte einen weiteren Strafantrag. Auch bei der Zustellung der zweiten einstweiligen Verfügung wurden 73 DVDs mit dem Programm "Microsoft Windows XP" sichergestellt. All dies hielt die neue Betreibergesellschaft, die Tyr Holding nicht davon ab, auch nach der Zustellung der zweiten einstweiligen Verfügung, mehrfach gefälschte Datenträger mit Microsoft Computerprogrammen zu vertreiben, so Microsoft.
Rechtsmittel blieben bislang erfolglos
Gegen die erste einstweilige Verfügung haben die ursprüngliche Betreiberin der Website www.softwarebilliger.de sowie deren Geschäftsführer bislang erfolglos Rechtsmittel eingelegt. So wurde die erste einstweilige Verfügung gegen die Firma durch das Urteil des Landgericht Frankfurt vom 21.09.2011 bestätigt (Az.: 2-06 O 390/11). Über die dagegen eingelegte Berufung wurde noch nicht entschieden. Im Strafverfahren gegen den Geschäftsführer bestätigten zudem das Amtsgericht Tiergarten sowie das Landgericht Berlin in höherer Instanz den Beschluss der Beschlagnahme durch das Landeskriminalamt. Auch die neue Betreiberin hat gegen die sie betreffende einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt. Bisher besteht die einstweilige Verfügung weiter.
Microsoft bietet grundsätzlich allen Kunden an, die Computerprogramme des Unternehmens erworben haben, diese kostenlos auf Echtheit überprüfen zu lassen. Hierzu müssen der Datenträger, sämtliche Unterlagen über den Erwerb und eine eidesstattliche Versicherung über den Erwerbsvorgang beigefügt werden. Genaue Informationen erhalten Kunden unter www.microsoft.de/pid. Der Hersteller empfiehlt Kunden, die über www.softwarebilliger.de Microsoft Produkte erworben haben, diese von Microsoft auf ihre Echtheit überprüfen zu lassen.(rb)
Was Rechtsanwälte von dem Streit halten
Rechtsanwalt Arno Lampmann von der Rechtsanwaltskanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum Partnerschaft aus Köln kommentiert den Rechtsstreit zwischen Microsoft und in folgendem Wortlaut:
"Viele werden sich nun fragen, ob das Verhalten von Microsoft zulässig ist, zumal – worauf Microsoft selbst hinweist - bisher keine entsprechende rechtskräftige Gerichtsentscheidung in der Welt ist. Fest steht allein, dass das hinter Softwarebilliger.de stehende Unternehmen durch einen solchen öffentlich erhobenen Vorwurf nicht unerheblichen Schaden nehmen dürfte, wenn es ihn überhaupt überlebt.
Wir verstehen die Pressemitteilung von Microsoft so, das der Plattform softwarebilliger.de vorgeworfen wird, richtige “Raubkopien” der Software angeboten und vertrieben zu haben und dass es nicht um das zurzeit ebenfalls heftig diskutierte Problem geht, ob und wie Zwischenhändlern der Verkauf von “gebrauchter” Microsoft Software im Zusammenhang mit Echtheitszertifikaten gestattet ist.
Der BGH hat im Oktober 2011 beispielsweise entschieden, dass es unzulässig ist, einen so genannten Recovery-Datenträger mit einem Echtheitszertifikat zu verbinden, wenn dieser nicht von Microsoft ursprünglich so verbunden in den Verkehr gebracht wurde. Wir berichteten. Obwohl es sich in diesem Fall um “echte” Software und auch um ein originales Echtheitszertifikat gehandelt hatte, befand der Bundesgerichtshof, dass der Vertrieb der so gekennzeichneten Ware rechtswidrig in das Markenrecht von Microsoft eingreife, da die vom Händler vorgenommene Zusammensetzung von Datenträger und Echtheitszertifikat suggeriere, dass Microsoft für die Echtheit des Datenträgers einstehe, was in Wirklichkeit nicht der Fall sei.
Wenn die Vorwürfe zutreffen, über die Plattform softwarebilliger.de demgegenüber tatsächlich gefälschte, “raubkopierte” Datenträger vertrieben worden sein sollten, ist der Vorgang tatsächlich skandalös und das Vorgehen Microsofts nachvollziehbar.
Microsoft müsste die Vorwürfe beweisen können
Falls sich die Vorwürfe allerdings nicht beweisen lassen sollten – Microsoft teilt in seiner Pressemitteilung selbst mit, dass die ergangenen Gerichtsentscheidungen zur Zeit noch durch höhere Instanzen überprüft werden – hat Microsoft ein Problem. Denn die so genannte Anschwärzung ist gemäß § 4 Nr. 8 UWG unzulässig und nach § 186 StGB sogar strafbar und mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bedroht.
Der Tatbestand dieser Vorschriften ist bereits dann erfüllt, wenn derjenige, der die herabsetzenden Tatsachen behauptet, diese nicht beweisen kann. Das bedeutet, dass Microsoft die Darlegungs- und Beweislast trifft, dass über das Portal softwarebilliger.de tatsächlich gefälschte Datenträger verkauft worden sind. Da die Pressemitteilung Microsofts, wie oben bereits erläutert, so zu verstehen ist, dass damit nicht lediglich eine Streitigkeit über die lizenzrechtliche Zulässigkeit des Vertriebs von Software, sondern der Vertreib waschechter Piraterieware gemeint ist, wäre dieser Beweis wohl auch nur geführt, wenn es sich bei den sichergestellten Datenträger auch um echte Raubkopien gehandelt hätte.
Man darf daher gespannt sein, wie die zivilrechtlichen und strafrechtlichen Verfahren ausgehen. Auch wenn es Microsoft wahrscheinlich egal bzw. vielleicht sogar ganz Recht ist, wenn das angeprangerte Unternehmen “über die Klinge springt” könnte den Beteiligten rund um die brisante Pressemitteilung eine strafrechtliche Verfolgung drohen." (rw)