Sourcing- und Cloud-Strategie

Microsoft Cloud Deutschland - die Lizenzierungsperspektive

20.01.2017 von Axel Oppermann
Mit der "Microsoft Cloud Deutschland" bietet Microsoft eine weitere Sourcing-Option für Anwenderunternehmen an, die eine Cloud-Strategie verfolgen und auf Microsoft-Lösungen setzen. Um daraus Vorteile zu erzielen, gilt es aber auch auf die Lizenzierungs- und Beschaffungsoptionen zu achten.

In zahlreichen Beratungsprojekten, bei Vorträgen und in Gesprächen mit Anwendern treffen wir im Zusammenhang mit der Einführung von Cloud-Lösungen und Microsoft-Angeboten immer wieder auf das Thema "Microsoft Cloud Deutschland". Dabei gleichen sich die Fragen oftmals: "Was ist die Microsoft Cloud Deutschland?", "Was habe ich davon?", "Wie kann ich sie - und warum sollte ich es überhaupt - in meine Strategie einbinden?" Und besonders häufig: "Wie kann ich die Services lizenzieren und was kosten sie?" Wir stellen fest, dass grundsätzlich Interesse an dem Angebot besteht. Ob es tatsächlich eine Nachfrage am Markt gibt, wird die Zeit zeigen.

Es handelt sich beim Cloud-Angebot von Microsoft aus deutschen Rechenzentren heraus um eine relevante und valide Sourcing-Option, die im Rahmen einer ganzheitlichen IT- respektive Cloud-Strategie durchaus zu validieren ist. Besonders die unterschiedlichen Lizenzierungs- und Beschaffungsoptionen der Microsoft Cloud Deutschland hinsichtlich anderer Angebote von Microsoft, anderen Services von Cloud-Providern und Hostern sowie zum Eigenbetrieb gilt es zu vergleichen. Hierbei sind nicht nur die Preise bzw. Kosten zu betrachten, sondern vielmehr ist der Nutzen in den Vordergrund zu stellen.

Microsoft bietet bei der Deutschland-Cloud unterschiedliche Lizenzierungsoptionen an. Hierzu zählen exemplarisch die Beschaffung über Enterprise Agreement, der Kauf über einen Cloud-Solution-Provider oder die direkte Beschaffung über das Internet. Die Beschaffungsoptionen unterscheiden sich unter anderem nach der Größe des Anwenderunternehmens, dessen Anforderungen und Bedarfe bzw. dessen Präferenzen in Bezug auf Laufzeiten und Zahlungsintervalle. Wir empfehlen Entscheidern, die unterschiedlichen Modelle und Lizenzierungsformen zu vergleichen. Nachfolgend ein erster, einführender Überblick.

Die Lizenzierung

Die Eckpunkte der Microsoft-Lizenzierung sind umfassend klar definiert und adressieren die Anforderungen der Anwender. Die Vielzahl der unterschiedlichen Lizenzierungsmodelle und -angebote sind auch auf das breite Kundenspektrum von Microsoft zurückzuführen. Dabei liegen gerade hier viele Vorteile für die individuelle Beschaffung und Bedarfsdeckung. Insbesondere die unterschiedlichen Zahlungsintervalle und Vertragslaufzeiten sind zentrale Größen, die es zu beachten gilt.

Viele IT-Verantwortliche kennen sie aus der grauen Vorzeit oder der nahen Vergangenheit: Beschaffungsmodelle wie "Full Packaged Product" (FPP), die klassische Box, die man im Einzelhandel oder beim PC-Spezialisten kaufen konnte. Oder OEM-Produkte, die auf einem PC vorinstalliert sind. Bekannt sind auch unterschiedliche Volumenvereinbarungen, die für die Beschaffung größerer Softwaremengen gedacht sind.

Lizenzierung und vertragliche Aspekte der Microsoft Cloud Deutschland
Foto: Avispador 2017; Whitepaper Microsoft Cloud Deutschland Lizenzierungsperspektive

In den letzten Jahren neu dazugekommen und immer relevanter sind Servicepläne in Form von Abonnementvereinbarungen wie bei Office 365 und verbrauchsbasierte Abrechnungsmodelle wie bei Azure. Und diese Modelle rücken bei der Planung moderner IT-Infrastrukturen immer stärker in den Fokus.

