Das Internet der Dinge beflügelt die Phantasien von Anwendern, Unternehmen und Technikanbietern. Die ungezählten Möglichkeiten, Menschen, Dinge und Abläufe in unserer physikalischen Welt mit Hilfe elektronischer und digitaler Systeme laufend zu überwachen und zu vermessen, haben eine regelrechte Innovationseuphorie losgetreten. Das Internet of Things (IoT) eröffnet völlig neue Horizonte, wie Unternehmen mit ihren Assets umgehen und Prozesse steuern, wie Konsumenten Fitness und Gesundheit besser im Auge behalten und wie Versorger und Kommunen Ressourcen effizienter verwalten und das Leben der Menschen besser organisieren können. Obwohl der Hype bereits groß sei, werde das Potenzial von IoT vielleicht sogar noch unterbewertet, glauben die Experten von McKinsey.
Im Jahr 2025 Im Rahmen der Studie "Internet of Things: Mapping the Value beyond the Hype" hat das McKinsey Global Institute 150 Anwendungsbeispiele und fast 300 Anwendungen für das Internet der Dinge unter die Lupe genommen und den potenziellen künftigen Mehrwert für verschiedene Märkte und Branchen ermittelt.
Doch um die Möglichkeiten optimal auszuschöpfen, gilt es zu verstehen, an welchen Stellen das IoT Mehrwerte schaffen kann und wie sich damit verbundene Herausforderungen bewältigen lassen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen sind in jedem Fall immens, wenn auch wohl nur grob zu beziffern. McKinsey taxiert den wirtschaftlichen Mehrwert für 2025 global auf den unglaublichen Betrag von 3,9 bis 11,1 Billionen Dollar jährlich. Das entspräche mehr als einem Zehntel der globalen Wirtschaftsleistung, die laut Weltbank-Prognose in zehn Jahren ein Volumen von etwa 99,5 Billionen Dollar erreichen wird.
Wie das IoT Prozesse optimieren und Produktivität verbessern kann, beschreibt das McKinsey Global Institute (MGI) in seiner Studie "The Internet of Things: Mapping the Value beyond the Hype", die im Juni erschienen ist. Darin beschreiben die Analysten, wie das IoT Bereiche des privaten, öffentlichen und unternehmerischen Lebens in den kommenden Jahren verändern wird.
Internet of Things und der Mensch
Geht es um den Menschen selbst, verspricht das Gesundheits-Monitoring und die daraus resultierende bessere Behandlung von Krankheiten das größte IoT-Potenzial. Mit Hilfe von Sensoren, die laufend Werte wie beispielsweise Puls oder Blutzucker erfassen, oder von smarten Pillendosen, anhand derer die korrekte Medikamenteneinnahme überwacht werden kann, behalten Ärzte den Gesundheitsstatus ihrer Patienten ständig im Blick. Über telemedizinische Anwendungen können sie sogar direkt eingreifen, wenn es notwendig wird. Vor allem in ländlichen Gebieten, die unter Ärztemangel leiden, können IoT-Techniken die ärztliche Versorgung verbessern. Durch das frühzeitige Eingreifen lassen sich in vielen Fällen die deutlich teureren Folgebehandlungen verhindern.
Im Healthcare-Bereich gehen die Ideen inzwischen sogar noch viel weiter. So können Patienten künftig "Smart Pills" schlucken, die über Sensoren bestimmte Körperparameter messen und daran orientiert Wirkstoffe abgeben können. Injizierbare Nanoroboter könnten künftig so manche Operation überflüssig machen und das Risiko von Komplikationen verringern sowie die Heilung beschleunigen. Beispielsweise könnten die Mini-Robots Arterien reinigen und Krebsgeschwüre im Frühstadium aufspüren. Einige dieser Techniken sind bereits in der Entwicklung, haben das klinische Teststadium aber noch nicht erreicht. Da gerade dieser Bereich großen und sorgfältigen Testaufwand erfordert, ist es aus McKinsey-Sicht wenig wahrscheinlich, dass sich das Potenzial dieser neuen Behandlungsmethoden schon bis 2025 heben lässt.
Die Gesundheitsbranche ist zudem ein gutes Beispiel dafür, dass es mit der Entwicklung von Technik allein nicht getan ist. Auch Strukturen und Regeln müssen sich ändern, beispielsweise im Abrechnungssystem. Heute werden Ärzte für die Behandlung von kranken Menschen bezahlt. Bleiben die Menschen im Zuge einer besseren Prävention künftig gesünder, müssen die Kostenträger davon überzeugt werden, dass dieses Resultat aus volkswirtschaftlicher Sicht höher zu bewerten und damit entsprechend zu honorieren ist.
