Klassische Web-Analyse gehört für jeden Betreiber eines Online-Shops zum Standard. Mit der entsprechenden Software erfassen Händler Kennzahlen wie die Anzahl ihrer Besucher insgesamt sowie auf einzelnen Seiten, Verweildauern, Abbruchquoten und Konversionsraten.
Für eine umfassende, detaillierte Analyse reichen diese Kennzahlen jedoch nicht aus. So weiß ein Shop-Betreiber zwar aufgrund der Web-Analyse, wie viele Besucher auf einer bestimmten Seite waren und wie lange sie sich dort aufgehalten haben. Er weiß jedoch nicht, welche Abschnitte der Seite für wie viele Besucher dabei überhaupt im sichtbaren Bereich waren. Unklar bleibt auch, wie viele Besucher in zunächst nicht sichtbare Bereiche gescrollt und wie lange sie sich dort aufgehalten haben.
Im E-Commerce zählt der Bestellprozess zu den neuralgischen Punkten einer Webpräsenz. Da hier Besucher verstärkt die Seite verlassen, steht dieser Bereich bei Shop-Betreibern besonders stark im Fokus der Aufmerksamkeit. Hier erkennen Online-Händler mit ihrer Web-Analyse-Software, auf welchen Seiten die Abbruchrate besonders hoch ist - in der Regel sind das Seiten, auf denen Formulareingaben gefordert werden.
Allerdings fehlen auch an dieser Stelle weitere Kennzahlen, die Aufschluss darüber geben, welche konkreten Optimierungen nötig sind, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern und letztendlich höhere Konversionsraten zu erzielen. Dafür müsste ein Shop-Betreiber beispielsweise wissen, wie viele Besucher überhaupt mit einem Formular interagiert haben und in welchen einzelnen Feldern besonders viele Abbrüche erfolgen.
Die Erhebung dieser neuen und wichtigen Kennzahlen ermöglicht eine moderne Technologie, die sich ergänzend zur herkömmlichen Web-Analyse einsetzen lässt: "Mouse Tracking" – die Aufzeichnung von Mausbewegungen auf einzelnen Webseiten.
Auf den nächsten Seiten erfahren Sie, welche Kennzahlen von einer Mouse-Tracking-Software erfasst werden und was man damit anfangen kann.
Was ist "Mouse Tracking"?
Mouse-Tracking-Aufzeichnungen erhalten ihre Aussagekraft aufgrund der hohen Maus-Auge-Korrelation. Die Übereinstimmung von Blickverlauf und Mauszeigerbewegung beträgt laut Studien rund 70 Prozent. Erfasst werden neben Mausbewegung und Scrollverhalten auch Klicks, Tastatureingaben und Größenveränderungen des Browserfensters.
Der Aufwand für die Installation einer professionellen Mouse-Tracking-Software ist gering: Diese wird in der Regel als Software-as-a-Service zur Verfügung gestellt, sodass keine zusätzlichen IT-Kapazitäten nötig sind. Ein kleines Stück HTML-Code auf den Seiten genügt, um Besucher-Sessions aufzuzeichnen.
Die Kosten betragen beispielsweise bei etracker monatlich zwischen 59 und 499 Euro, je nach Umfang der Auswertungsmöglichkeiten. Der kostenlose Support ist inbegriffen.
Kennzahlen für die Optimierung des Webshops
Zunächst gilt es festzustellen, welche Bereiche einer Seite von wie vielen Besuchern überhaupt wahrgenommen werden. Die Web-Analyse liefert zwar die Gesamtzahl der Besucher auf der Seite. Daraus geht jedoch nicht hervor, welcher Teil der Seite tatsächlich im Sichtbereich von wie vielen Nutzern gewesen ist.
Bei der Analyse mittels Mouse-Tracking-Software werden sowohl die Fenstergröße der Besucher mit berücksichtigt als auch Scrollbewegungen erfasst und es lassen sich folgende Kennzahlen erheben: die absolute Besucheranzahl pro Seitenabschnitt, die relative Besucheranzahl pro Seitenabschnitt (gemessen an der Gesamtanzahl pro Seite) und die Ansichtszeit pro Seitenabschnitt. So erkennen Shop-Betreiber, welche Bereiche der jeweiligen Seite für die meisten Besucher sichtbar sind und können hier wichtige Inhalte, Aktionen, Banner oder Call-to-Action-Buttons platzieren.
Ebenso lassen sich aufmerksamkeitsstarke Elemente wie Bilder gezielt erkennen und so platzieren, dass sie Besucher dazu veranlassen, in Bereiche mit einer geringeren Sichtbarkeit zu scrollen. Anhand der durchschnittlichen Ansichtszeit pro Seitenabschnitt lässt sich darüber hinaus erkennen, wie intensiv die Besucher sich mit den Inhalten beschäftigen – ob sie zum Beispiel Texte innerhalb weniger Sekunden nur überfliegen oder mehrere Minuten lang lesen. Dadurch erfährt der Online-Händler nicht zuletzt auch, für welche Inhalte seine Besucher sich besonders interessieren.
