Kompetenz 1: In Alternativen denken
Unser Lebensumfeld ändert sich immer schneller. Deshalb können wir heute nicht mehr sagen: Wenn ich das tue, bin ich in fünf Jahren mit Sicherheit am Ziel. Wir müssen hinter dieser Aussage stets ein Fragezeichen setzen. Denn niemand garantiert uns zum Beispiel, wenn wir heute einen guten Job mit glänzenden Aufstiegschancen haben, dass wir diesen auch noch in fünf oder gar zehn Jahren haben. Vielleicht fusioniert das Unternehmen, für das wir arbeiten, mit einem anderen, und unser Bereich wird geschlossen.
Mit solchen Unwägbarkeiten müssen wir lernen zu leben; auch damit, dass wir nicht voraussagen können, wie unser Lebensumfeld in fünf oder zehn Jahren aussieht. Das darf uns keine Angst bereiten. Sonst gehen wir mit angezogener Handbremse durchs Leben - so, als stünde schon fest, dass wir den Job verlieren. Wir müssen vielmehr heute darauf hinarbeiten, dass wir auch dann noch mehrere Optionen haben, wenn sich die Zukunft anders gestaltet, als wir vermuten. Sonst ist die Gefahr groß, dass wir in eine Krise geraten.
Kompetenz 2: Schwache Signale erkennen
Mehrere realistische Optionen können wir uns nur erarbeiten, wenn wir sensibel für schwache Signale in unserer Umwelt sind. Welche Gefahren könnten uns künftig drohen? Welche Chancen könnten sich uns eröffnen? Weil die Zukunft nie Gegenwart ist, können wir unsere (Zukunfts-)Entscheidungen selten auf Tatsachen stützen. Wir müssen uns auf Vermutungen verlassen. Also müssen wir lernen, Signale für anstehende Veränderungen in unserer Umwelt wahrzunehmen und daraus abzuleiten, welche Konsequenzen sich hieraus für uns ergeben könnten. Dann können wir heute dafür sorgen, dass wir nicht morgen in eine Krise schlittern.
Kompetenz 3: Auf unsere Intuition vertrauen
Künftig werden wir häufiger entscheiden, obwohl wir das Gefühl haben: Uns fehlen noch wichtige Informationen. Wir müssen zudem Entscheidungen treffen, deren Konsequenzen wir noch nicht voll überblicken. Ob diese richtig waren, wird erst die Zukunft weisen. Also müssen wir lernen, auch dann zu handeln, wenn die Entscheidungsgrundlagen noch schwanken - und vor allem dann auch zu diesen Entscheidungen zu stehen.
Kompetenz 4: Das große Ganze sehen
Um die richtigen Entscheidungen zu treffen, müssen wir unser Leben als Ganzes im Blick haben. Nur wenn wir abschätzen können, welche Auswirkungen zum Beispiel unsere beruflichen Entscheidungen auch auf unser Familienleben, unser körperliches Wohlbefinden und unser Lebensglück haben, können wir auf Dauer ein zufriedenes und erfülltes Leben führen. Fehlt uns diese Gesamtsicht, scheitert unser Versuch, die rechte Balance im Leben zu finden und zu wahren.
Ein Beispiel: Manch junger Erwachsener unterschätzt, wenn er den Schritt in die Selbständigkeit wagt, die Auswirkungen dieser Entscheidung auf seine anderen Lebensbereiche. Er übersieht zum Beispiel, dass er dann wegen der hohen Arbeitsbelastung in der Existenzgründungsphase kaum noch Zeit für die Familie und Freunde hat. Deshalb stellt manch junger Selbständige nach zwei, drei Jahren selbstkritisch fest: Nun floriert zwar mein Geschäft, doch in der Zwischenzeit habe ich meine Freunde verloren. Auch mein Lebenspartner hat sich von mir getrennt.
Kompetenz 5: Rat suchen und annehmen
In unserem Privatleben merken wir oft: Unser Blick für unser Gegenüber ist umso "getrübter", je näher uns eine Person steht. Wir betrachten unser Kind als "Goldschatz", obwohl andere in ihm einen verwöhnten Fratz sehen. Wir empfinden unsere Liebesbeziehung als geglückt, obwohl wir uns darin aufgeben. Ähnlich ist es in unseren anderen Lebensbereichen - zum Beispiel bei unserer Arbeit. Deshalb müssen wir lernen, ab und zu neutrale Beobachter oder Coaches als Begleiter zurate zu ziehen, die uns helfen, unsere blinden Flecken zu entdecken, und uns hierdurch neue Sichtweisen eröffnen. Also brauchen wir ein Gespür, wann wir den Rat von Experten oder die Begleitung durch einen Coach benötigen. Arbeitnehmer kontaktieren erst einen Coach oder Berater, wenn die Kündigung bereits auf ihrem Schreibtisch liegt. Sinnvoller wäre es, wenn sie noch in Lohn und Brot stehen, ab und zu zu checken, ob ihre Qualifikation künftig noch gefragt ist. Dann könnten sie proaktiv tätig werden - zum Beispiel, indem sie sich weiterbilden.
Kompetenz 6: Lernen können und wollen
Eine hohe Sensibilität für schwache Signale und alle guten Ratschläge sind jedoch vergebens, wenn wir nicht bereit sind, zu lernen und aus unseren Erkenntnissen die nötigen Schlüsse zu ziehen. Daran mangelt es vielen Menschen. Sie können ihr Leben zwar hervorragend analysieren und sagen, was nötig wäre. Doch wenn man ihnen zuhört, möchte man rufen: "Dann lege endlich los!", denn auf ihre Analyse folgt kein Tun. Das heißt: Wir müssen auch eine gewisse Härte gegen uns entwickeln und aus unseren Erkenntnissen die nötigen Schlüsse ziehen.