Quantified Self
Mit Hilfe von Sensordaten dürften zudem mehr Menschen davon überzeugt werden können, gesünder zu leben - auch diejenigen, die sich momentan noch gesund fühlen, aber bereits auf dem besten Weg sind, aufgrund ungünstiger Verhaltensweisen krank zu werden. Dabei helfen zum Beispiel Fitness-Tracker, -Armbänder und andere Wearables. Diese Geräte zeichnen Bewegungen und sportliche Aktivitäten auf, messen Herzfrequenz sowie Hauttemperatur und zeichnen das Schlafverhalten auf.
Doch über Hinweise darauf, dass man sich zu wenig bewegt oder schlecht schläft, gehen die meisten Devices derzeit nicht hinaus. Künftige Tracker könnten mehr Daten sammeln wie beispielsweise Sauerstoff- und Zuckeranteil im Blut, Schweißabsonderungen und die mit der Nahrung aufgenommene Kalorienmenge. Verknüpft man diese Informationen zum Beispiel mit Sensordaten aus Laufschuhen, ließen sich detaillierte Empfehlungen geben wie etwa individuell angepasste Diät- und Übungspläne.
Der Mehrwert, den McKinsey infolge des IoT-Einsatzes im Gesundheitswesen erwartet, resultiert im Wesentlichen aus der höheren Produktivität des arbeitenden Menschen, weil dieser gesundheitsbewusster lebt, Krankheiten früher erkennt und somit schneller geheilt werden kann - was zu geringeren Ausfallzeiten führt. Ein Beispiel: Weil amerikanische Arbeiter zu wenig schlafen, entsteht der Wirtschaft aufgrund entgangener Produktivität ein Schaden von 63 Milliarden Dollar jedes Jahr, glauben Wissenschaftler der Harvard University vor zwei Jahren herausgefunden zu haben.
Augmented Reality
Genau wie Sensoren Gesundheits- und Wellness-Faktoren aufzeichnen können, sind sie auch in der Lage, Leistung und Produktivität von Menschen bei der Arbeit zu messen und zu verbessern. Beispielsweise erweitern IoT-Techniken rund um Datenbrillen und Augmented Reality die Skills von Arbeitern - gerade bei komplexen Reparaturen von Maschinen.
Der Arbeiter, der nicht zwangsläufig über Spezial-Know-how verfügen muss, bekommt alle nötigen Informationen über die Datenbrille eingeblendet und hat zudem beide Hände frei, weil er nicht mühsam durch ein Handbuch blättern muss. Bezieht man dann noch Realtime-Daten des Maschinensystems ein, lassen sich Fehler im Reparaturprozess schnell erkennen und ausräumen. Auch im Rahmen herkömmlicher Arbeitsprozesse kann das IoT messen, wie effizient Abläufe abgewickelt werden und sich möglicherweise optimieren lassen.
Der Einsatz mobiler Mitarbeiter wie beispielsweise Reparatur- oder Installationspersonal kann mit Hilfe von GPS-Daten effizienter geplant werden. Verschiedene Studien, beispielsweise des Massachusetts Institute of Technology (MIT), haben gezeigt, dass sich damit Produktivitätsverbesserungen um zehn bis 20 Prozent erreichen lassen. Allerdings müssen die Verantwortlichen angesichts der durch IoT geschaffenen Transparenz die jeweiligen arbeitsrechtlichen Regularien im Blick behalten.
Internet of Things zu Hause
Im Heimbereich geht es vor allem um die Automatisierung von Alltagsaufgaben. So taxieren Experten für 2025 den Aufwand für Tätigkeiten wie Putzen, Einkaufen, Essen und Kochen weltweit auf jährlich 23 Billionen Dollar. Schätzungen zufolge ließe sich diese Summe mit Hilfe von Automaten wie selbständig arbeitenden Staubsaugern und Rasenmähern um 17 Prozent reduzieren. Zudem könnten die Geräte durch Sensoren und entsprechende Algorithmen lernen, ihre Tätigkeiten an die Lebensgewohnheiten der Menschen anzupassen und auf die Zeitfenster zu beschränken, in denen die Arbeiten am wenigsten stören.
