Managed Cloud Services

Luft nach oben!

25.06.2020 von Gerhard Holzwart
Das Potenzial einer hybriden IT-Welt wird bei Weitem noch nicht ausgeschöpft: Die Veränderung des IT-Betriebsmodells stößt auf Widerstände der Anwender.
Die Digitalisierung ist ohne die Cloud längst undenkbar geworden. Auch wenn der Markt inzwischen eine gewisse Reife erlangt hat, gilt: Da geht noch deutlich mehr.
Foto: ra2 studio - shutterstock.com

Der digitale Wandel findet bei deutschen Unternehmen nicht mehr nur in den Blaupausen statt, sondern befindet sich in der realen Umsetzung. Managed (Cloud) Services sind dabei zu einem der zentralen Assets der CIOs geworden. Dies bestätigen die wesentlichen Ergebnisse der Studie "Managed Services 2020" von IDG Research Services, COMPUTERWOCHE und CIO in Zusammenarbeit mit PlusServer, Rödl & Partner, TelemaxX, Trivadis und SoftwareOne.

Hier geht's zur Studie "Managed Services 2020"

Cloud-Überforderung

Demnach setzen 80 Prozent der Befragten bei der Digitalisierung stark auf die Nutzung einschlägiger Dienstleistungen. Rund 20 Prozent nehmen für sich sogar in Anspruch, auf IT-Bezugsmodelle aus der Cloud "sehr stark" zu vertrauen. Ein weiterer Beleg für die Marktreife von Cloud-Diensten sind die in der Studie ermittelten sehr hohen Zufriedenheitswerte bei den Anwendern. So bestätigten 64 Prozent, dass das Ziel einer Kostenreduktion erreicht wurde. Noch höher ist mit rund 70 Prozent der Wert beim Aspekt "Flexiblere Kosten" (Pay as you go). Auch in vielen weiteren Cloud-Disziplinen hat sich die Erwartungshaltung der IT-Entscheider bestätigt. So geben fast 64 Prozent der Firmen an, dass sie beim Thema "Flexible Ressourcennutzung" nicht enttäuscht wurden. Knapp 67 Prozent führen dies im Zusammenhang mit automatischen Software Updates ins Feld, weitere 54 Prozent bei der Nutzung von Collaboration Services.

Doch der Schein einer hohen Marktreife trügt. Viele Anwender sind bei näherem Hinsehen mit dem Tempo der Digitalisierung und der radikalen Konsequenz eines nötigen Umbaues ihrer IT-Landschaft noch ein Stück weit überfordert. Typische Fragen sind: Inwieweit ist eine Cloud-First-Strategie mit einer klaren Roadmap hinterlegt? Wie sieht das Geschäftsmodell derzeit und in ein paar Jahren aus? Welche Abhängigkeiten möchte ich als Unternehmen im Beziehungsgeflecht mit einem Provider eingehen? Häufig fehlen auf diese Fragen klare Antworten.

Fehlende Readiness

Bemerkenswert selbstkritisch sehen die Anwender jedenfalls in der Studie auch Defizite bei sich selbst, wenn bei einem Cloud Service die Projektziele nicht erreicht werden. Mehr als 35 Prozent nennen hier als Erstes ihre unausgereiften Prozesse sowie die mangelhafte Integrationsfähigkeit einzelner Cloud Services in die bestehende IT-Landschaft. Ein Drittel der Unternehmen gibt damit zu, dass zum Teil weder ihre IT-Organisation noch ihre IT-Infrastruktur "cloud ready" ist. Man kann es auch so formulieren: Einerseits ist die IT gefordert wie nie, möglichst flexible IT-Services vorzuhalten, und benötigt dazu eine skalierbare IT-Infrastruktur. Andererseits sind viele Unternehmen mit der Möglichkeit, beispielsweise einen virtuellen Server quasi per Mausklick hinzuzuschalten, überfordert. Viele IT- und Geschäftsprozesse geben dies (noch) nicht her.

Wie wichtig es daher ist, alle Prozesse und internen Stakeholder eines Unternehmens in eine Cloud-Strategie zu integrieren, führt Bernd Schweitzer von SoftwareOne aus: "Managed Services adressieren heute mehr die prozessuale als die technische Ebene. Die gesamte Organisation, vom Einkauf bis zum Management, ist davon betroffen. Daher ist es wichtig, die Eignung in regelmäßigen Reifegrad-Assessments zu überprüfen."

