Viele Menschen, die tagtäglich im ITK-Channel ihre Brötchen verdienen, sind oft überrascht, wenn sie die genauen Geschäftsbläufe und Ziele eines Marktteilnehmers erfahren. Die Ausbildung "IT Channel Management" lehrt die komplexen Abläufe des indirekten Vertriebs und neue Wege zum "Miteinander" im ITK-Channel. Ins Leben gerufen wurde dieser Ausbildungszweig von dem ehemaligen Also Deutschland Geschäftsführer Axel Keller an der Fachhochschule Nordwestschweiz, Hochschule für Wirtschaft. Die erste Ausbildung wird in München stattfinden.
ChannelPartner-Redakteurin Beate Wöhe sprach mit Axel Keller darüber, warum dieser Ausbildungszweig gewachsen ist, ob der deutsche IT-Channel eine solche Ausbildung braucht und was sie den Absolventen bringt.
Wer, glauben Sie, sollte das "Certificate of Advanced Studies in IT Channel Management" von der Fachhochschule Nordwestschweiz in Angriff nehmen?
Keller: Jeder Marktteilnehmer, wie Hersteller, Distributoren, Systemhäuser und Fachhändler betrachtet den Channel immer nur aus einer sehr individuellen Sicht - aus seiner Sicht. Der Handelskanal aber funktioniert wie ein komplexes System. Die Ausbildung ist für alle diejenigen ausgelegt, die ihre Produkte oder Dienstleistungen über den ITK-Channel vermarkten zu müssen. Jeder sollte die Ziele und Probleme der vor- und nachgelagerten Handelspartner kennen.
Können Sie Beispiele für Berufsfunktionen nennen, die von der Ausbildung profitieren können?
Keller: Interessant ist es für Mitarbeiter aus den Channel-Organisationen der Hersteller, aber auch für deren Marketing-, Product- oder Supply-Chain-Manager. Natürlich auch Mitarbeiter von Distributoren, die in ihrer Scharnierfunktion zwischen Herstellern und dem weiteren Handel fungieren. Systemhausmitarbeitern gibt die Ausbildung einen umfassenden Überblick darüber, wie Hersteller und Distributoren im indirekten Vertriebsweg agieren.
Sie selbst waren 27 Jahre im IT-Markt tätig und haben jetzt von der Schweiz aus diese Ausbildung ins Leben gerufen. Lässt Sie der IT-Channel nicht los?
Keller: Ja, mein Herzblut steckt im indirekten Vertrieb. Das Thema ist einfach viel zu spannend, als dass man davon lassen möchte. Der Channel Vertrieb ist für mich die Königsdisziplin. Hier muss ein Hersteller unabhängige Handelspartner dazu motivieren, seine Produkte aktiv zu vermarkten. Diese Handelsart ist wesentlich komplexer als Direktgeschäft.
Übersicht Ausbildungsinhalte
- Der ITK-Markt in Deutschland, Schweiz und Österreich
- Die Player im ITK-Markt und ihre Rollen
- Segmentierung der Handelspartner
- Die Handelsstufen
- Die Supply Chain
- Anforderungen an den Channel
- Hersteller, Distributor, Systemhaus, Retailer
- Channel-Marketing und -Vertrieb
- Probleme im Tagesgeschäft
- Retail und Consumer Electronics
- Collaborative Marketing
- Channeloptimierung
"Was kümmert mich mein Problem vom nächsten Quartal?"
Haben Sie während ihrer langjährigen Tätigkeit im IT-Channel vielleicht Erfahrungen gemacht, die Sie zu dieser Ausbildung animierten?
Keller: (lacht) Nicht nur einmal. Und wenn man mit Menschen spricht, die lange in diesem Geschäft sind, wird das bestätigt. Es gibt bisher keine solche Ausbildung und jeder muss seine Erfahrungen per try and error machen. Man macht die gleichen Fehler, die andere auch schon gemacht haben und ist schnell im Fahrwasser der Kollegen: "Das haben wir immer schon gemacht."
Können Sie dazu konkrete Beispiele nennen?
