Mit der Smart Worker Umfrage untersucht das Marktforschungs- und Consulting-Unternehmen Dokulife in Zusammenarbeit mit Brother die Arbeitsgewohnheiten in Büros der DACH-Region. Ein Ergebnis der aktuellen Erhebung: Das Druckvolumen nimmt nicht nennenswert ab. Oliver Jendro, Senior Consultant bei Dokulife, interpretiert im ChannelPartner-Interview die Ergebnisse.
Die Vision des papierlosen Büros gibt es ja schon lange, doch es wird nach wie vor gedruckt was das Zeug hält. Bleibt es bei einer Vision, oder wird das papierlose Büro einmal Realität?
Oliver Jendro: Die Marktforschungsergebnisse geben keinen Hinweis darauf, dass das papierlose Büro in naher Zukunft Realität wird. Es gibt vier Hauptgründe dafür:
Zum Ersten: Technologien, die eigentlich das Papier ersetzen sollten, beispielsweise PDF und E-Mails sind für einen großen Teil des bedruckten Büropapiers verantwortlich. Des Weiteren sind Smartphones und Tablets in der Arbeitswelt inzwischen zwar verbreitet und akzeptiert, werden aber anders als das Büropapier genutzt.
Aber nicht die Technologie ist letztendlich entscheiden, es ist der Mensch selbst: Die Anwender finden es auch 2015 angenehm mit Papier zu arbeiten, besonders wichtige Informationen auszudrucken und auf den Schreibtisch zu legen, querzulesen, Notizen dazu zu machen. Genau deswegen werden eigentlich Dokumente, die gar nicht für den Druck vorgesehen waren, gedruckt.
Der vierte und wichtigste Grund: die beständig steigende Anzahl an verfügbaren Informationen und Dokumente. Zwar landen proportional immer weniger der verfügbaren Dokumente auf Papier, aber durch die Informationsflut bleibt das Druckvolumen auf beständig hohem Niveau - und der Drucker ein unverzichtbares Arbeitsmittel im Büro.
Welche Gründe sprechen denn Ihrer Ansicht nach für den Einsatz von weniger Papier?
Jendro: Wissensarbeiter leben von der hohen Verfügbarkeit von Informationen - genau hier liegt die große Schwäche des Informationsträgers Papier. Papier ist im Vergleich zu elektronisch gespeicherten Informationen ein Datengrab. Die Informationssuche dauert zu lange, der Datenträger ist teuer und braucht darüber hinaus eine Menge Platz. Trotzdem halten Büros immer noch an Papierarchiven und Papierworkflows fest. Das ist so, als würde man statt Google und Wikipedia lieber mit einer alten Ausgabe der Gelben Seiten und einer gedruckten Brockhaus Enzyklopädie arbeiten.
Worin liegen die hauptsächlichen Hinderungsgründe bei der Umsetzung?
Jendro: Auch hier gibt die Marktforschung Aufschluss: weil es laut vielen Anwendern einfach mit Papier funktioniert und die Umstellung auf elektronische Workflows gedankliche, organisatorische und rechtliche Umstellungen erfordert. Auch die Kosten sind nicht zu unterschätzen. Der Aufwand wird gerne gemieden, solange es noch geht. Zudem werten viele Anwender die Rechtssicherheit des Papiers und der Unterschrift auf Papier immer noch höher ein, als elektronische Dateien und digitale Signaturen. Selbst umständliche Praktiken wie Durschreibepapier, man denke da nur an Lieferscheine, wird es wohl auch noch in fünf Jahren geben.
Ist es vielleicht auch eine Generationenfrage? Sind jüngere Menschen, die mit der Digitalisierung aufgewachsen sind, vielleicht eher in der Lage, auf Papier zu verzichten?
Jendro: In der Tat könnte man vermuten, dass wir eine papierlose Generation bekommen, die Touchscreens dem Papier vorzieht. Die bisherigen Befragungen im Rahmen der Marktforschung bestätigen diese These allerdings nur teilweise. Junge Menschen haben eine deutlich höhere Affinität zu Smartphones und Tablets als ältere Menschen, nutzen aber ähnlich gerne Papier für Notizen oder einfach zum Lesen von Informationen. Im Büro gleicht sich der Generationenunterschied aus - hier passen sich Berufsanfänger an die Arbeitsabläufe an, wird auf der Arbeit viel gedruckt, machen das auch die jüngeren Mitarbeiter.
Selbst Druckerhersteller sprechen davon, Papier zu reduzieren. Sägen sie damit nicht an dem Ast, auf dem sie sitzen?
Jendro: Das alte Geschäftsmodell, Hardware zu verkaufen und dann beständig Einkommen durch bedrucktes Papier zu erzeugen, ist nicht mehr so lukrativ. Die Preise für Hardware sowie die Preise für die bedruckte Seite kennen eigentlich nur eine Richtung - nach unten. Daher versuchen Hersteller seit Jahren, sich als Software- und Lösungsanbieter zu positionieren. Wer mit Software-Lizenzen und Service-Dienstleistungen Geld verdient, kann dem Kunden tatsächlich Bezahlmodelle verkaufen, die realistisch den Kunden belohnen, wenn er weniger druckt. Allerdings darf man sich nicht der Illusion hingeben, dass ein Druckgerätehersteller sich mit Händen und Füßen dagegen wehrt, dass ein Kunde viel druckt. So lange Hersteller Drucker verkaufen müssen, leben sie davon, dass der Kunde viel Papier bedruckt.
Welche Technologien haben den wirklich das Potenzial, Papier zu ersetzen?
Jendro: Wer als Unternehmen nachhaltig das Druckvolumen senken will, der muss ein durchgängiges, Elektronisches Dokumenten Management System einführen. Das ist das eindeutige Ergebnis von mehrjähriger Marktforschung mit mehreren 10.000 befragten Berufstätigen. Wenn Berufstätige weniger im Büro drucken, dann liegt das hauptsächlich daran, dass im Unternehmen ein DMS eingeführt wurde. Sparmaßnahmen, die hingegen die Arbeit erschweren, in dem man beispielsweise den Zugang zum Drucker erschwert, führen nachweislich nur dazu, dass der Anwender andere Wege findet, das Papier auszudrucken.