
Keine Fußball-EM, keine Digital-TV-Umstellung – auch an den Geschäftszahlen von Media-Saturn lässt sich ablesen, wie stark das Unterhaltungselektronik-Geschäft von äußeren Einflüssen abhängig ist: Während der Retailer im vergangenen Jahr in Deutschland im zweiten Quartal ein Wachstum von 11,4 Prozent (flächenbereinigt: 6,8 Prozent) erzielte, musste das Unternehmen zwischen April und Juni 2013 hierzulande einen Umsatzrückgang von 0,3 Prozent hinnehmen, der sich auf vergleichbarer Fläche sogar zu einem Minus von 1,8 Prozent auswächst.
Übergeordnet betrachtet sind die konsumbedingten Schwankungen auf dem deutschen Markt für Media-Saturn allerdings das kleinere Problem. Vor allem die anhaltende Nachfrageschwäche in den krisengeplagten südeuropäischen Ländern macht dem Retailer zu schaffen. So kommt der Konzern im ersten Halbjahr 2013 zwar mit einem Gesamtumsatz von 9,6 Milliarden Euro auf ein Umsatzwachstum von 0,9 Prozent. Betrachtet man die flächenbereinigten Zahlen, steht einem reellen Wachstum von 0,9 Prozent in Deutschland allerdings ein Umsatzrückgang von 5,7 Prozent im restlichen Westeuropa gegenüber.
Redcoon wächst wieder
Im Kontrast zu früheren Jahren stellt sich der Online-Bereich derzeit weiterhin als Erfolgsgeschichte für Media-Saturn dar. Mit Einnahmen von 284 Millionen Euro konnte sich der Retailer im E-Commerce im zweiten Quartal 2013 im Vergleich zum Vorjahr um ganze 93 Prozent steigern. Wie Metro-Chef Olaf Koch bei der Präsentation der Geschäftszahlen mitteilte, ist auch die Pure-Online-Tochter Redcoon mit einem Umsatzplus von 55 Prozent in Q2 wieder zum Wachstum zurückgekehrt. Im Geschäftsjahr 2012 präsentierte sich der Elektronikversender mit einem stagnierenden Umsatz noch als Sorgenkind in der Online-Aufstellung der MSH, was im Juni 2013 den Abgang von Redcoon-Chef Reiner Heckel zur Folge hatte.
Nimmt man das von dem Metro-CEO bezifferte Wachstum als Anhaltspunkt, dürfte Redcoon im zweiten Quartal auf einen Umsatz von rund 135 Millionen Euro gekommen sein, während das Multichannel-Geschäft von Media-Saturn bei rund 149 Millionen Euro lag. Damit ist es den MSH-eignen Onlineshops zum ersten Mal gelungen, das Umsatzniveau von Redcoon zu übertreffen.
Insgesamt hat Media-Saturn im ersten Halbjahr 2013 einen Online-Umsatz von 565 Millionen Euro erreicht und konnte sich damit im Vergleich zum Vorjahr um 76 Prozent steigern. Der Online-Anteil am Gesamtumsatz des Retailers liegt inzwischen bereits bei 5,9 Prozent. Hinter diesen Wachstumszahlen liegen massive Investitionen in das Online-Geschäft: Das Produktangebot im Internet wurde weiter erhöht und umfasst nunmehr über 13.000 Artikel bei Mediamarkt.de und fast 19.000 bei Saturn.de. Wie das Unternehmen mitteilt, liegt die Abholrate bei den Online-Bestellungen mit rund 40 Prozent weiterhin auf einem hohen Niveau. „Media-Saturn entwickelt sich von Quartal zu Quartal zu einem stärkeren Multichannel-Retailer“, hielt Metro-Chef Koch im Analystengespräch fest. Zwar werde auch in Zukunft der größere Umsatzanteil der MSH im stationären Handel erwirtschaftet werden, doch erwarteten die Konsumenten heute ein hürdenfreies kanalübergreifendes Einkaufserlebnis.
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Teure Kampfansage an den Online-Wettbewerb
Der Halbjahresbericht der Metro unterstreicht einmal mehr, dass Media-Saturn sein Zögern im E-Commerce-Geschäft aufgegeben hat und heute alles daran setzt, um gegen die Online-Konkurrenz wettbewerbsfähig zu sein – sowohl im direkten Vergleich, wie auch mit den stationären Preisen. Dass dieser Aufholkurs nicht ganz billig ist, versteht sich von selbst. So lag das EBIT von Media-Saturn im ersten Halbjahr bei minus 104 Millionen Euro. Den im Vorjahreszeitraum verbuchten Verlust von 79 Millionen Euro steigerte die Retail-Kette damit noch einmal deutlich. Neben geringeren Werbekostenzuschüssen macht die Metro-Führung dafür vor allem „Preisinvestitionen zur Gewinnung von Marktanteilen“ – sprich: Preisanpassungen an das im Online-Handel übliche Niveau – verantwortlich.
Europas größer Elektronik-Retailer steht damit vor einer anspruchsvollen Aufgabe: Auf der einen Seite will man den Anschluss an die Preisentwicklung im Netz nicht verlieren, auf der anderen Seite hat man es mit einer deutlich höheren Kostenstruktur als die reinen Online-Händler zu tun. Eine wichtige Rolle spielt dabei, dass Media-Saturn nicht auf bewährte Rezepte verzichten will und für die Hinzugewinnung von Marktanteilen weiterhin auf den Ausbau des Filialnetzes setzt.
Kein Ende beim Filialausbau absehbar
Wie das Unternehmen mitteilt, betrugen die Investitionen in das Filialnetz im ersten Halbjahr 2013 insgesamt 105 Millionen Euro. Von Januar bis Juni 2013 wurden 14 Elektrofachmärkte eröffnet, davon 5 in der Türkei, 3 in Russland, 2 in Polen und jeweils ein Markt in Deutschland, Spanien, den Niederlanden und Schweden. Geschlossen wurden dagegen neben den 7 Pilot-Märkten in China in Spanien 4 Standorte sowie in der Schweiz ein Standort. Ein Umdenken hin zu einer Flächenkonsolidierung ist nicht in Sicht: So kündigte Media-Saturn-COO Wolfgang Kirsch vor einigen Tagen in einem Interview mit der Tageszeitung "Die Welt" für die nächsten Jahre die Eröffnung von jeweils 10 neuen Märkten an. (mh)