Microsoft will 5,8 Milliarden Dollar in sein Partnernetzwerk im Laufe der kommenden zwölf Monate investieren.
von Alexander Roth, ChannelPartner
Eine Geschichte hat immer zwei Seiten. Microsoft lockt seine Partnercommunity wie auch Endkunden zunehmend ins Netz. Schon das Verb "locken" ist aus Sicht mancher aber hier nicht angebracht, andere sagen eher: Microsoft zwingt die Community ins Netz.
Um die Cloud für die Partnerwelt attraktiv zu machen, stellt Microsoft bereits seit längerem Geld und Vertriebsinitiativen auf: Von vergünstigten Schulungen im Rahmen des Partnerprogramms (Cloud Academy), über Einstiegs- und Entwicklungstools wie Windows Intune und Azure bis hin zu Freilizenzen, etwa für Office 365.
Auf der laufenden Weltpartnerkonferenz setzt der Hersteller eins oben drauf: 5,8 Milliarden Dollar sollen im kommenden Geschäftsjahr, das mit dem 1. Juli 2011 begann, weltweit in eben diese "Lobbyarbeit" fließen.
Ein erheblicher Anteil wird Vertriebs-Incentives und Initiativen aufstocken, wie Microsofts Partnerchef John Roskill in Los Angeles betonte. Belohnt werden sollen Verkaufserfolge über alle Bereiche des Cloud-Portfolios, inklusive der Entwicklergemeinschaft (ISVs) rund um die Cloud-Plattform Azure. Weiterhin hat Microsoft erhöhte Ausgaben für Schulungen und kostenlose Partner(Test-)lizenzen im Visier.
"Viele von Ihnen nutzen immer noch nicht alle Vorteile unseres Microsoft Partner Networks. Uns ist klar, dass der Wechsel nicht leicht wird", so Roskill. Nachhelfen soll nun genau dieses Geld. Roskill verwies auf die Änderungen, die den Channel mit der Cloud erwartet: "Das Wesen des Handels bewegt sich weg von einzelnen Transaktionen in Richtung Life-Cycle-Solutions. Sie haben mit der Cloud wiederkehrende Einnahmen, vergessen Sie das nicht."
Auch eine neue Komepetenz wird es geben: Die Kompetenz "Unified Communications” aus dem MPN soll künftig gesplittet werden, in eine eigene Kommunikations-Kompetenz (rund um die Plattform Lync) und eine eigene Messaging-Kompetenz, die sich vornehmlich um Exchange drehen wird.
Bedenken des Channels
Die zweite Seite der Medaille lautet: Nicht alle Partner sehen sämtliche solcher Cloudankündigungen mit einem lachenden Auge. Wie CP in Gesprächen mit deutschen Partnern erfuhr, sehen viele mit der Cloud eine Gefahr auf sie zukommen. "Warum sollte Microsoft langfristig, etwa in Sachen Office 365, via Partnermodell vertreiben? Wir machen nun die Lobbyarbeit für die Cloud bei unseren Kunden, die wir momentan bezahlt bekommen, aber langfristig ist hier doch kein Platz für den Channel", meldet ein Partner aus NRW an.
Der Systemhauschef verweist auf die Möglichkeit für Endkunden, Office 365 ohne Probleme auch standardisiert in Anspruch zu nehmen - ohne Anpassung seitens der Partner. Ein bayrischer Reseller schlägt in gleiche Kerbe: "Wir müssen dringend die Möglichkeit von Microsoft erhalten, Dritthersteller leichter in das Cloud-Portfolio MS einzubinden, um unseren Platz in diesem Vertriebsmodell zu rechtfertigen. Hier bewegt sich seitens Microsoft wenig."
Microsoft versucht an dieser Stelle zu beruhigen, wie etwa Steve Ballmer, der bei seiner Keynote symbolhaft von 100 Prozent Partneranteil am Microsoft-Umsatz sprach.
Doch wie man die Münze auch dreht: man den Redmondern nur glauben - eine Garantie gibt es nicht. Denn was wäre etwa, wenn aus Sicht von Microsoft nicht genügend Partner in die Cloud einsteigen, und man Geschäft damit flöten gehen sieht - alleine mit Blick auf die Konkurrenz? Da scheint der Schritt zum Direktgeschäft nicht fern. Mit Kevin Turner hat der Konzern schließlich auch einen knallharten Manager zum Chief Operating Officer berufen - ein Mann der bereits bei Walmart und auch schon so manches Mal bei Microsoft kräftig durchgriff, nicht zum Gefallen aller. (aro)