Steuerangelegenheiten können manchmal wie ein Minenfeld erscheinen. Behörden und Gerichte wirken dann, als hätten sie die Fernzündung in der Hand. In Wirklichkeit sind die fiskalischen Abläufe selbstredend weder martialisch noch willkürlich. Aber manchmal eben doch tückisch – und Kleinigkeiten können letztlich den Unterscheid ausmachen. Welche Konsequenzen hat es beispielsweise, wenn der Steuerberater einen Fehler macht, der zu ungerechtfertigt geminderten Steuerzahlungen führt?
Nun, das kommt ganz darauf an, wie aus zwei Urteilen des Bundesfinanzhofes (BFH) hervorgeht. Ein Fall ist so gelagert, dass der Steuerpflichtige sagen kann: Glück gehabt! Im anderen Fall muss nachgezahlt werden. In beiden Fällen geht es um die Einkommenssteuererklärung von Ärzten. Fraglich war ebenfalls in beiden Fällen, ob eine "leichtfertige Steuerverkürzung" vorliegt, also eine Ordnungswidrigkeit. Der schließlich entscheidende Unterschied in den Urteilen liegt darin begründet, ob diese auch dem Laien auffallen muss oder eben nicht.
Streit um Festsetzungsfrist
Im Entscheidungsfall mit Aktenzeichen VIII R 32/11 hatte ein Arztehepaar den Gewinn seiner Arztpraxis in der Gewinnfeststellungserklärung richtig angegeben und hälftig auf die Eheleute verteilt. In der darauf basierenden Einkommensteuererklärung bezifferten die beiden die entsprechenden Einkünfte des Ehemannes zutreffend mit der Hälfte des Gewinns. Für die Einkünfte der Ehefrau setzte der Steuerberater indes – offensichtlich falsch – nur ein Viertel der Summe an. Beide Steuererklärungen waren durch den Berater angefertigt worden. Die Eheleute hatten sie unterschrieben und beim Finanzamt eingereicht.
Die Behörde erkannte den Fehler schließlich und änderte den fälligen Steuerbetrag. Das Paar klagte aber dagegen mit der Argumentation, beim Erlass des Änderungsbescheids sei die vierjährige Festsetzungsfrist bereits abgelaufen gewesen. Das zuständige Finanzgericht teilte diese Auffassung, der BFH aber nicht.
Da die Eheleute eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen hätten, verlängere sich die Festsetzungsfrist auf fünf Jahre, so die Richter. Daher habe das Finanzamt den Einkommensteuerbescheid noch ändern können. Die Eheleute hätten den Fehler bei Unterzeichnung ihrer Einkommensteuererklärung, spätestens aber nach Erhalt des Einkommensteuerbescheids bemerken und korrigieren müssen. "Ihnen hätte sich die Frage aufdrängen müssen, weshalb der in der Einkommensteuererklärung ausgewiesene Gewinnanteil der Ehefrau von ihrem Gewinnanteil, der in der Gewinnfeststellungserklärung angegeben war, erheblich abwich", stellt der BFH weiter fest.
Da das Ehepaar diese gravierende Abweichung hingenommen und die Steuererklärung unterzeichnet habe, ohne sich bei ihrem steuerlichen Berater oder beim Finanzamt nach dem Grund der Abweichung zu erkundigen, sei die Sorgfaltspflicht in erheblichem Umfang verletzt und eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen worden. Die Eheleute müssen also Steuern nachzahlen.
Kein leichtfertiges Handeln
Das gilt laut Urteil mit Aktenzeichen VIII R 27/10 jedoch nicht für einen Arzt, dessen Steuerberater den Verlust aus der Beteiligung an einer Laborgemeinschaft in der Steuererklärung und bei der Einkommensteuerfestsetzung jeweils doppelt berücksichtigt hatte. Diese ebenfalls leichtfertige Falschangabe fiel dem Finanzamt bei einer Steuerprüfung auf. Wie im ersten Fall änderte sie Einkommenssteuer im Anschluss.
Anders als im ersten Fall allerdings hob der BFH den Einkommensteueränderungsbescheid auf, da zum Zeitpunkt seines Erlasses die reguläre Festsetzungsverjährung von vier Jahren in diesem Szenario bereits abgelaufen war. Die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Festsetzungsfrist auf fünf Jahre wegen einer leichtfertigen Steuerverkürzung hätten nicht vorgelegen, so der BFH. Denn weder der Kläger noch sein Steuerberater hätten eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen.
Der Steuerberater habe den objektiven Tatbestand einer leichtfertigen Steuerverkürzung nicht erfüllt, weil nicht er selbst, sondern der Steuerpflichtige die Steuererklärung beim Finanzamt eingereicht und damit unrichtige Angaben gemacht habe. Der Steuerpflichtige habe zwar den objektiven Tatbestand der Steuerverkürzung durch die Abgabe der unrichtigen Steuererklärung erfüllt. Aber er habe nicht leichtfertig gehandelt. "Denn auch bei gewissenhafter und ihm zumutbarer Prüfung habe er nicht erkennen können, dass die von ihm unterschriebene Einkommensteuererklärung unrichtig war", urteilten die Richter.
Das leichtfertige Handeln des Steuerberaters könne dem Kläger auch nicht nach straf- oder steuerrechtlichen Grundsätzen zugerechnet werden, so der BFH weiter. Deshalb könne die bei der Erstellung der Steuererklärung häufig notwendige Aufgabenteilung zwischen Steuerpflichtigen und steuerlichem Berater dazu führen, dass die Festsetzungsfrist bei objektiv unrichtigen Angaben wie üblich abläuft. Dies gelte selbst dann, wenn sich der Ermittlungsaufwand der Finanzbehörde deshalb erhöht.
Zwei ähnlich gelagerte Falschangaben haben also gänzlich unterschiedliche Folgen. Entscheidend dafür ist nach Auffassung des BFH, dass sich in einem Fall der Fehler aufdrängen musste, im anderen nicht.