Beim Beschaffen von Microsoft Cloud Deutschland Services sind unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und Optionen sowie Rahmenparameter zu berücksichtigen. Aus Sicht von Avispador zählen hierzu

Grundsätzlich orientieren sich die Lizenzierungsmodelle und Konzepte für die Microsoft Deutschland Cloud an den weltweit gültigen Lizenzmodellen. Die einmaligen Rahmenparameter bedingen einzelne Zusatzvereinbarungen ergänzend abzuschließen. Es ist eine Alltagserkenntnis, dass bei Vertragsabschlüssen nicht nur die harten Faktoren zählen, sondern dass vor allem den weichen Faktoren, wie Vertrauen, eine hohe Bedeutung zukommt. Bei Cloud-Computing-Angeboten hat Vertrauen eine besonders hohe Relevanz.

Die vertraglichen Aspekte der Microsoft Cloud Deutschland

Wie schon erwähnt, setzt Microsoft bei der "Cloud Deutschland" auf ein Treuhändermodell. Ferner gibt es im Vergleich zu anderen Cloud-Regionen weitere Regelungen, die die Microsoft Cloud Deutschland für bestimmte Anforderungen so wertig und besonders machen. Aus diesem Grund müssen auch einige vertragliche Aspekte berücksichtigt werden, die dem neu konzipierten souveränen Cloud-Konzept gerecht werden. Diese bringen dem Anwender im Vergleich zu anderen Microsoft-Modellen hinsichtlich Themen wie Datenschutz und Rechtssicherheit zusätzliche Vorteile; namentlich die Speicherung der Daten und das Bereitstellen der erforderlichen Systeme in deutschen Rechenzentren.

Im Kern geht es hier um eine Zusatzvereinbarung zwischen dem Kundenunternehmen und dem eingesetzten Datentreuhänder. Diese Vereinbarung ist als eine Ergänzung zur Lizenzvereinbarung mit Microsoft zu sehen. Sie umfasst die zusätzlichen Datenschutzverpflichtungen gegenüber dem Kunden, insbesondere bezüglich der Kontrolle und des Zugriffs auf die Daten des Kunden.

Cloud-Giganten: Microsoft Azure
Azure Microsoft Cloud Deutschland
Cloud-Dienste "Made in Germany" bietet Microsoft seit Mitte 2016 an. Dazu wurden zwei Rechenzentren in Frankfurt am Main und Magdeburg in Betrieb genommen.
Azure Cloud: Nadella in Deutschland
Satya Nadella, CEO von Microsoft bei der Präsentation der Deutschland-Cloud in Berlin im November 2015: "Unser Ansatz besteht darin, eine hoch skalierbare Public Cloud aufzubauen. Wir bieten unseren Kunden eine echte hybride und verteilte Computing-Plattform."
Azure Paired Region
Höhere Ausfallsicherheit durch "Paired Regions": Nutzer von Azure-Cloud-Diensten können Daten sowie Ressourcen wie Virtual Machines und Datenbanken zwischen zwei Rechenzentren von Microsoft replizieren. Beide liegen in benachbarten Regionen, etwa West- und Nordeuropa, müssen aber mindestens 300 Meilen voneinander entfernt sein.
Azure Marketplace
Ebenso wie Amazon Web Services und andere Cloud Service Provider hat Microsoft auf Azure einen Marktplatz für Produkte von Drittanbietern eingerichtet.
Microsoft Cloud Treuhändermodell
In Deutschland hat Microsoft eine separate Azure-Cloud-Infrastruktur aufgebaut. Zugriff auf die Kundendaten hat ausschließlich ein zwischengeschalteter Treuhänder, in diesem Fall T-Systems.
Alex Stüger
Alex Stüger, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung von Microsoft Deutschland: "Die Verknüpfung unserer Microsoft-Cloud-Plattform mit deutscher Infrastruktur und deutschem Datentreuhänder ist aus unserer Sicht am Markt einzigartig."

Ferner gibt es weitere Ergänzungen zu den Onlinedienst-Bedingungen, die der Anwender mit Microsoft abschließt. Hierbei handelt es sich im Kern um die zusätzlichen Datenschutzverpflichtungen von Microsoft hinsichtlich der Rolle des Datentreuhänders und des Zugriffs auf die Kundendaten.