Sensoren im Haus können auch helfen, Energie zu sparen, indem smarte Thermostate beispielsweise die Raumtemperatur herunterregeln, wenn niemand zu Hause ist, und wieder hochfahren, wenn die Ankunft der Bewohner erwartet wird. Andere Geräte wie Waschmaschinen und Geschirrspüler könnten via Internet-Verbindung eruieren, wann die Strompreise in ihren täglichen Schwankungen besonders niedrig sind, und entsprechend dann zu diesen Zeiten ihre Tätigkeit aufnehmen.
IoT kann also die lang gehegten Visionen vom "Automated Home" Realität werden lassen. Dafür sind jedoch in technischer Hinsicht einige Faktoren zu beachten. Geräte und Plattformen müssen vor allem interoperabel sein. Das vereinfacht die Bedienung - eine elementare Voraussetzung für die Akzeptanz der Anwender. Zudem könnten die IoT-Anbieter über ihre Geräteplattformen zusätzliche Services offerieren und damit die Beziehung zu ihren Kunden intensivieren.
Dabei hängt jedoch alles an den Daten, die aus den Haushalten kommen. Um das erforderliche Vertrauen der Anwender nicht zu enttäuschen, müssen die Anbieter gerade im Home-Bereich für die notwendige Sicherheit und Vertraulichkeit sorgen.
Der Einsatz von IoT-Technik in Büros hat viele Parallelen zur Heimanwendung. 15 bis 20 Prozent des Energieverbrauchs gehen auf das Konto von Office-Flächen. Intelligente Energie-Management-Systeme, die automatisch erkennen, wenn ein Büro nicht genutzt wird, und dann entsprechend Heizung, Licht und Klimaanlage herunterfahren, offenbaren viel Einsparpotenzial. Security-Systeme können ebenfalls so eingerichtet werden, dass sie verdächtige Anomalien automatisch erkennen und Alarm schlagen. Damit lässt sich der Aufwand für Sicherheitspersonal senken.
Internet of Things im Handel
Händler sahen sich in den vergangenen Jahren vor allem durch den Online-Handel mit massiven Veränderungen ihres Geschäfts konfrontiert. Gerade das Internet of Things könnte nun dazu beitragen, den klassischen Laden wieder attraktiver zu machen. So kann IoT-Technik helfen, das Einkaufserlebnis zu verbessern: Die Systeme können Kunden beispielsweise über deren Mobilfunkanbindung identifizieren, wenn diese den Laden betreten, und via Indoor-Navigation zu Produkten leiten, für die sie sich bereits im Vorfeld online interessiert haben.
Auf Basis der Kaufhistorie können die Händler zudem Rabattangebote via Mobilfunk unmittelbar an die Kunden im Geschäft schicken, beziehungsweise - wie es ein Schuhhändler in Mittelamerika macht - wenn ein registrierter Kunde das Geschäft eines Konkurrenten in der Nähe betritt. Dann startet auf dessen Smartphone ein "Rabatt-Countdown" bei 100 Prozent: Für jede Sekunde, die der Kunde für den Sprint in den Laden des Rabattgebers braucht, reduziert sich der Nachlass um einen Prozentpunkt.
Mehr Effizienz und Komfort verspricht das IoT auch bei der Kaufabwicklung. Verlässt der Kunde mit dem Einkauf den Laden, könnten Sensoren auf den Produkten automatisch die Preise an das Kassensystem melden, die fällige Summe wird dann abgebucht. Self-Checkout-Systeme und kontaktloses Bezahlen via Smartphone und Near Field Communication (NFC) könnten also lästige Wartezeiten reduzieren. Außerdem benötigen die Ladenbetreiber weniger Personal.
McKinsey schätzt, dass sich durch die neuen Techniken bis zu drei Viertel der Kassenkräfte einsparen ließen. Der IoT-Einsatz hilft außerdem, Läden kundenfreundlicher zu gestalten und das Inventar besser zu platzieren. So können die Inhaber durch Beobachtung der Kundenbewegungen im Geschäft die Positionierung einzelner Produkte genauer planen. Außerdem lässt sich durch eine exaktere Auswertung des Kaufverhaltens der künftig erforderliche Produktbestand besser kalkulieren. Ein Realtime-Monitoring des Warenbestands mit automatischen Nachbestellungen spart Aufwand für ansonsten notwendige Lagerflächen. Gleiches gilt für den Einsatz von Verkaufspersonal.