Bernd Schweitzer, SoftwareOne, empfiehlt regelmäßige Reifegrad-Assessments.
Foto: Michaela Handrek-Rehle

Die IT schafft an

Stichwort gesamte Organisation: Nach wie vor gilt es als nicht ausgemacht, wo und in welcher Form das Cloud-Management künftig in den Unternehmen verortet wird. IT oder Fachabteilung lautet hier die ewig diskutierte Frage. Künftig werden die Fachabteilungen noch einfacher als bisher ihre eigenen Applikationen "cloud native" entwickeln und von Dienstleistern beziehen können als bisher, heißt es. Strategisches Provider-Management, die Orchestrierung einer hybriden Cloud-Architektur unter Einbeziehung mehrerer großer Hyperscaler wie AWS, Microsoft oder Google sei mindestens so anspruchsvoll wie der Betrieb der alten, komplexen On-Premises-Welt, betonen andere Experten. Also liege dies weiterhin in der Kernkompetenz und im Hoheitsgebiet der internen IT-Organisation.

Die Erkenntnisse der aktuellen IDG-Studie sind in diesem Punkt jedenfalls eindeutig: Der Gap zwischen IT- und Fachbereichs-Verantwortlichen beim prozentualen Bekenntnis zur Nutzung von Cloud-Diensten vergrößert sich weiter zugunsten der IT. Dies bestätigt einen Trend, der schon seit Längerem zu beobachten ist: Der Lead für die Initiierung und Umsetzung von Cloud-Projekten liegt inzwischen wieder eindeutig bei der IT - auch wenn viele Fachabteilungen inzwischen über ihr eigenes IT-Budget verfügen.

Das Legacy-Hemmnis

Auch bei den klassischen Motiven für die Entscheidung, mit einem Managed Services Provider zusammenzuarbeiten, verstärken sich die Trends der vergangenen Jahre. Eine schnellere Umsetzung von Projekten, mehr Flexibilität und vor allen Dingen die Verbesserung der Innovationsfähigkeit sind die Themen, die die IT-Verantwortlichen am meisten beschäftigen. Insofern sind Anwender wie Anbieter mehr denn je auf ein partnerschaftliches Miteinander angewiesen. Noch immer haben viele Firmen in Deutschland häufig Schwierigkeiten damit, ihre Kern-IT aufzuräumen, überhaupt auslagerungsfähig zu machen und sich auch mental von ihrer alten On-Premises-Welt zu verabschieden. Legacy-Modernisierung gilt als zu komplex und zu teuer. Von dem viel zitierten "Lift & Shift" scheuen daher nicht wenige CIOs bis dato zurück.

Die Managed Services Provider stehen vor der Aufgabe, ihre Kunden weitaus intensiver zu beraten, als dies früher notwendig war. Letzten Endes geht es dabei um die Frage, wie sich Business und IT aufstellen sollen, um Cloud-Angebote effizient sowie End-to-End nutzen zu können. Einen einzelnen Bereich (zum Beispiel Security) "as a Service" zu beziehen ist für die Anwender das eine, in die hybride Cloud zu migrieren und damit nahezu sämtliche IT Operations einem Dienstleister anzuvertrauen, das andere. Sebastian Bloch von Trivadis bringt es auf den Punkt: "Digitalisierung und Cloud Services forcieren die Nutzung von Managed Services und machen diese zur Chefsache. Egal ob in der Cloud, ob On-Premises oder Hybrid, die Faktoren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit bleiben die gleichen: Flexibilität, eine vertrauensvolle Partnerschaft, klar strukturierte Verträge und ein kontinuierlicher und intensiver Austausch zwischen Kunde und Provider."

Für Sebastian Bloch, Trivadis, sind die Erfolgsfaktoren für eine funktionierende Partnerschaft zwischen Provider und Anwender die gleichen wie früher.
Foto: Trivadis

Hyperscaler als alternativlose Konkurrenz?

Dass sich die Cloud indes zunehmend auch als Basisinfrastruktur für IT Operations etablieren kann, belegt eindrucksvoll die so genannte Workload-Statistik in der Studie. Fast 70 Prozent der Befragten geben an, dass der durchschnittliche Anteil des Workloads in ihren Unternehmen, der über die Cloud abgewickelt wird, inzwischen bei über 50 Prozent liegt. Bei rund einem Viertel der Studienteilnehmer beträgt dieser Anteil sogar 80 Prozent und mehr. Für Managed Services Provider bedeutet dies: Sie müssen das liefern, was den Anwendern fehlt: Ressourcen, Skills und zum Teil auch Steuerungskompetenz. Denn es geht in immer mehr Anwendungsszenarien nicht mehr nur um die Erbringung des einzelnen Service, sondern um die Orchestrierung einer hybriden IT-Landschaft. Mindestens aber geht es immer um die nahtlose Integration einer ausgelagerten Anwendung in die neue Plattformwelt eines Anwenderunternehmens, das diese - zum Beispiel mithilfe einer Retained Organisation - selbst managt. Und die IT soll obendrein nicht nur agiler, sondern auch noch günstiger werden.

