Auf der diesjährigen Entwicklerkonferenz Build 2017 in Seattle gab Microsoft eine Fülle an Neuigkeiten bekannt - Überraschungen inbegriffen. Im Focus standen dabei Windows 10 und die Cloud-Plattform Azure doch auch künstliche Intelligenz, IoT sowie Visual Studio wurden thematisiert. Um das straffe Programm zügig den erwartungsfrohen Entwicklern zu präsentieren, musste CEO Satya Nadella auf der Eröffnungs-Keynote ordentlich auf das Tempo drücken.
So verkündete der Microsoft-Chef, dass Windows 10 aktuell auf mehr als 500 Millionen Geräten läuft, ein Jahr zuvor waren es nur 270 Millionen. Allerdings hatte Microsoft noch deutlich höhere Erwartungen formuliert, als Windows 10 in die kostenlose Verfügbarkeitsphase ging: von einer Milliarde Geräte war die Rede. Dagegen entwickele sich die kommerzielle Nutzung von Office 365 mit 100 Millionen Nutzern pro Monat prächtig und auch Cortana verzeichne bereits mehr als 140 Millionen User pro Monat - Tendenz steigend, so Nadella.
In seiner Keynote betonte Nadella, dass derzeit ein Paradigmenwechsel bei der Entwickelung von Apps stattfinde. Hatte das Unternehmen in den vergangenen Jahrend as Mantra "Mobile First, Cloud First" vor sich hergetragen, ist nun von der "intelligenten Cloud" und Edge Computing die Rede. Im Mittelpunkt dieser neuen Welt stehen Multi-Device-Unterstützung, Artificial Intelligence (AI) und Serverless-Computing.
Künftig sollen Apps plattformübergreifend verfügbar sein, so dass der Anwender seine spezielle App auf allen mobilen aber auch stationären Geräten unabhängig von der Hardware oder dem Betriebssystem nutzen kann. Daten, insbesondere Sensordaten, die in Edge-Systemen generiert werden, sollen laut Microsoft direkt am Device für schnelle AI-Analysen verarbeitet und ausgewertet werden. Ein zentrales Cloud-Modell sei in der bisherigen Form nicht mehr zeitgemäß - schon wegen der großen Latenzen durch den steigenden Datenverkehr im Netz.
Die Künstliche Intelligenz müsse mehr und mehr in die Edge-Infrastruktur wandern und schnelle Ergebnisse durch Verarbeitung vor Ort liefern, bekräftigte Nadella. Darüber hinaus sollen Entwickler nichts mehr mit Servern zu tun haben müssen, sondern Anwendungen vollständig im Web entwickeln und via Cloud deployen. Als Grundlage für das Serverless-Computing soll dabei Azure beziehungsweise Azure Stack fungieren. Laut Scott Guthrie, EVP bei Microsoft, kann der Anwender nun auf "Azure Functions" zurückgreifen, um bedarfsgerecht Serverless-Code und vordefinierte Workflows auszuführen. Diese sogenannten Azure Functions Apps lassen sich plattformunabhängig unter Visual Studio 2017 entwickeln, debuggen, testen und deployen.
Zusätzlich erweitert Microsoft seine IoT-Infrastruktur um IoT Edge. Mit diesem Service will der Hersteller IoT-Geräten den direkten Zugang zu Cloud-Services ermöglichen, damit diese von dessen Ressourcen ohne Umwege profitieren können.
Entwickler-Tools für Azure, Visual Studio und Co.
Neu ist auch die Datenbank "Azure Cosmos DB", die vor allem für rechenintensive Anwendungen entwickelt wurde. Sie ist darauf optimiert, Anwendungen aus den Bereichen Internet der Dinge (IoT) und künstliche Intelligenz (KI) zu unterstützen.
Die Nutzung von Container-Technologien will Microsoft mit der neuen Azure Service Fabric vereinfachen. So soll es künftig möglich sein, Container typunabhängig auf nahezu jeder Plattform zu verwenden. Entwickler können ab sofort Container-basierte Anwendungen unter Zurhilfenahme von Windows Server Container und einer Preview von Docker Compose auf der Service-Fabric-Plattform für Anwender zur Verfügung stellen.
Darüber hinaus hat Microsoft auf der Build 2017 weitere kleine und große Highlights verkündet: So sind Visual Studio 2017 for Mac, Bing Custom Search, Custom Vision Service, Custom Decision Service und Video Indexer ab sofort verfügbar, die Cognitive Services für Bild-, Audio-, Text-, Sprach- und Emotionserkennung wurden auf 29 Dienste ausgedehnt. Auch können Entwickler jetzt eigene Apps und Zusatzfunktionen für Microsoft Teams entwickeln und veröffentlichen. Die digitale Microsoft Assistentin Cortana wurde um die Cortana Skills Kits erweitert. Damit sollen Entwickler (zunächst nur in USA) Cortana mit neuen individuelle KI-Fähigkeiten ausstatten können.
Windows 10 wird bunter und mobiler
Laut Windows-Chef Terry Myerson will Microsoft das nächste Windows-10-Update mit dem Codenamen "Creators Update" im Herbst 2017 ausrollen. Eines der Highlights ist das Microsoft Fluent Design System. Dabei handelt es sich um ein neues, frisches Design, das sich an die Metro-Oberfläche von Windows Phone anlehnt. Damit können Entwickler neue Designoberflächen für PCs, Tablets und Smartphones, aber auch für Augmented- und Virtual-Reality-Geräte entwickeln.
Neu im Windows 10 Fall Creators Update ist die Zeitleisten-Funktion, die sogenannte Timeline. Damit können Anwender zu älteren Dateien, Anwendungen und Websites zurückspringen. Die Timeline basiert auf der intelligenten Schnittstelle Microsoft Graph. Diese erlaubt unterschiedliche Datenzustände eines Systems zeitabhängig über die Microsoft Cloud zu verknüpfen. Damit lässt sich zum Beispiel die Arbeit ein einem Word-Dokument unterbrechen und mit einem anderen Gerät wie Smartphone oder Notebook am anderen Ort mit dem gleichen Datenzustand fortsetzen. Die Timeline-Funktion ist auch für die digitale Assistentin Cortana verfügbar und zudem auch für die Zwischenablage gültig, so dass Anwender zu jedem Zeitpunkt den gleichen Informationszustand auf allen Geräten haben.
Microsoft kündigt im Creators Fall Update mit Windows Story Remix auch eine neue Universal App an. Sie soll per Deep Learning Fotos und Videos über verschiedene Plattformen hinweg nutzerspezifisch organisieren können, um zum Beispiel eine sinnvolle Geschichte aus dem Bildmaterial zu kreieren. Der Anwender hat die Möglichkeit, das Ergebnis nach seinen Wünschen und mit entsprechenden Werkzeugen wie etwa 3D-Funktionen inklusive Stifteingabe per Windows Ink zu verändern und so ein Mixed-Reality-Szenario zu kreieren.
Auf Wunsch und Druck der Anwender führt Microsoft schließlich auch die Platzhalter-Funktion von OneDrive in Windows 10 wieder ein. Unter dem neuen Namen OneDrive Files on Demand lassen sich alle auf OneDrive gespeicherten Dateien mit der entsprechenden App einsehen, ohne das die Datei auf den lokalen Storage heruntergeladen werden muss.
Darüber hinaus soll Ende des Jahres 2017 Apples iTunes über den Windows Store verfügbar sein. Auch diverse Linux-Distributionen soll es künftig im Windows Store geben. Am Start steht Ubuntu. Mit SUSE Linux und Fedora Linux soll Microsoft in Gesprächen stehen.