Die Adaption von Internet of Things-Techniken im Handel wird McKinsey zufolge unterschiedlich verlaufen. Die notwendigen Investitionen in neue Systeme und IT werden sich gerade die vielen kleinen Läden in den aufstrebenden Märkten in Regionen wie Indien oder Lateinamerika nicht leisten können. Außerdem finden dort gerade in diesem Bereich Millionen Menschen Arbeit, so dass viele Regierungen diese Marktsegmente gegen international agierende Ketten regulatorisch geschützt haben. Grundsätzlich werden sich im Zuge von IoT auch die Anforderungen an das Personal verändern. Verkäufer, die Waren suchen und hin- und hertragen, werden künftig weniger gefragt sein. Künftig gilt es, anhand von smarten CRM-Systemen genauer auf die Wünsche und Anforderungen der Kunden einzugehen.
Internet of Things in der Industrie
Das IoT spielt in der Digitalisierung klassischer Fertigungs- und Produktionsanlagen eine entscheidende Rolle - Stichwort Industrie 4.0. Vor allem die Optimierung und Automatisierung von Abläufen verspricht hohe Effizienzgewinne. Werkstücke könnten sich sensorgesteuert je nach Auslastung der Anlagen selbständig durch den Produktionsprozess navigieren. Beispielsweise misst General Motors die Luftfeuchtigkeit in seinen Lackierabteilungen und steuert die Teileanlieferung entsprechend um, wenn die Bedingungen nicht gut sind und damit Fehler oder gar aufwendige Nacharbeiten drohen. Außerdem hilft ein Realtime-Monitoring der Qualität, Fehler im Produktionsprozess schnell zu entdecken und zu beheben. Beispielsweise prüfen Motorenfertiger laufend, ob die Messtoleranzen beim Bau von Motorblöcken stimmen.
Wurden früher Abweichungen oft erst nach einigen Produktionszyklen erkannt - die fehlerhaften Blöcke mussten dann wieder eingeschmolzen werden -, lassen sich Fehler heute bereits nach wenigen Stücken im laufenden Betrieb korrigieren. Die Ausschussrate sinkt damit beträchtlich. Mit Hilfe von Sensoren in den Produktionsanlagen lassen sich zudem Materialflüsse exakter planen und damit Inventar und Lagerflächen effizienter nutzen. IoT sorgt außerdem im Zuge des gesamten Product-Lifecycle-Managements für mehr Effizienz. Sensoren in Produkten wie Autos und Maschinen verbessern die Wartung, indem sie potenzielle Fehler frühzeitig erkennen und melden.
Predictive Maintenance kann so ungeplante Ausfälle verhindern. Die Anbieter sind außerdem anhand der Vorhersagen in der Lage, ihren eigenen Wartungsbetrieb besser zu planen. Treten bestimmte Fehler oder Pannen regelmäßig auf, lassen sich zudem Schwachstellen der eigenen Produkte exakter identifizieren. Diese Erkenntnisse erlauben es, in der Folge den Entwicklungs- und Produktionsprozess zu optimieren, um eine bessere Qualität zu erzielen.
Gerade auf Baustellen, Förderanlagen und in Minen kommt es darauf, dass die komplexen und teuren Maschinen ohne Unterbrechung arbeiten. Ausfälle sind in aller Regel kostspielig. Predictive Maintenance kann an dieser Stelle viel Geld sparen. Auch der Betrieb in den Anlagen lässt sich mit IoT-Technik optimieren. So arbeitet der Minenbetreiber Rio Tinto bereits mit selbstfahrenden Lastwagen in seinen Erzminen. Die rund 300 Tonnen Material fassenden Monster-Trucks werden remote von einer Steuerzentrale zwischen den Förderbaggern hin- und hernavigiert. Integrierte Sensoren und eine Truck-to-Truck-Kommunikation sorgen dafür, dass die Lader immer genügend Abstand voneinander halten, um Unfälle zu vermeiden.
Die Analyse von Förderdaten und Maschineneinsatz verspricht zudem Optimierungen im Betrieb von Schürfanlagen. In der Ölförderung in kanadischen Teersanden konnte die Ausbeute zwischen fünf und acht Prozent verbessert werden. Auch Rio Tinto helfen ausgefeilte Analysen von Geodaten, um beispielsweise den Sprengstoffeinsatz effizienter zu planen.