Ergänzend, zusammenfassend und in anderen Worten: Wie bei anderen Beschaffungsvorhaben für Microsoft-Cloud-Services schließt der Kunde bei der Microsoft Cloud Deutschland Verträge mit der Microsoft Corporation, die ihren Sitz in den USA hat, ab. Hier gelten regelmäßig die EU-Standardvertragsklauseln. Als Datentreuhänder greift Microsoft auf eine Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom zurück, die T-Systems International GmbH. Und zwischen diesen Parteien (Datentreuhänder und Kunde) wird die Zusatzvereinbarung getroffen. Wie bei allen Beschaffungsaktivitäten müssen die vertraglichen Bestandteile und die einzelnen Verträge geprüft werden.

Die Lizenzierungsperspektive auf Ebene des Angebots

Neben der "klassischen" Lizenzierung von Software gibt es in Bezug auf die Microsoft-Cloud-Lizenzierung drei klare Ansätze, welche bei der Planung berücksichtigt werden müssen.

Diese Dienstleistungen haben in der Regel einen festen Preis - respektive ein Verrechnungsmodell - und eine klar zuzuordnende Produktnummer (SKU). Diese Dienste können nach Bedarf beschafft (gebucht) und verbraucht werden. Beispiele für einen solchen einzelnen Service im Umfeld von Azure können die "Multifaktor-Authentifizierung" oder einzelne Computer-Dienste sein. Beispiele für einzelnen Service im Bereich Office 365 sind Exchange-Services.

Ein Plan (Serviceplan) ist die Bündelung unterschiedlicher Dienste zu einer sich ergänzenden Gruppe von Services.

Diese können exemplarisch über das Enterprise-Portal bestellt und als Teile des Enterprise-Vertrags berechnet werden.

Verantwortliche sollten und müssen hier identifizieren, welche Variante für sie am günstigsten ist, sowohl im Sinne finanzieller Kriterien als auch im Sinne strategischer Optionen. Servicepläne beziehungsweise Service-Bundlings zeichnen sich oftmals durch einen signifikanten Rabatt aus, der es sinnvoll erscheinen lässt, ein solches Bundling zu bevorzugen, auch wenn nicht alle Services genutzt werden. Die Beschaffung auf Ebene einzelner, dedizierter Services sorgt oftmals für eine bedarfsgerechtere und flexiblere Beschaffung.

Die Lizenzierungsperspektive auf Ebene der Beschaffungsoption / Beschaffungswegs

Wie für nahezu alle Produkte und Services bietet Microsoft auch für die Deutschland-Cloud unterschiedliche Lizenz- und Bereitstellungsoptionen an. Diese unterscheiden sich regelmäßig durch Vertragsform, Vertragslaufzeit, Bezahlweise oder Vertragsnehmer/-partner. Die vier zentralen Beschaffungsszenarien sind:

Der Anwender bezieht direkt über das Microsoft-Portal und zahlt per Kreditkarte oder per Rechnung.

Ein Cloud-Solution-Provider (CSP) ist ein Microsoft-Partner. Dieser CSP oder Vertragshändler ist Rechnungssteller an das Anwenderunternehmen.

Microsoft oder ein Lizenzhändler - ein sogenannter LSP - stellt die Rechnung an den Kunden.

Ein Managed-Services-Provider (MSP) ist ein Microsoft-Partner. Dieser MSP ist Rechnungssteller an das Anwenderunternehmen.

Die unterschiedlichen Kaufoptionen sollen sowohl unterschiedliche Kundengruppen adressieren als auch unterschiedlichen Anforderungen gerecht werden. Während sich die Beschaffung über das Volumenlizenzprogramm EA an Unternehmen mit mehr als 500 Benutzern richtet, die im Rahmen eines flexiblen Volumenlizenzprogramms ihre Cloud-Dienste und Software im Rahmen einer Vereinbarung beschaffen wollen, richten sich die Beschaffungsoptionen über CSP oder MSP an Anwenderunternehmen, die individuell angepasste Lösungen oder Services/Dienste nutzen wollen. Diese Kunden beziehen exemplarisch einen Azure-Dienst in Kombination mit einem Service des Partners aus einer Hand. Der Partner zeichnet für Rechnungsstellung und Support verantwortlich. Der Vorteil für die Anwender: Es kommt alles quasi aus einer Hand; der Partner verkauft Azure, Office 365 oder Dynamics 365 weiter und bündelt seinen Service dazu.

