Unter den knapp 14.000 deutschen mittelständischen IT-Unternehmen finden sich vorwiegende IT-Dienstleister, etwa die IT Haus GmbH, und ISVs (Independent Software Vendors, unabhängige Softwarehäuser), wie die Easy Software AG. Und die Erwartungen dieser Firmen an ihr Geschäft in den kommenden sechs Monaten sind nach Berechnungen des Digitalverbands Bitkom von Juli auf August 2024 deutlich gefallen - von plus 1,1 auf minus 6,3 Punkte. Das bedeutet, dass die mittelständischen IT-Unternehmen hier zu Lande für die kommenden sechs Monate mit eher sinkenden Umsätzen rechnen
Ebenso stark wie die Ewartung an das künftige Business ist der aktuelle Geschäftsklimaindex des deutschen IT-Mittelstands gesunken (von 7,0 auf 0,9 Punkte). Die Geschäftslage ist im August 2024 ebenfalls deutlich abgesackt, sie ist auf ein Niveau von 8,3 Punkten abgestürzt. Das sind fast durchgehend die schlechtesten Werte seit der Corona-Krise.
Doch Bitkom kann auch mit ein paar guten Nachrichten aufwarten: Die Erwartungen an den Arbeitsmarkt sind von Juli auf August 2024 um 2,3 Zähler auf 8,7 Punkte gestiegen - der IT-Mittelstand schafft also weiterhin neue Arbeitsplätze in Deutschland. Und die Zahl der mittelständischen ISVs und IT-Dienstleister hat sich im Jahresvergleich um fünf Prozent erhöht.
Einen weiteren "positiven" Effekt hat die maue Geschäftslage auch noch: Den mittelständischen IT-Unternehmen fällt es immer leichter neues Personal zu gewinnen, und das auch noch zu vernünftigen Kosten. Der Fachkräftemangel geht seit Beginn des Ukrainekriegs stetig zurück. Dennoch: 77 Prozent der von dem Digitalverband befragten mittelständischen IT-Firmen gehen davon aus, dass sich der Fachkräftemangel weiter verschärfen wird. 2040 könnten über 600.00 IT-Fachkräfte fehlen.
Denn die Nachfrage nach neuen Lösungen und Services wird unzweifelhaft wieder anziehen, zu groß ist nach wie vor der Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung in Unternehmen und bei der öffentlichen Hand. Deswegen fordert der Digitalverband, dass nicht nur Studium und Ausbildung in der IT gestärkt, sondern auch die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte nach Deutschland vereinfacht werden müssen.
Zugleich sollte es attraktiver werden, neue Rechenzentren in der Fläche aufzustellen, denn der überwiegend in ländlichen Gebieten ansässige IT-Mittelstand ist auf eine leistungsfähige IT-Infrastruktur angewiesen. Und schließlich braucht es laut Bitkom eine anwenderfreundliche Regulierung: 83 Prozent der Unternehmen in Deutschland sehen den Datenschutz als größtes Hindernis für die Digitalisierung. Damit sind nach Analyse des Digitalverbands datenschutzrechtliche Anforderungen zum Problem Nummer geworden, noch vor dem Fachkräftemangel. Zusätzlich zur DSGVO kommen mit dem Digital Markets Act, dem Digital Services Act, dem Lieferkettengesetz, dem Data Governance Act und dem AI Act weitere hohe regulatorische Anforderungen aus Europa auf Unternehmen zu. Insbesondere für mittelständische Firmen ergeben sich daraus immer höhere Kosten und Personalaufwände, die die Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle behindern, so Bitkom weiter.
Dem stimmt auch Esra Limbacher, Mitglied des Bundestages und Mittelstandsbeauftragter der SPD zu: "Kurzfristig muss vor allem die Digitalisierung der Verwaltung vorangetrieben werden, um die staatlichen Ebenen besser mit der Privatwirtschaft zu vernetzen und so zum Bürokratieabbau beizutragen." Hier sei die Frage erlaubt, warum das die regierende Partei seit drei Jahren nicht in ausreichendem Maße tut.
Nach Ansicht von Gitta Connemann, Mitglied des Bundestages und Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (CDU), ist die Digitale Transformation der Generalschlüssel, um aus der aktuellen Krise herauszukommen: "Der Staat kann die Digitalisierung im Mittelstand flankieren. Dazu muss er aber in erster Linie selbst digital werden. Dann könnte mit dem 'Once-Only-Prinzip' sichergestellt werden, dass Standardinformationen nur noch einmal mitgeteilt werden müssen. Bürger und Betriebe sind keine Datenlakaien."
Im dem IT-Mittelstandsbericht des Bitkom werden die Potenziale kleiner und mittelständischer IT-Unternehmen für die digitale Transformation in Deutschland dargestellt - mit dem Schwerpunkt Digitales Marketing. So sagen über zwei Drittel der vom Digitalverband befragten Firmen, dass Künstliche Intelligenz (KI) ein großes Potenzial habe, die Geschäfts- und Verwaltungsprozesse im Bereich Marketing zu verbessern.
Agenturen, die so etwas zu leisten im Stande sind, gibt es bereits in Deutschland, so etwa die Münchner Evernine GmbH. Die dortige Geschäftsführerin Angelika Beierlein ist sich sicher, dass KI helfen kann, das volle Potential von Daten freizulegen: "Die neuen Marketing-Technologien optimieren Prozesse und verstärken die kreativen und strategischen Fähigkeiten der Menschen."
Ähnlich äußert sich auch Swantje Kowarsch, Managing Director bei diconium data: "Die Zukunft des digitalen Marketings wird maßgeblich von der umfassenden Integration der KI und dem Rechtsrahmen zur Datenverarbeitung und -nutzung (DSGVO, Data Act, AI Act) geprägt sein."
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