Anwender aus dem industriellen Umfeld müssen den Internet of Things-Einsatz allerdings sorgfältig planen. Eine Aufrüstung beziehungsweise ein Neukauf der Anlagen mit der notwendigen Technik ist teuer. Der Einsatz muss sich rechnen. In einer Erzmine, die über Jahrzehnte mit großem Maschinen- und Arbeitseinsatz ausgebeutet wird, dürfte sich das durchaus lohnen. Auf einer Baustelle, die innerhalb weniger Monate abgewickelt ist, haben die Vorabeiter meist auch ohne Sensoren und komplexe Analytics-Software genau im Blick, was ihre Mannschaften tun beziehungsweise lassen sollten.
Internet of Things und das Auto
Im Bereich der Fahrzeugtechnik sehen die Berater von McKinsey das IoT vor allem in der Rolle, Sicherheit und Wartung zu verbessern. Rund 5,6 Millionen Unfälle werden Jahr für Jahr allein auf den Straßen in den USA gezählt. Der geschätzte Schaden: 277 Milliarden Dollar. Doch gerade Bagatellunfälle bei niedrigen Geschwindigkeiten ließen sich mit Hilfe von Sensoren und automatisch reagierenden Bremssystemen oft verhindern. Fest in den Fahrzeugen eingebaute Tracking-Techniken könnten darüber hinaus helfen, Diebstähle aufzuklären oder die Täter bereits im Vorfeld abzuschrecken. Die so erzielten Effekte könnten dazu führen, dass die Versicherungsprämien um rund ein Viertel sinken.
Der verstärkte Einsatz von Sensoren kann zudem die Wartung verbessern. Gerade die Betreiber großer Flugzeugflotten, die sich im Zuge des immer härter werdenden Konkurrenzkampfs einem scharfen Preisdruck ausgesetzt sehen, gehen verstärkt dazu über, ihre Wartungsprozesse mittels Internet of Things-Einsatz zu optimieren. So überprüft Air China sämtliche Systeme in den Flugzeugen in Echtzeit und ist damit genau im Bilde, welche Teile Probleme bereiten beziehungsweise bald bereiten könnten.
Die Airline kann dadurch Wartungsprozesse effizienter abarbeiten, weil benötigte Teile mitunter vorab zur Verfügung gestellt werden können. Das bedeutet einen kürzeren Stillstand der Maschinen. Durch die Auswertung der Daten lässt sich zudem feststellen, ob es Korrelationen zwischen bestimmten Problemen gibt. Ein Beispiel: Wenn Teil A fehlerhaft ist, wird in 10.000 Kilometern höchstwahrscheinlich Teil B ausfallen.
Auch solche Erkenntnisse tragen zu effektiverer Wartung, kürzeren Standzeiten und einem längeren Lebenszyklus der Flugzeuge bei. Diese Konzepte lassen sich im Grunde auf viele Geräte- und Fahrzeugtypen wie beispielsweise Lkw, Züge und Schiffe übertragen. Ziel ist dabei immer, starre regelbasierte Wartungsmodelle durch Predictive Maintenance abzulösen, die sich flexibel an die Anforderungen der zu pflegenden Geräte und Fahrzeuge anpassen lässt.
Sensoren können nicht nur Zustands-, sondern auch Nutzungsdaten erfassen. Das eröffnet den Anbietern Möglichkeiten, besser auf ihre Kunden einzugehen. Wird beispielsweise ein Truck nur zur Hälfte ausgelastet, könnte der Vermieter seinem Kunden ein kleineres Modell anbieten, das weniger Sprit verbraucht. Das verstärkt die Kundenbindung. Außerdem erlauben Nutzungsdaten Rückschlüsse darauf, wie die Produktentwicklung verbessert werden kann.
Beispielsweise stellte ein Autobauer fest, dass die Sitzheizung trotz meist kühler Wetterverhältnisse in einer Region wenig genutzt wurde, offensichtlich weil die Funktion den Fahrern schlichtweg nicht bekannt war. Nach einem Software-Update wurde die Funktion prominenter im Dashboard des Fahrzeugs angezeigt, prompt stiegen die Nutzungsraten. Auch das sorgt für eine höhere Kundenzufriedenheit.
