Warum ist die Kalkulation eines Managed Service für Systemhäuser so schwierig?
Olaf Kaiser: Die existierenden Schwierigkeiten sind bedingt durch zwei zentrale Punkte. Erstens: Was verstehen wir in unserem Unternehmenskontext unter dem Bereich Managed Services? Und zweitens: Wie genau möchte ich mein Managed Service Geschäft steuern?
Das heißt, im ersten Punkt geht es um die Definition. Was sollten Partner bei dieser Festlegung berücksichtigen?
Olaf Kaiser: Das lässt sich am besten an einem Beispiel darstellen: Wenn ein Systemhaus ein automatisiertes Monitoring - also eine reine Kontrollfunktion - verkauft und alle anfallenden Aufwände weiter nach Zeit abrechnet, ist das dann ein Managed Service? Und wenn das noch kein Managed Service sein sollte, ab welcher ergänzenden Leistung ist es dann einer?
Je nach der gewählten Strategie ergeben sich vollkommen unterschiedliche Herausforderungen an die Kalkulation, die bis zur kompletten Betriebsübernahme von Devices geht. Hier ist die Vorabkalkulation von Arbeitszeiten und die nachgelagerte Kontrolle aufgrund der eingegangen Verantwortung und des Risikos wesentlich wichtiger. Die Frage ist also: Verkaufe ich die Tools zum Festpreis und rechne weiter nach Zeit ab? Oder biete ich auch Service-Leistungen zum Festpreis und wie grenze ich das ab?
Kommen wir zum zweiten Aspekt des Steuerns von Managed Service Geschäften. Was ist hier entscheidend?
Olaf Kaiser: Das hängt jetzt stark vom Typ des Systemhaus-Chefs ab. Das Kalkulationsvorgehen kann bei einem vorsichtigen Menschen, der alle Eventualitäten vorab berücksichtigen möchte, vollkommen anders ausfallen, als bei jemandem, der schaut, was die anderen Kollegen nehmen und dann erstmal den gleichen ‚best practice’ Preis am Markt verkauft. Auch hier gilt, dass jeder seinen eigenen Weg finden muss und sehr genau prüfen sollte, was zu ihm und zum Unternehmen passt. Es gibt da kein besser oder schlechter, sondern nur passend oder unpassend.
Was sind die Punkte, die bei dieser Kalkulation oft vergessen werden?
Olaf Kaiser: Die schwierigen Punkte bei der Kalkulation beziehen sich zumeist auf die geplante eingesetzte Arbeitszeit und auf den damit verbundenen Leistungsumfang bei Festpreisangeboten. Das inkludierte ‚Verkaufen’ der dabei genutzten Tools und Lizenzen mit Aufschlag ist verglichen damit der einfache Part.
Für die Kollegen, die genauer kalkulieren möchten, ist es zum Beispiel ein Prüfpunkt, wie viel Aufwand zur reinen Lauffähigkeit und Bereitstellung der automatisierten Prozesse anfällt. Die Tools sind ja keine Selbstläufer, die man nur anschaltet! Hier fallen auch ohne Fehlersituationen Aufwände an.
Wer schon länger in diesem Geschäftsfeld unterwegs ist, beschäftigt sich daher mit Fragen der Automatisierung, um die sich wiederholenden Standardtätigkeiten nicht manuell erledigen zu lassen. Was dann im Umkehrschluss auch Auswirkungen auf die Kalkulation hat.
Zusätzlich startet auch eine Zusammenarbeit mit einem neuen Kunden mit einem Projekt und einer Ersteinrichtung von Prozessen und Berichten. Empfehlenswert ist daher, nicht nur die monatlichen Aufwände anzuzeigen, sondern zusätzlich die Einmalkosten nachvollziehbar separat aufzuführen und als Projekt mit den vorbereitenden Tätigkeiten wie z.B. der SLA-Messung und der Erstellung der abgestimmten Kunden-Berichte zu kalkulieren.
Wie kann eine funktionierende Herangehensweise an das Thema Kalkulation für Systemhäuser aussehen?
Olaf Kaiser: Die erste Kernfrage zur Herangehensweise ist, ob ich als Systemhaus meine Kosten aus Lizenzen und Personal mit Marge verkaufen möchte oder es einen anderen Weg der Preisermittlung gibt. Ich vernehme auch aus den internationalen Berichten, dass "value based pricing" der Schlüssel für schnelleres Wachstum ist.
Beim Beispiel Backup kann ich also entweder meinen Flat-Einkaufspreis pro Server mit Aufwänden und daraus resultierendem Aufschlag zum Festpreis anbieten. Oder ich bespreche mit dem Kunden, welcher Nutzen - gleich nicht entstandenen Kosten - ihm aus dem Wegfall von Ausfällen und der schnellen Wiederherstellung von Informationen entsteht. Auch am Beispiel Verfügbarkeit ist zu erkennen, dass Unterschiede im SLA auch zu einem höheren Nutzen führen, der sich im Preis ausdrücken kann.
Die Einnahme der Kundensicht und das Verbinden der Leistung mit dem zu realisierendem Business-Nutzen für den Kunden ist ein wichtiges Element, das ein solches Managed Service Angebot von der Auflistung von Features unterscheidet.
Und die zweite Kernfrage?
Olaf Kaiser: Die zweite Kernfrage bezieht sich auf das Servicekonzept. Welche Leistungen pauschaliere ich und wie weit gehe ich bis zum Punkt der Betriebsübernahme? Hierbei sind z.B. die folgenden Elemente zu definieren:
Was ist mein Set an automatisierten Prozessen und Überwachungen, die für meinen Service notwendig sind?
Wie viel Aufwand bedeutet der reine Betrieb der Prozesse für mich?
Was ist beim Kunden an Aufkommen im Service Desk zu erwarten?
Wie fehleranfällig ist die Umgebung und was kalkuliere ich an Aufwand für Incidents ein?
Welche proaktiven, manuellen Wartungstätigkeiten rechne ich additiv in?
Welche Serviceleistungen sind nicht enthalten (z.B. das Installieren eines neuen Clients)?
Auf dem "Channel meets Cloud"-Kongress am 16. Februar werden Sie einen Workshop moderieren, in dem die Teilnehmer mit Ihnen live eine solche Kalkulation erstellen werden. Was erfahren Partner hier konkret?
Olaf Kaiser: Mit den Teilnehmern werde ich mehrere Schritte bis zum fertigen Angebot durchgehen:
Eine Basisdefinition für ein Managed Service Portfolio
Welche allgemeinen Parameter für die Kalkulation zu beachten sind
Und wie eine konkrete Kundensituation mit Devices und Anforderungen an den Dienstleister zu einem Festpreis kalkuliert werden kann
Es wird also am Ende gemeinsam ein möglicher Verkaufspreis für eine individuelle Kundensituation ermittelt.
Was wird die Ausgangssituation für diese Kalkulation sein?
Olaf Kaiser: Mein Beitrag ist ein interaktiver Impulsvortrag. Die Teilnehmer werden mit mir zusammen das Portfolio erstellen und das Kundenszenario definieren. Da das bestimmt eine spannende und spontane Runde wird, kann ich Ihnen leider hier und heute noch gar nicht sagen, wie das resultierende Ergebnis aussehen wird.
Was ich versprechen kann, sind 40 Minuten gut investierte Zeit für Impulse und Spaß bei ‚Channel meets Cloud’ am 16. Februar 2017in München.