Auf Formular-Seiten lässt sich mit einer Web-Analyse-Software feststellen, wie viele Besucher auf einer Seite waren und nicht den Schritt zur Folgeseite gemacht haben, woraus sich die Abbruchrate ergibt. Auch die durchschnittliche Verweildauer und die Anzahl der erfolgreich abgeschickten Formulare lässt sich ermitteln.
Diese Zahlen sagen jedoch nichts darüber aus, wie viele Besucher mit dem Formular interagiert haben, es also angeklickt, teilweise ausgefüllt oder erfolglos abgeschickt haben. Mouse Tracking ermöglicht hier die Erhebung weiterer Kennzahlen: Die Software liefert dem Online-Händler die Formular-Interaktionsrate, die Anzahl der Nutzer, die zwar die Seite besucht, aber nicht mit dem Formular interagiert haben, die Anzahl derjenigen, die interagiert aber das Formular nicht abgeschickt haben und die – erfolgsunabhängige – Formular-Abschickrate.
Die Erkenntnisse, die sich aus diesen Kennzahlen gewinnen lassen, liegen auf der Hand: bei einer sehr geringen Interaktionsrate ist davon auszugehen, dass das Formular aufgrund seines Umfangs oder seiner Gestaltung so abschreckend wirkt, dass die Besucher sich gar nicht damit beschäftigen wollen und sofort die Seite verlassen. Eine hohe Interaktions- und Abschickrate, die in wenigen erfolgreich übermittelten Formularen resultiert, zeigt dagegen folgendes: Das Formular ist zu kompliziert, oder es werden Informationen abgefragt, welche die Besucher nicht übermitteln wollen.
Ein Blick über die Schulter des Besuchers
Um noch genauer zu erfahren, an welchen konkreten Punkten die Besucher Probleme haben, können Shop-Betreiber mit einer professionellen Mouse-Tracking-Lösung weitere Kennzahlen erheben, die eine detaillierte Analyse bis auf Einzelfeld-Ebene ermöglichen: die Bearbeitungsdauer pro Formularfeld, ebenso wie die Zeitspanne zwischen dem Ausfüllen der einzelnen Felder. Eine weitere, besonders entscheidende Kennzahl ist die Abbruchrate pro Formularfeld.
Diese Zahlen verdeutlichen, an welchen Punkten Optimierungsbedarf besteht. Eine hohe Abbruchrate beispielsweise im Pflichtfeld "Telefon" zeigt auf, dass besonders viele Besucher das Ausfüllen des Formulars an dieser Stelle abbrechen und die Seite verlassen. Der Shop-Betreiber hat nun mehrere Optimierungsmöglichkeiten: er kann die Angaben in diesem Feld optional kennzeichnen, falls diese nicht zwingend für die Abwicklung notwendig sind, ganz darauf verzichten oder zu einem späteren Zeitpunkt erfragen.
Grundsätzlich gilt: In der kritischen Phase des Bestellprozesses sollten nur Daten abgefragt werden, die für die Bestellabwicklung unverzichtbar sind. Das sorgt für kürzere und übersichtlichere Formulare und vereinfacht den Bestellprozess für die Besucher. Zusätzliche Informationen können nach dem Abschicken der Bestellung als optionale Angaben oder separat per E-Mail erfragt werden. Dabei erhöhen Online-Händler die Mitteilungsbereitschaft durch Anreize wie Gutscheine oder Extra-Services.
Mit einer Mouse-Tracking-Software können Shop-Betreiber detaillierte Analysen der Wahrnehmung und des Nutzererlebnisses durchführen: Einzelne Sitzungen lassen sich wie ein Film aufzeichnen und abspielen und erlauben dem Shop-Betreiber gleichsam einen Blick über die Schulter seines Besuchers.
Ähnliches bieten auch Usability-Labore – wobei der finanzielle Aufwand ungleich viel höher, und die Aussagekraft aufgrund der geringen Anzahl an Testpersonen eingeschränkt ist. Mit einer Mouse-Tracking-Software dagegen können beliebig viele reale Besucher-Sessions aufgezeichnet und analysiert werden – für E-Commerce Händler eine unkomplizierte und günstige Möglichkeit, um ihre Bestellprozesse oder andere kritische Bereiche ihres Web-Shops nutzerzentrisch zu optimieren.
Autor dieses Beitrags ist Christian Bennefeld, Geschäftsführer der
etracker GmbH. (tö)