Standards fehlen

Kunden verzweifeln am Mobile-Payment-Wirrwarr

18.10.2013 von Christiane Pütter
Banken, Händler, Zahlungsdienstleister und Mobilfunkanbieter müssen sich in Sachen mobilen Bezahlsysteme an einen Tisch setzen und gemeinsame Standards entwickeln. Am derzeitigen Wirrwarr verzweifeln die Konsumenten.

von Christiane Pütter, CIO

Bis sich Mobile Payment in Deutschland flächendeckend durchsetzt, müssen alle Marktteilnehmer noch einiges tun.
Foto:

"Alle Marktteilnehmer sind überzeugt davon, dass Mobile Payment ein stark wachsender Markt ist." Das erklärt Frank Schipplick, Finanzexperte beim Hamburger Berater Steria Mummert. Die Marktteilnehmer sind in diesem Falle Banken, Handelsunternehmen, Zahlungsdienstleister und Mobilfunkanbieter. Schipplick sieht in punkto mobile Bezahlsysteme noch viel Arbeit auf alle Partner zukommen.

Es fehle vor allem an Standardisierung, so der Consultant. Die Praxis sieht in Deutschland momentan so aus, dass sich Händler im Alleingang an Mobile-Payment-Lösungen probieren. Der Discounter Netto beispielsweise hat eine eigene App entwickelt, die logischerweise nur in den eigenen Märkten funktioniert. Nach Angaben von Steria Mummert kaufen Deutsche im Schnitt jedoch in neun verschiedenen Geschäften ein, um den Bedarf an Konsumgütern zu decken. Wenn jeder Händler eine eigene App entwickelt, wird der Aufwand für den Verbraucher zu hoch.

Aus eben jenem Grund ist die Akzeptanz für Mobile Payment in Deutschland denn auch gering, so Steria Mummert. Schipplick fordert alle Beteiligten auf, Partnerschaften zu prüfen und gemeinsame Standards zu entwickeln.

Er vergleicht mobile Bezahlsysteme mit dem Werdegang der Kundenkarte. Diese stießen zunächst auf reges Interesse - bis die Begeisterung nachließ, weil es zu viele kleine individuelle Lösungen gab. "Es folgte eine Konsolidierung, bei der sich einige große Anbieter mit vielen Akzeptanzstellen wie beispielsweise Payback durchsetzten", erklärt Schipplick.

Der US-Marktforscher Gartner betrachtet das Thema aus einem globalen Blickwinkel. Im vergangenen Jahr hätten weltweit fast 201 Millionen Menschen mobile Payment-Services genutzt - 2013 sollen es 245 Millionen sein, so Gartner. In diesem Jahr wird nach Berechnungen der Analysten eine Summe von gut 235 Milliarden US-Dollar über mobile Bezahldienste transferiert (2012: 163 Milliarden). Insbesondere in der Region Asia/Pacific und in Afrika sei die Affinität zu dieser Art des Bezahlens hoch.

An der Relevanz solcher Zahlen für den deutschen Markt meldet Sascha Schwarz Bedenken an. Der Head of Business Transformation bei Infosys Deutschland sagte Ende Februar 2013 gegenüber cio.de: "Die Ursache für die zunehmende Verbreitung von Mobile Payment in Entwicklungs- beziehungsweise Schwellenländern liegt sicherlich darin begründet, dass die Bankeninfrastruktur nicht mit den entwickelten Ländern zu vergleichen ist." Viele Menschen dort hätten schlicht und ergreifend kein Bankkonto, besäßen jedoch ein Mobiltelefon. In Deutschland seien die Strukturen ganz anders. (rw)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der ChannelPartner-Schwesterpublikation CIO.

Das Wichtigste zum kontaktlosen Bezahlen
Das Wichtigste zum kontaktlosen Bezahlen
Einer nach dem anderen gehen Anbieter auf den Markt, die mit Einsteck-Modulen Smartphones und Tablets zu Kassengeräten machen. Sie wollen damit Kartenzahlungen auch in kleineren Unternehmen etablieren, wo man heute noch meist mit Bargeld zahlen muss.
Wie funktioniert kontaktloses Bezahlen?
Das kontaktlose Bezahlen funktioniert per Funk. Die Karten mit Girogo-, Paypass- oder Paywave-Technologie sind mit einem speziellen Chip (Near Field Chip) ausgestattet. Die Daten werden verschlüsselt mit dem Terminal an der Kasse ausgetauscht, wenn die Karte im Abstand von maximal vier Zentimetern davorgehalten wird. Der Inhaber gibt seine Kreditkarte oder Girocard dabei nicht aus der Hand.
Für welche Beträge ist das gedacht?
Vor allem für Kleinbeträge, die üblicherweise bar bezahlt werden: Tageszeitung, Kaffee. Nutzer neuartiger Visa- oder Mastercard-Karten können kontaktlos bis zu einem Betrag von 25 Euro ohne Geheimnummer (PIN) oder Unterschrift bezahlen. Liegt der Betrag darüber, sind PIN oder Unterschrift notwendig. Wer die SparkassenCard nutzt, muss - wie zuvor bei der Geldkarte - ein Guthaben von höchstens 200 Euro auf die Karte laden und kann dann Beträge bis 20 Euro kontaktlos bezahlen. Nächstes Jahr entscheidet die Kreditwirtschaft über höhere Summen.
Ist die Technik sicher?
Nach Angaben der Sparkassen werden beim Bezahlvorgang nur zahlungsrelevante Daten wie Betrag und Kartennummer ausgetauscht: "Es werden keine Kundeninformationen, keine Namen, an den Handel weitergegeben", sagt Werner Netzel, Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen-und Giroverbands. Visa führt aus, Zahlungen seien "besonders sicher". Weil nur noch der Chip und nicht der Magnetstreifen zum Einsatz komme, gebe es keine Chance für Kriminelle, die durch manipulierte Automaten Kartendaten abschöpfen. Auch Mastercard will die Sorge vor ungewollten Abbuchungen nehmen: Die Karte funktioniere nur, wenn sie sich im Abstand von höchstens vier Zentimetern vom Terminal befinde.
Wie kontrolliere ich meine Abbuchungen?
Auf der Karte mit Girogo werden die letzten 15 Bezahlvorgänge und die letzten drei Ladevorgänge gespeichert. Um sie auslesen zu können, brauchen die Kunden allerdings eine Applikation (App) für ihr Smartphone oder müssen einen Terminal im Handel aufsuchen. Bei Paypass und Paywave findet sich jede einzelne Buchung auf dem Kontoauszug.
Wie könnte die Entwicklung weiter gehen?
Die NFC-Technik kann auch in Mobiltelefone integriert werden - so wie es heute bereits Google Wallet nutzt. Mit einer speziellen Software könnte das Smartphone dann nicht nur die Geldbörse des Kunden, sondern auch den Kassenterminal des Verkäufers ersetzen. Auf diese Weise könnte man etwa bei Taxifahrern oder Paketboten mobil bargeldlos bezahlen.