Nachdem der Online-Spätstarter MediaMarktSaturn über Jahre mit einer Aufholjagd im E-Commerce und mit Schwächen im stationären Geschäft zu kämpfen hatte, scheinen sich die Mühen nun auszuzahlen: Online gehört der Elektronik-Retailer zu den größten deutschen Händlern - inzwischen auch mit anziehendem Marketplace-Geschäft.
Auch der stationäre Handel läuft nach der Aufgabe schwächerer Standorte und der Abkehr von der reinen Zweimarkenstrategie wieder besser und vor allem punktet MediaMarktSaturn bei Kunden, die die Omnichannel-Aufstellung des Unternehmens schätzen mit Services wie Click & Collect, 90-Minuten-Lieferung oder der Online-Buchung von Dienstleistungen.
Machtdemonstration des wiedererstarkten Retailers
Die Neueröffnung des bisherigen Saturn-Markts in der Hamburger Mönckebergstraße als zweitem MediaMarkt Lighthouse in Deutschland - das für ausgesuchte Flagship-Standorte reservierte XXL-Format der Kette - wirkt da wie eine Machtdemonstration des wiedererstarkten Retailers.
Schon bisher handelte es sich bei dem Standort mit seinen fünf Etagen um Europas größten Elektronikmarkt, nun soll er "das Beste, was Retail zu bieten hat" darstellen, sagte Ceconomy-CEO Karsten Wildberger in einer Rede vor MediaMarktSaturn-Managern und Industriepartnern am Vorabend der Neueröffnung.
Seit elf Monaten wurde der Markt im laufenden Betrieb unter der Regie des erfahrenen Filial-Geschäftsführers Sultan Kaya umgebaut. "Nun ist er noch viel besser geworden, als es die Animationen vor dem Umbau dargestellt hatten", lobte Wildberger. "Auf 15.000 Quadratmetern zeigen wir hier alles, was die Branche zu bieten hat", so der Ceconomy-CEO, der auch ausdrücklich der Industrie für ihr Investment in den neuen Markt dankte.
Elektronikmarkt der Superlative
Hubert Kluske, der als Geschäftsführer Sales von MediaMarktSaturn Deutschland für die Store-Expansion und -Weiterentwicklung verantwortlich ist, erklärte vor der Eröffnung noch einmal die Einbettung der Neueröffnung in die Gesamtstrategie des Retailers: Während neben den klassischen MediaMarkt- und Saturn-Märkten die neuen Formate Xpress und Smart kleinere, für kleinstädtische beziehungsweise urbane Kunden maßgeschneiderte Angebote bieten sollen, ist MediaMarkt Lighthouse das Flagship-Format, das jeweils nur in den wichtigsten Standorten eines Landes umgesetzt wird.
Es zeichnet sich auch durch die Einbindung von Boutiquen aus, die von Industriepartnern betrieben werden. In Hamburg sind das insgesamt 55 abgetrennte Shop-in-Shops, von denen 47 unter der Regie von Partnern stehen - von bekannten Industrie-Brands bis zu neuen D2C-Marken wie Anker - sowie acht von MediaMarktSaturn selbst. Insgesamt gibt es im neuen Lighthouse so ein stationäres Angebot, das mehr als 230.000 Artikel umfasst.
Ebenfalls in den Markt integriert wurde das von MediaMarktSaturn geschaffene Gaming-Format Xperion auf insgesamt 3.500 Quadratmetern Fläche. Bis zum Jahresende zieht zudem der Sporthändler Decathlon in das Untergeschoss der Filiale. "Wir wollen mit dem Lighthouse begeistern und echte Kundenerlebnisse schaffen", erklärte Kluske. "Damit zeigen wir, dass Innovationen im Handel nicht nur in China oder online passieren, sondern auch hier."
Bei so viel großen Worten war das Understatement angenehm, mit dem Filial-Geschäftsführer Sultan Kaya über seinen neuen Markt sprach. Der Manager, der vor 30 Jahren nach dem Studium als Nachwuchsführungskraft bei MediaMarktSaturn eingestiegen ist, leitete in der Vergangenheit bereits Märkte in Peine und Lübeck. Seit 2022 ist er für den Standort Hamburg Mönckebergstraße verantwortlich, der seit dem Herbst 2023 Etage für Etage für das neue Konzept umgebaut wurde.