Keller: Ja, einige Aussagen habe ich mir gemerkt. Vor vielen Jahren hatte ein Mitarbeiter eines Herstellers mir zum Beispiel gesagt: "Mein Vertriebs-Job ist damit beendet, wenn ich dem Disti das Lager vollgestellt habe." Daran schließt das Thema WKZ-Vergabe an. Bei den Herstellern wird die Vergabe offensichtlich immer noch nicht nach Sinn und Zweck gemacht, sondern nach einem eingeführten Ritual.
Gab es weitere Aussagen, die Ihnen im im Gedächtnis geblieben sind?
Keller: Ja, es war damals Ende Juni und wir hatten größere Mengen eines Produktes im Lager, von dem bisher jeder überzeugt war, dass es sich gut verkaufen würde - was aber nicht geschehen war. Nachdem auch das neue Produkt schon angekündigt war, haben wir dem Verkäufer vorgeschlagen, uns eine größere Geldsumme zu geben um das Produkt über einen Abverkauf in den Markt zu bringen. Seine Antwort war: "Was kümmert mich mein Problem vom nächsten Quartal?"
In Ihrer Beschreibung zur Ausbildung zum IT-Channel-Management steht folgender Satz: "Nachhaltige Ergebnisse und Optimierungen im Channel können nicht aus Machtpositionen Einzelner abgeleitet werden. Sie lassen sich nur erzielen, wenn alle Parteien gleichberechtigt kooperieren." Viele ITK-Händler werden eine solche Aussage als Wunschdenken abtun.
Keller: Das ist mir vollkommen klar. Wir werden dieses Thema nicht von einem auf den anderen Tag verändern können. Aber je mehr Unternehmen und Menschen im Channel das Bewusstsein haben, dass die subjektive Verbesserung dazu beiträgt, dass das gesamte Channel-System besser funktioniert, umso schneller haben wir eine Chance, etwas zu verändern. Dieser Prozess wird sich über Zeit erstrecken und der Schlüssel dazu, zu wissen, wie der andere Handelspartner funktioniert, steckt in dieser Ausbildung.
In Ihrem Ausbildungskonzept finden sich neun hochkarätige Redner wie Rudolf Aunkofer, International Marketing Director IT bei der GfK oder Hans-Dieter Wysuwa, Senior Vice President Corporate Channels, Fujitsu Technology Solutions. Wie lang hat es gedauert, die Referenten für die Ausbildung zu begeistern?
Keller: Die Referenten waren alle der Meinung, dass der Markt eine solche Ausbildung braucht. Jeder der angesprochenen Manager hat bereits beim ersten Gespräch zugesagt. Hans-Dieter Wysuwa hatte zum Beispiel schon im Vorfeld Überlegungen über den Aufbau einer idealen Handelsorganisation in der Zukunft in der Schublade.
Gibt es für die Kosten dieser Ausbildung einen Mengenrabatt, wenn mehrere Mitarbeiter des gleichen Unternehmens daran teilnehmen?
Keller: Es gibt auf alle Fälle Kostennachlässe bereits ab der zweiten Person.
Eine letzte Frage noch: Wieviele Standard-PCs (499 Euro) muss ein Hersteller verkaufen, um soviel zu verdienen, dass er davon einen Mitarbeiter zur Ausbildung "IT Channel Management" schicken kann?
Keller: (rechnet leise vor sich hin) . . . 20 Prozent hat er Marge - dann müsste er 65 PCs verkaufen.
Fakten
Dauer
- Unterricht: 13 Präsenztage
- Praxisprojekt: 10 Tage
- Abschlussprüfung
Abschluss
CAS (Certificate of Advanced Studies) Fachhochschule Nordwestschweiz in IT Channel Management. Der Abschluss umfasst zehn Leistungspunkte nach dem europäischen ECTS-Hochschulstandard.
Werden das Praxisprojekt und die Prüfung nicht abgelegt, erhält der/die Teilnehmer/in eine Bestätigung über die Teilnahme der Ausbildung.
Kursgebühr
9.700 CHF = 6.500 Euro
Daten
18. - 20. März 2010
15. - 17. April 2010
07. - 08. Mai 2010
10. - 12. Juni 2010
24. - 26. Juni 2010
Ort
München, IDG Medienhaus (Parkstadt Schwabing)
Weitere Informationen und Anmeldung
http://www.fhnw.ch/wirtschaft/weiterbildung/it-channel/it-channel