Anlässlich der LinuxWorld Conference in San Francisco hat Bob Sutor, IBM Vice President of Open Source and Standards, gefordert, dass sich speziell grafische User-Interfaces (UIs) für Linux weniger an Windows orientieren sollen. "Die Benutzeroberflächen sind nicht so, wie sie sind, weil das ein Optimum ist, sondern weil sie auf Basis von Windows so entwickelt wurden", sieht IDC-Analyst Rüdiger Spies die Forderung im pressetext-Interview gerechtfertigt.
Neben weniger Windows-Anleihen wünscht sich Sutor auch ein "grüneres" Linux mit mehr Energieeffizienz. Die Forderungen kommen knapp nach der Ankündigung, dass IBM gemeinsam mit Ubuntu-Unterstützer Canonical, Novell und Red Hat Linux auf Business-Desktops forcieren und damit Windows Konkurrenz machen will.
Ein neues grafisches Design soll Linux populärer für Desktops zu machen. "Hört auf, Windows aus 2001 zu kopieren", zitiert die InformationWeek Sutors Forderung. Mit diesem Zugang sei keine optimale Benutzerfreundlichkeit zu erreichen. Derzeitige UIs entsprächen in der Regel einfach dem gewohnten Windows-Schema, bestätigt Spies. "Bei Veränderungen ist daher alles nur eine Gewöhnungsfrage", betont der Analyst. Seine eigene Erfahrung zeige, dass andere UI-Ansätze sich als praktischer erweisen können. Gerade beim Trend hin zu schlankeren Desktops und vernetztem Cloud Computing hätten alternative Benutzeroberflächen echtes Potenzial. "Besonders bei bestimmten Arbeitsplätzen, beispielsweise in Call Centern, können zugeschnittene UIs sicher Vorteile bringen", ist Spies überzeugt.
Skeptischer beurteilt der Analyst Sutors Forderung nach mehr Energieeffizienz bei Linux. "Ein bisschen Strom sparen im Rechenzentrum wäre etwas wenig", meint Spies. Derartiges werde schon durch laufende technologische Fortschritte bei der Hardware ermöglicht. Da allerdings Windows dazu tendiere, einfach ausreichend Ressourcen in der Hardware vorauszusetzen, ergäbe sich sehr wohl ein Angriffspunkt. "Linux hat die Chance, durch intelligente Nutzung der Ressourcen den Aspekt der Energieeffizienz in den Vordergrund zu stellen", erklärt der Analyst gegenüber pressetext. Damit könnte beispielsweise über längere Batterielaufzeiten bei Notebooks selbst der Consumer-Bereich stärker angesprochen werden.
IBM und seine Partner haben im Rahmen der LinuxWorld Conference bereits angekündigt, Windows auf Desktops stärker Konkurrenz machen zu wollen. Durch die Verbindung des Open-Source-Betriebssystems mit Office- und Groupware-Lösungen der IBM-Tochter Lotus Software wollen die Unternehmen speziell im Business-Segment Microsofts Vormachtstellung angreifen. Chancen für Linux sieht IBM nicht zuletzt aufgrund der schleppenden Annahme von Windows Vista im Unternehmensumfeld. "IBM hat den Erfolg von Microsoft nie richtig verarbeitet und versucht nun, Microsoft in die Schranken zu weisen", glaubt Spies. Anfang der 1980er war es die Kombination von IBM PC als Hardware-Standard und MS-DOS als Betriebssystem, die einen wesentlichen Schritt in der Entwicklung der Personal Computer darstellte. Heute ist Microsoft mit Windows beherrschend auf dem Betriebssystem-Markt, während IBM seine einstige Position als Kompatibilitätsmaßstab längst verloren und letztendlich im Jahr 2005 seine PC-Sparte an Lenovo verkauft hat. (pte) (wl)