Bei aller Routine konnte man Kaya die Vorfreude auf den großen Eröffnungsmorgen, an dem ab 6 Uhr Lockangebote die Schnäppchenjäger in den Markt holen sollten, gut anmerken. "Ich bin dankbar, dass während des Umbaus alle an das neue Konzept geglaubt haben und freue mich jetzt auf jeden Kunden, der um sechs Uhr morgens vor der Tür steht und unsere Angebote abgreift", so der Markt-Geschäftsführer.
Welche Bedeutung MediaMarktSaturn seinem neuen stationären Flagschiffs zumisst, zeigte sich auch daran, dass zur Eröffnung die rund 250 regulären Mitarbeiter der Filiale durch weitere 200 Verkäufer unterstützt wurden, die von Standorten in ganz Deutschland nach Berlin angereist waren, darunter auch viele Markt-Geschäftsführer. Sie alle wurden am Eröffnungstag wieder zu ganz normalen Kundenberatern und auch die Führungsriege von MediaMarktSaturn Deutschland fieberte in Hoodies mit der Aufschrift "Let's Go" dem großen Moment entgegen.
Ansturm auf die Eröffnung - doch was kommt danach?
Tatsächlich wartete bereits Minuten vor dem Opening eine lange Schlange auf das Öffnen der Türen. Mit Werbeangeboten deutlich unter den Wettbewerbspreisen - zum Beispiel das iPhone 15 Pro Max mit 265 GB für 999 Euro, die Sony Playstation 5 Slim 1 TB für 449 Euro oder das MacBook Air 13'' mit M Chip für 799 Euro - hatte MediaMarktSaturn alles dafür getan, um das Interesse der Hamburger Elektronikkunden maximal anzuheizen.
Als es dann soweit war, strömten die Schnäppchenjäger zahlreich in den Laden und sorgten bald für lange Schlangen an den Kassen. Besonders die Angebote im TK-Bereich, bei den TV-Geräten, in der Apple-Boutique, bei trendigen Haushaltsgeräten wie Airfryern oder Dyson-Haarstylern und in der Gaming-Abteilung erwiesen sich als Hotspots. Auch bemerkenswert war, dass sich bereits am frühen Morgen Gaming-Fans im Xperion einfanden, um dort an leistungsfähigen Rechnern ihre Lieblingsgames zu zocken.
Auch Stunden nach der frühen Eröffnung waren die Schlangen an den Kassen noch immer lang und das MediaMarkt Lighthouse so stark frequentiert, wie man es im stationären Handel heute sonst nicht mehr sieht. Doch es zeigten sich auch potenzielle Schwachstellen des neuen MediaMarkt-Konzepts: In den mit Haushaltsgroßgeräten und Weißer Ware belegten Flächen war der Andrang deutlich geringer, doch wird der Retailer hier um nachhaltig zu wirtschaften die gleiche Flächenrentabilität erbringen müssen, wie in stärker nachgefragten Sortimentsbereichen.
Außerdem schien das Interesse an den abgetrennt an den Seiten der Etagen angeordneten Boutiquen geringer zu sein als im Kernbereich der Fläche. Hier wird sich zeigen, wie zufrieden die Industriepartner mittelfristig mit der Performance sein werden.
Die ganz große Frage, die auch über einem MediaMarkt Lighthouse schwebt, ging schließlich von der Zwischennutzung auf der gegenüberliegenden Straßenseite - einer ehemaligen Karstadt-Sport-Filiale - aus: Kann sich MediaMarktSaturn mit seiner mehretagigen Elektronik-Großfläche vom Artensterben der Warenhäuser ausnehmen?
Auch in der zur Eröffnung durchgeführten Podiumsdiskussion mit MediaMarktSaturn-Deutschland-CEO Sascha Mager gab es darauf keine Antwort. Dafür gab es viel Eigenlob über die erfolgreich umgesetzte Omnichannel-Strategie. Davon, dass mit chinesischen Direktanbietern wie Temu bereits die nächste Bedrohungsstufe für den - nicht nur stationären - Handel eingetreten ist, wollte sich bei der Lighthouse-Eröffnung niemand die Stimmung verderben lassen.