Alle Fakten der Microsoft Cloud Deutschland im Überblick

Mit der "Microsoft Cloud Deutschland" bietet Microsoft eine weitere relevante Sourcing-Option für Anwenderunternehmen, die eine Cloud-Strategie verfolgen und/oder auf Microsoft-Lösungen setzen. Hierdurch werden Lösungen und Szenarien ermöglicht, die sonst so (unter anderem wegen Compliance-Anforderungen) nicht mit Microsoft-Lösungen umgesetzt werden könnten.

Momentan sind nahezu 40 Azure-Dienste verfügbar. Office 365 und Dynamics 365 folgen ab dem Frühjahr 2017.

Es handelt sich um ein "souveränes" Cloud-Angebot, das nicht in die global vernetzten Cloud-Dienste von Microsoft integriert ist.

Die Kundendaten und benötigten Systeme werden in zwei Rechenzentren vorgehalten.

Die Microsoft Cloud Deutschland basiert auf der weltweiten Instanz der Microsoft-Cloud und unterliegt regelmäßig denselben Sicherheits- und Compliance-Kontrollen

Darüber hinaus greift Microsoft auf einen sogenannten Datentreuhänder zurück.

Das Konzept der Data-Sovereignty - der Datenhoheit - fußt darauf, dass digitale Daten den Gesetzen oder der Rechtsprechung des Landes unterliegen, in dem sie gespeichert sind.

Für Services, die aus der Microsoft Cloud Deutschland bezogen werden, wird ein Aufschlag von bis zu 20 Prozent bei Azure-Services verlangt und bis zu 25 Prozent bei Office-365-Services.

Anwenderunternehmen haben regelmäßig vier Optionen, Dienste aus der Microsoft Cloud Deutschland zu beschaffen (Lizenz über Enterprise Agreement, direkt über das Web, über Partner im Rahmen der Cloud-Solution-Provider und Managed-Service-Provider-Modelle).

Fazit

Trend ist, was man daraus macht. Und Cloud-Computing ist der Trend der letzten Jahre; ist die Entwicklung, die erst viele andere technische Umsetzungen oder Geschäftsmodelle ermöglicht. Dabei ist Cloud-Computing kein Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Eine Analyse des weltweiten Cloud-Marktes zeigt: Wer als Cloud-Anbieter beziehungsweise integrierter IT-Konzern weltweit erfolgreich sein will, muss nicht nur eine kluge Produktpolitik, eine konsequente Partnerstrategie fahren, sondern vielmehr auch auf eine Regionalisierung beziehungsweise lokalisierte Bereitstellung der Dienste bauen. Es gilt durch diesen Schritt, regionalen Besonderheiten sowie lokalen Marktanforderungen genauso gerecht zu werden wie rechtlichen oder regulatorischen Auflagen.

Die Herausforderung besteht darin, den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Dies reicht von extrem starken Regulierungen und staatlichen Vorgaben wie in China bis hin zur verpflichtenden Einhaltung souveräner Anforderungen in Märkten wie Kanada, Frankreich, UK oder eben auch Deutschland. Es ist zu erkennen, dass die Big 4 der Cloud-Provider - AWS, Google, Microsoft und IBM - diesen Anforderungen immer öfter gerecht werden und souveräne oder integrierte Instanzen weltweit aufbauen. Auch Anbieter wie Alibaba bauen ihren regionalen Footprint aus.

Es ist aber auch zu erkennen, dass die Anbieter hier unterschiedliche Ansätze und Verfahren verfolgen. Diese unterschiedliche Herangehensweise sorgt dafür, dass es vielen IT-Verantwortlichen und Entscheidern in Anwenderunternehmen schwerfällt, die Unterschiede bis auf die "Nachkommastelle" zu bewerten. Dies muss aber auch nicht sein.

Wir empfehlen daher, auf Basis der definierten Geschäftsziele eine übergreifende IT-Strategie zu entwickeln, die die unterschiedlichen Cloud-Operating-Modelle und Bereitstellungsalternativen unter Berücksichtigung aller rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen einbezieht. Dabei gilt es insbesondere bei der Selektion möglicher Cloud-Lieferanten inklusive Cloud-Standorten, nicht nur die ökonomischen Größen zu gewichten, sondern vielmehr auch die zugrunde liegenden Bereitstellungsoptionen hinsichtlich der individuellen Anforderungen zu prüfen. (hal)