Das bestätigt Holger Müller von PlusServer: "Dass sich der Cloud-Einsatz für Unternehmen lohnt, hat die Studie eindrucksvoll bewiesen: Die deutliche Mehrheit bestätigt eine Kostenreduktion beziehungsweise flexiblere Kosten sowie eine flexiblere Ressourcennutzung. Um diese Erfolge zu erzielen, sind Managed Cloud Services ein entscheidender Faktor."

Holger Müller, PlusServer, sieht eine Flexibilisierung der Kosten auf Anwenderseite als gewichtiges Pfund der MSPs.
Foto: PlusServer

Die weitere gute Nachricht für die Anbieter von Managed Services hierzulande ist dabei: Die großen Hyperscaler sind nicht die befürchtete und für die Anwender alternativlose Konkurrenz. Die in der Studie befragten Unternehmen stufen jedenfalls die Angebote von Managed-Services-Dienstleistern in Deutschland im Vergleich zu AWS, Google, Microsoft und Alibaba überraschend positiv ein. So vertreten knapp 20 Prozent uneingeschränkt die Auffassung, dass sie auch bei hiesigen Dienstleistern entsprechende Public Cloud Services beziehen können, für ein weiteres Viertel trifft dies weitgehend zu.

"Deutsche MSPs stehen in nichts nach"

Für Raphael Bächle von TelemaxX Telekommunikation ist dies keine Überraschung. Er stellt fest: "Die großen Public Cloud Provider haben einen festen Platz in der Digitalisierung. Allerdings bauen viele Unternehmen darauf, für jede Anwendung beziehungsweise für jeden Workload die passende Cloud zu verwenden. Dies sind in vielen Fällen Cloud Services direkt aus einem deutschen Rechenzentrum. An dieser Stelle sind die regionalen Service Provider mit persönlichen Ansprechpartnern gefragt, um die Unternehmen mit ganzheitlichen Hybrid- oder Multi-Cloud-Lösungen zu unterstützen."

Raphael Bächle, TelemaxX, stärkt regionalen Service Providern den Rücken.
Foto: TelemaxX

Eine prozentual sehr ähnliche Gewichtung nehmen die Anwender übrigens im Hinblick auf die These vor, dass die Private Cloud eines Anbieters hierzulande aufgrund regulatorischer Anforderungen in puncto Datenschutz und Datensicherheit immer die erste Wahl gegenüber einem der Hyperscaler sein sollte. Markus Merk von Rödl Consulting führt dies aber nicht nur auf gesetzliche Bestimmungen, sondern auch auf über Jahre hinweg gewachsene Geschäftsbeziehungen zurück. Sein Credo: "Managed Services Provider aus Deutschland stehen großen internationalen Anbietern in nichts nach. Dies ist zum einen auf den Schutz der Daten mit geltendem europäischen Recht zurückzuführen und zum anderen auf die Bereitschaft, Standard-Services mit individuellen Services den Bedürfnissen des Unternehmens anzupassen. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist dabei ein zentraler Punkt."

Markus Merk, Rödl Consulting, unterstreicht die Bedeutung nationaler MSPs.
Foto: Michaela Handrek-Rehle

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Die Studie "Managed Services 2020" ist im IDG-Studienshop erhältlich.
Foto: Mark Agnor - shutterstock.com

Studiensteckbrief

Herausgeber: COMPUTERWOCHE, CIO, TecChannel und ChannelPartner

Studienpartner: PlusServer (Gold), Rödl & Partner, TelemaxX, Trivadis (Silber), SoftwareOne (Bronze)

Grundgesamtheit: Oberste (IT-)Verantwortliche von Unternehmen in der D-A-CH-Region: strategische (IT-)Entscheider im C-Level-Bereich und in den Fachbereichen (LoBs), IT-Entscheider und IT-Spezialisten aus dem IT-Bereich

Teilnehmergenerierung: Stichprobenziehung in der IT-Entscheider-Datenbank von IDG Business Media; persönliche E-Mail-Einladungen zur Umfrage

Gesamtstichprobe: 346 abgeschlossene und qualifizierte Interviews

Untersuchungszeitraum: 23. bis 30. März 2020

Methode: Online-Umfrage (CAWI)

Fragebogenentwicklung: IDG Research Services in Abstimmung mit den Studienpartnern

Durchführung: IDG Research Services

Technologischer Partner: Questback GmbH, Köln

Umfragesoftware: EFS Survey