Kompetenz 7: Für neue Lösungen offen sein
Ein Scheitern ist beim Versuch, unser Leben zu gestalten, stets möglich. Und wir werden künftig häufiger scheitern. Denn dann brauchen wir für viele Herausforderungen ganz neue Lösungen. Wir müssen neue kreative Designs entwerfen, weil sich unsere alten Verhaltensmuster für das Bewältigen der Zukunft nicht mehr eignen. Das bedeutet: Wir müssen häufiger unsere gewohnten Pfade verlassen. Teilweise müssen wir sogar das Gegenteil dessen tun, womit wir in der Vergangenheit erfolgreich waren.
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Das fällt fast allen Menschen schwer, denn unsere Denk- und Verhaltensmuster haben wir uns über Jahrzehnte antrainiert. Sie sind ein Teil von uns. Sie geben uns Sicherheit. Entsprechend schwer können wir sie ablegen. Zum Beispiel sind viele Mitarbeiter überzeugt, eine Festanstellung biete ihnen die meiste Sicherheit. Das ist ein Trugschluss! Wenn morgen die ferne Konzernzentrale beschließt "Wir verkaufen den Laden", dann können Sie morgen arbeitslos sein - selbst wenn Sie zuvor jahrelang ein höchst geschätzter Mitarbeiter waren. Manchmal ist es deshalb sicherer, sich selbständig zu machen, sofern man eine gute Geschäftsidee und das "Unternehmer-Gen" hat. Dann hängt das berufliche Schicksal nicht mehr von einer fernen Zentrale ab.
Kompetenz 8: Netzwerk aufbauen und pflegen
Das Springen über den eigenen Schatten erfordert Mut. Alleine bringen wir ihn oft nicht auf. Deshalb wird es künftig wichtig sein, Allianzen zu schmieden. Das heißt: Wir müssen lernen, Verbündete zu suchen und zu finden. Dies können wir nur, wenn wir fähig sind, unsere Bedürfnisse anderen Menschen mitzuteilen; außerdem wenn wir mit ihnen Kompromisse schließen.
Hierfür ein Beispiel: Künftig wird es vermutlich noch schwieriger sein, dass beide Partner in einer Ehe eine Spitzenkarriere machen und zugleich ein erfülltes Familienleben mit Kindern führen. Also müssen sie einen "Vertrag" entwerfen, der es beiden Partnern ermöglicht, ihre Lebensvision zu realisieren. Hierfür müssen sie ihre Wünsche zunächst auf den Tisch legen. Außerdem müssen sie bereit sein, auf bestimmte Dinge, zum Beispiel einen möglichen Karriereschritt, zu verzichten, damit sie das für sie wichtigere Gut - zum Beispiel ein erfülltes Familienleben, eine befriedigende Partnerschaft - erlangen können.
Kompetenz 9: Die eigenen Werte kennen
Zum Entwickeln tragfähiger Kompromisse und Partnerschaften müssen wir wissen, was uns wichtig ist. Denn nur dann können wir sagen: Hierauf bin ich bereit zu verzichten, hierauf nicht. Wenn wir diesbezüglich keine Klarheit haben, können wir entweder nicht mit anderen kooperieren oder wir ordnen uns ihren Wünschen unter - beruflich und privat.
Generell gilt: Was uns wichtig ist, zeigt sich auch darin, worauf wir bereit sind, dafür zu verzichten. Manche Berufstätige wünschen sich zum Beispiel, eine Spitzenkarriere zu machen und ein weit überdurchschnittliches Einkommen zu erzielen, zugleich möchten sie jedoch möglichst viel Freizeit haben - für ihre Familie, für ihre Hobbys und, und, und. Beides zugleich ist jedoch nur in Ausnahmefällen möglich. Also heißt es sich zu entscheiden: Was ist mir wichtiger?
Kompetenz 10: Zuversichtlich sein
Eine positive Grundeinstellung zu Veränderungen wird künftig neben unserem Wertebewusstsein die wichtigste Eigenschaft sein, die wir brauchen. Denn wenn wir vor Veränderungen Angst haben, verunsichern uns neue Herausforderungen. Dann trauen wir uns auch nicht, neue Lebensentwürfe zu entwickeln. Dann bitten wir auch nicht rechtzeitig Experten um Rat. Wir verschließen vielmehr unsere Augen vor den Herausforderungen, vor denen wir stehen.
Eine positive Einstellung zu Veränderungen zeigt sich auch darin, dass wir das Risiko eines Scheiterns akzeptieren; außerdem darin, dass wir ein Scheitern nicht als persönliches Versagen interpretieren. Denn unser Scheitern beweist: Wir haben es - im Gegensatz zu vielen anderen Menschen - versucht. Also können wir auch einen zweiten Versuch wagen. Eine solch positive Einstellung zu einem möglichen Scheitern können wir entwickeln, indem wir uns bewusst machen: Wer keinen Versuch wagt, sein Leben aktiv zu gestalten, scheitert auf alle Fälle. Ebenso, wenn wir uns Herausforderungen nicht stellen. Dann nagen mit der Zeit immer stärkere Selbstzweifel an uns.