Internet of Things in den Städten
Etliche Städte und Kommunen experimentieren bereits seit geraumer Zeit im Rahmen diverser Smart-City-Initiativen mit Internet of Things-Techniken. Die Verwaltungen in vielen Metropolen stehen nicht nur unter immensem Kostendruck, sie müssen auch die zunehmend komplexen Prozesse ihrer Infrastrukturen rund um die Versorgung der Bürger sowie den Verkehr in den Griff bekommen und effizienter machen. Die Situation wird sich in den nächsten Jahren vielerorts weiter verschärfen. Schätzungen zufolge werden 2025 etwa 4,7 Milliarden Menschen in Städten leben. Das sind rund 60 Prozent der Weltbevölkerung.
Ein chronisches Problem, mit dem die wachsenden Städte zu kämpfen haben, ist die Umweltverschmutzung. Der Weltgesundheitsorganisation zufolge starben allein im Jahr 2012 weltweit aufgrund von Folgen der Luftverschmutzung in den Städten etwa 3,7 Millionen Menschen. In der Fläche verteilte Sensoren können helfen, Luft- und Wasserqualität laufend zu prüfen und entsprechend Schutzmaßnahmen einzuleiten, sollten bestimmte Grenzwerte überschritten werden.
Ein wichtiges Instrument dafür sind intelligente Verkehrssteuerungssysteme. Sensoren beobachten Verkehrsflüsse und schalten entsprechend die Grün- und Rot-Phasen der Ampeln. Durch einen effizienteren Verkehrsfluss verringern sich Staus und damit auch die CO2-Emissionen. Busse und Einsatzfahrzeuge von Ambulanzen und Polizei könnten zudem zügiger durch die Straßen geleitet werden. Die Menschen sparen Zeit, und die Städte müssen durch eine effizientere Auslastung der bestehenden Infrastruktur weniger neue Straßen bauen.
Die Entwicklung selbstfahrender Autos könnte nach Ansicht von Experten die Verkehrssituation in den Städten zusätzlich entspannen. Neben der Zeit- und Kraftstoff-Ersparnis lasse sich damit auch die Zahl der Unfälle drastisch reduzieren. Mehr als 90 Prozent der Unfälle seien auf menschliche Fehler zurückzuführen. Gelinge es, diesen Anteil mit Hilfe von IoT-Technik deutlich zu senken, könnten jährlich fast 100.000 Menschenleben gerettet werden.
Auch in der Steuerung von Ressourcen wie Strom, Wasser und Abwasser werden IoT-Systeme wichtiger. Mit Hilfe von Sensoren lassen sich beispielsweise Leitungsschäden schneller entdecken und beheben. Außerdem könnte die Verteilung der Ressourcen genauer und effizienter gesteuert werden, wenn die Anbieter mehr Transparenz über den Bedarf haben.
Logistik und Transport
Die Anbieter von Logistik- und Transportdiensten arbeiten daran, Auslastung und Routen von Fahrzeugen zu optimieren. Mit Hilfe des IoT und der Auswertung von Echtzeit-Verkehrsdaten dürften an dieser Stelle weitere Optimierungen möglich sein. Beispielsweise sorgt in Norwegen das Schiffsnavigationssystem REX (Route Exchange) dafür, dass der Seeverkehr im Oslo-Fjord reibungslos funktioniert.
Die Schiffe senden Positionsdaten an eine Leitstelle und erhalten im Gegenzug Informationen, wie sie am schnellsten durch die Passage kommen. Auch im Luftverkehr können exaktere, auf GPS statt Radar basierende Verkehrskontrollsysteme für mehr Effizienz und damit geringeren Spritverbrauch und weniger CO2-Emissionen sorgen. Im Gütertransport liegt die Auslastungsrate von Containern derzeit bei etwa 20 Prozent.
Mit Hilfe von Internet of Things-Technik könnte sich an dieser Stelle eine Verbesserung von zehn bis 25 Prozent erreichen lassen. Darüber hinaus könnten durch intelligente Tracking-Systeme die Verlustrate bei Sendungen und Schäden beispielsweise bei verderblichen Waren reduziert werden.
China macht seine Industrie fit für die Zukunft
Im Rahmen der Studie „Industry 4.0: The state of the nations“ haben Forscher des FIR an der RWTH in Aachen herausgefunden, dass es deutliche Unterschiede zwischen den Ländern in der Adaption von IoT-und Industrie-4.0-Techniken gibt.
Vor allem sich schnell entwickelnde Nationen wie China machen kräftige Fortschritte. Zugute kommt diesen Ländern, dass sie oft noch am Anfang ihres industriellen Aufbaus stehen und wenig IT-Altlasten mit sich herumschleppen. Speziell in China fördert außerdem der Staat massiv den Ausbau der eigenen Industrie.