Wie hat sich Ihr Geschäft mit Ihren Retail-Lösungen (Smart Retail Solutions) entwickelt?
Werner Schwarz, VP Corporate Strategy bei Cancom: Wir sehen bei unseren Kunden einen stetigen Wandel - weg von Inseltechnologien hin zu vernetzten und intelligenten Lösungen. Um das zu erreichen, wird die Omni-Channel-Strategie stetig ausgebaut. Der Trend geht im Handel dahin, die On- und Offlinewelt intelligent entlang der Customer Journey zu vernetzen, die Warenverfügbarkeit zu erhöhen und somit die Relevanz für jeden einzelnen Kunden zu steigern.
Datenbasierte Entscheidungen und Lösungen im stationären sowie Online-Handel spielen eine immer größere Rolle. Marketingaktivitäten und die Kundenkommunikation werden in Zukunft immer zielgerechter sein. Neben den klassischen IT Lösungen und Managed Services unterstützen wir unsere Kunden mit speziell auf den Handel ausgerichteten Technologien: Interactive Digital Signage in Verbindung mit standortbasierten Diensten, digitale Preisschilder, In-Store-Promotionen via Kunden-Apps, Instore-Analytics, interaktive Videoberatung sowie Customer Services und Chatbots - um nur einige Beispiele zu nennen.
Wie stark hat die Corona-Pandemie den vertikalen Markt "Retail" belastet und welche Lösungen zur Digitalisierung des stationären Handels waren dort daher besonders gefragt?
Werner Schwarz, Cancom: Die Corona-bedingten Einschränkungen im stationären Einzelhandel haben den Markt natürlich belastet und es mussten kurzfristig neue Konzepte geschaffen werden, um sich den aktuellen Gegebenheiten anzupassen. Das Konsumverhalten hat sich mit Öffnung des stationären Einzelhandels wieder etwas normalisiert. Die Menschen nutzen gerne wieder die Möglichkeit lokal einkaufen zu gehen. Trotzdem wird auch in Zukunft das Online-Geschäft einen erheblichen Anteil der Umsätze ausmachen und weiter stark wachsen.
Diese Verlagerung in Richtung E-Commerce hat sich bereits in den letzten Jahren abgezeichnet, die Pandemie hat den Trend nochmal beschleunigt. Der Handel begegnet dieser Entwicklung mit umfassenden Omni-Channel-Strategien, wo wir als Digitalisierungspartner entlang der gesamten Customer Journey unterstützen. Daneben sehen wir eine stark gestiegene Nachfrage nach standardisierten Managed Services, XaaS und Cloud-basierten Services. Diese erhöhen die Flexibilität und Agilität des Handels, um damit schneller auf Veränderungen des Marktumfelds, der Kundennachfrage oder des Geschäftsmodells reagieren zu können.
Wo liegen Ihrer Meinung nach die die größten Defizite des stationären Einzelhandels?
Werner Schwarz: Egal ob online oder im Store vor Ort - Kunden möchten persönlich angesprochen werden und für sie relevante Informationen in Echtzeit erhalten. Das nahtlose Einkaufserlebnis auf allen Kanälen mit einem ganzheitlichen Ansatz spielt hier für die Customer Experience eine wichtige Rolle. Lokal steht vor allem das Shopping-Erlebnis mit dem entsprechenden Service und Komfort im Vordergrund. Dazu gehören, ein durchdachtes Ladenkonzept, das den Kunden ermöglicht, sich schnell und bequem zu orientieren, kompetentes Fachpersonal sowie schnelle und einfache Bezahlmöglichkeiten. Wichtig ist, dass die Kunden nur Lösung akzeptieren und nutzen, die ihnen einen spürbaren Vorteil bieten. Hier ist noch viel Potential nach oben.
Was muss Ihrer Ansicht nach geschehen, damit der stationäre Handel (über sämtliche Branchen hinweg) gegenüber der Online-Konkurrenz bestehen kann?
Schwarz: Viele Händler haben an ihrer Strategie gearbeitet, um Kundenbeziehungen auch außerhalb des Ladens zu pflegen. Sie haben Online-Shops eingeführt, ausgebaut oder verbessert und neben Click & Collect auch weitere Online-Kundenservices entwickelt. Zudem geht der Trend dahin, Kunden auch in lokalen Stores verstärkt Online-Shopping-Möglichkeiten zu bieten. Aber es gestaltet sich auch andersrum: Viele Kunden kaufen zwar online, haben sich das Produkt jedoch vorher offline im stationären Einzelhandel angesehen und womöglich getestet. Im Nachgang wird er dann wiederrum offline mit Afterservices unterstützt. Grundsätzlich sollte der stationäre Handel die Vorteile einer persönlichen und direkten Kundenansprache mit den digitalen Möglichkeiten innerhalb und außerhalb des Shops zu einem Kundenerlebnis kombinieren.
Wie wird Ihrer Meinung nach ein moderner PoS im Jahre 2025 aussehen und was wird er dann seinen Kunden anbieten? Oder wird sich der PoS zum reinen Showroom entwickeln, in dem Kunden die gewünschten Waren nur betrachten und dann online bestellen?
Schwarz: Der Trend geht weg von Quantität hin zu Qualität. Wir sprechen dabei von wenigeren und kleineren Filialen mit höherer Qualität in Form einer gesteigerten Customer Experience. Es wird sich dabei um eine Mischform aus Showroom mit persönlicher Beratung und normaler Ladenfläche handeln. AI und Omni-Channel-Lösungen werden die Unternehmen dabei unterstützen, die relevanten Waren vor Ort zu haben und den besten Service für den Kunden zu bieten. Kundenbindungsprogramme - eigene oder Multipartnerprogramme wie PAYBACK - werden die Kunden- und Markenbindung weiter stärken und zusätzliche Mehrwerte bieten. Der Direktvertrieb von Hersteller zu Consumer wird stetig ausgebaut.
Eine persönliche Frage zum Schluss: Gehen Sie gerne im stationären Handel einkaufen, oder bevorzugen sie Online-Shops? Was würden Sie sich als Kunde vom stationären Handel wünschen?
Schwarz: Ich gehe sehr gerne stationär einkaufen, speziell wenn ich neue Anregungen oder Beratung suche. Auf der anderen Seite genieße ich die Vorteile des E-Commerce. Ich nutze z.B. gerne Click & Collect-Angebote. Wünschen würde ich mir eine größere Verknüpfung zwischen Online- und Offline-Shopping. So würde ich mir beim Kauf eines neuen Fahrrads das Produkt gerne in Ruhe online ansehen und mich informieren, offline Probefahren, online kaufen und offline zum Service bringen können. Beide Welten - online wie offline - haben klare Vorteile, die so perfekt miteinander verzahnt werden können.