Damit könnte auch ein Ersatz für den scheidenden Microsoft-Chef Steve Ballmer gefunden sein. Der bisherige Nokia-Lenker Stephen Elop wird von Experten bereits als Nachfolger Ballmers gehandelt, der nach über 13 Jahren seinen Rückzug angekündigt hatte.
Der frühere Microsoft-Manager Elop räumt zwar im Zuge der Übernahme den Chefsessel bei Nokia. Er leitet aber weiter die Handysparte und wird wahrscheinlich mit zu Microsoft wechseln. Mit ihm gehen wahrscheinlich rund 32.000 Mitarbeiter bei Microsoft an Bord.
Nokia konzentriert sich aufs Netzwerk-Geschäft
Microsoft zahle 3,79 Milliarden Euro für das Geschäft mit Geräten und Diensten und gebe weitere 1,65 Milliarden Euro für Patentlizenzen aus, hieß es. Außerdem werde Microsoft auf Nokias Kartendienste zurückgreifen. Die Transaktion soll nach Zustimmung der Aktionäre und der Aufsichtsbehörden spätestens bis Ende März 2014 abgeschlossen sein. Die Nokia-Aktionäre sollen den Verkauf bei einer außerordentlichen Hauptversammlung am 19. November absegnen.
Kommentar
Microsoft gegen Apple und Google
Mit dem Kauf der Handy-Sparte von Nokia positioniert sich Microsoft ganz klar gegen Google und Apple. Selbstredend werden ab sofort alle neue Nokia-Smartphones mit Windows 8 bespielt, aber ob das reicht, dem Betriebssystem zu mehr Marktanteil im Mobile-Sektor zu verhalfen, darf bezweifelt werden.
Problematisch bleibt damit aber Microsofts Verhältnis zu seinen Smartphone-OEMs (HTC, Samsung & Co.). Diese dürften sich nun vollständig dem Google-Betriebssyteme Android verschreiben. (rw)
Mit dem Deal wird sich der Nokia-Umsatz in etwa halbieren. Der finnische Konzern will sich künftig vor allem auf das Netzwerk-Geschäft und die Entwicklung seiner Kartendienste unter der Marke "Here" fokussieren. Nokia hatte jüngst den ursprünglich gemeinsam mit Siemens betriebenen Netzausrüster NSN komplett übernommen. Größte Konkurrenten in dem Bereich sind der schwedische Ausrüster Ericsson, der französische Konzern Alcatel-Lucent sowie einige asiatische Unternehmen.
Microsoft will auf den Smartphone-Zug aufspringen
Über einen Verkauf der Handysparte an Microsoft war bereits seit einiger Zeit spekuliert worden. Die Unternehmen waren Anfang 2011 eine enge Partnerschaft eingegangen. Nokia ist der wichtigste Hersteller von Smartphones mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone.
Damit schließen sich zwei Technologie-Giganten zusammen, denen massive Veränderungen in ihrem angestammten Geschäft zu schaffen machen. Der finnische Konzern war lange Zeit die dominierende Kraft im Handy-Markt, verlor aber mit dem Vormarsch der Smartphones wie des iPhone von Apple und Geräten mit dem Google-Betriebssystem Android massiv an Boden.
Dank der starken Position bei günstigen Handys ist Nokia zwar immer noch der zweitgrößte Hersteller von Mobiltelefonen nach Samsung . Der Marktanteil von Nokias Lumia-Modellen bei den lukrativen Smartphones liegt aber im niedrigen einstelligen Prozentbereich.
Auch Microsoft hat derzeit mit einem Wandel in seinem Kerngeschäft zu kämpfen. Das Betriebssystem Windows und die Bürosoftware Office sind immer noch die wichtigsten Geldbringer des Konzerns - inzwischen werden aber immer weniger PCs verkauft, weil die Nutzer lieber zu Smartphones und Tablets greifen. Microsoft versucht, mit Hilfe von Windows Phone und Nokia auf diesen Zug aufzuspringen, die Marktanteile steigen aber nur langsam.
Ballmer und Elop schrieben in einem gemeinsamen Brief, mit dem Zusammengehen der beiden Unternehmen werde man das volle Potenzial des Windows-Ökosystems entfalten können. Es werde neue Telefone und Dienste geben, "die das Beste von Microsoft und das Beste von Nokia vereinen". (dpa/rw)
Zu der geplanten Übernahme von Teilen Nokias durch Microsoft äußert sich auch Christian P. Illek, Vorsitzender der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland:
„Die geplante Übernahme ist der konsequente Schritt in unserer Entwicklung hin zu einem Unternehmen, dass neben Software auch Hardware und Services anbietet. Die aktuelle Generation der Nokia Windows Phones überzeugt mit ausgereifter Technik und hoher Nutzerakzeptanz. Weltweit sind die Nokia Windows Phones um 78 Prozent YoY gewachsen und in neun Ländern konnten wir bereits einen Marktanteil von mehr als zehn Prozent erzielen. Auch in Deutschland hat sich Windows Phone in den zurückliegenden Monaten sehr gut entwickelt. Die Übernahme, mit deren Abschluss wir Anfang 2014 rechnen, wird unseren Bestrebungen im Smartphone-Markt einen zusätzlichen Schub geben. Die Investition ist strategisch sehr wertvoll – für unsere Kunden, Partner, Mitarbeiter und für unsere Shareholder. "
Microsoft darf seine Partner nicht verlieren
Adrian Drozd, ICT Research Director, bei Frost & Sullivan, kommentiert den Microsoft-Nokia-Deal folgendere Maßen: "Mitten in einem Ökosystem-Krieg kauft Microsoft letztendlich die Smartphone-Sparte von Nokia. Bei diesem Geschäft geht es nicht um die Geräte bzw. Produkte als solche, vielmehr um die Windows Phone-Plattform. Um überhaupt eine Rolle in dieser Branche zu spielen, muss Microsoft ein starkes Ökosystem entwickeln – und bei einem Marktanteil von vier Prozent ist der Weg also noch weit.
Die Aneignung von Nokia ermöglicht Microsoft seine Anstrengungen beim Windows Phone zu verdoppeln und die Lumia-Marke zu nutzen, um wirklich innovativ mit der Plattform zu sein. Microsoft kann nunmehr die volle user experience kontrollieren, was zur Vermeidung einer OS-Fragmentierung beitragen wird (wie es mit Android der Fall war), und macht es sich damit leichter, Entwickler für die Plattform zu interessieren. Zudem ist Microsoft nun viel besser positioniert, einige seiner Geschäftskunden wiederzugewinnen, welche das Unternehmen aufgrund von BYOD und Konsumerisierung verloren hat. Der Gigant kann dem Kunden nun ein komplettes Portfolio an Hardware, Software und Dienstleistungen anbieten.
Die Frage, die sich durch diese Akquisition stellt ist, was Microsoft mit seiner Windows Phone-Plattform vorhat, nun da es einen Ersthersteller aus der Branche erwirbt. Seine lange Geschichte mit Partnerunternehmen lässt darauf schliessen, dass es nicht der Strategie von Apple folgen, seine Plattform nur von Nokia-Geräten nutzen lassen wird. Um Marktanteile zu gewinnen, müssen Samsung und HTC an Bord bleiben, und eventuelle Bedenken aufgrund der Akquisition müssen aus dem Weg geräumt werden. Microsoft kann Nokia dafür einsetzen, eine echte Innovation auf der Plattform voranzutreiben, so wie es Google mit Motorola macht. Um jedoch erfolgreich zu sein, muss es seine guten Beziehungen mit seinen Partner weiterhin aufrecht erhalten.“ (rw)