Viele Kunden erliegen der Versuchung, sich beim Fachhändler im Laden ausgiebig beraten zu lassen - sei es zum neuen Handy, zu Turnschuhen oder zur Waschmaschine - und dann im Internet zuzuschlagen, zum günstigeren Preis der Online-Konkurrenz. "Showrooming" nennen Marktforscher dieses Phänomen - der Handel spricht lieber von "Beratungsklau". In Zeiten internetfähiger Handys ärgern sich immer mehr Ladenbesitzer darüber. Denn nun beginnt der Preisvergleich schon am Regal.
von Burkhard Fraune, dpa
"Natürlich ist das für einen stationären Händler keine schöne Situation", sagt Stefan Hertel, Sprecher des Handelsverbands Deutschland. "Er investiert in sein gut ausgebildetes Personal, und am Ende kauft der Kunde woanders."
Beraten lassen im Laden, kaufen im Netz - das haben vier von fünf Internetnutzern zumindest einmal schon gemacht, ergab eine Umfrage des Beratungsunternehmens SMP. TNS Infratest kommt auf zwei Drittel der Handy- und Smartphone-Nutzer. Oft entscheiden sie sich im Netz dann für ein Angebot der Konkurrenz.
Besonders betroffen: Elektronikanbieter wie Media-Markt, Saturn und Conrad, deren Angebote vom Fernseher bis zur Festplatte oft auch bei anderen Händlern erhältlich sind. Modehändler mit eigenen Marken wie H&M oder C&A trifft der "Beratungsklau" laut SMP dagegen weniger - ihr Angebot ist anderswo kaum zu haben.
"Showrooming" reduziere Einzelhandelsgeschäfte zu verlustbringenden Vitrinen, heißt es bei TNS. Die Marktforscher sprechen jedoch vom Fluch und vom Segen zugleich. Bei der Media-Saturn Holding in Ingolstadt bleibt man denn auch gelassen. "Wir haben umgekehrt viele Kunden, die sich vorab online informieren und die dann im Laden kaufen", sagt eine Sprecherin. "Der Kunde wird immer hybrider."
Läden verkommen zu Showrooms
Das bestätigt eine Untersuchung des E-Commerce Center Köln (ECC). Vor jedem dritten Kauf im stationären Handel hat der Kunde demnach in Online-Shops gestöbert - umgekehrt war es nur jeder neunte. Media Markt und Saturn versuchten deshalb, Verbraucher auf allen Kanälen anzusprechen: mit stationären Läden und im Internet.
Gerade kleine Händler dürften aber Schwierigkeiten haben, einen Online-Shop aufzubauen. Und ohne weiteres sind die Kunden auch damit nicht zu halten, meint der österreichische Computerhändler Damian Izdebski. Produktauswahl und Preise müssten sich online und offline gleichen, der Preis müsse darüber hinaus mit der Konkurrenz zumindest mithalten können, schreibt Izdebski in seinem Blog. "Auch bei uns wandern Kunden in den Onlineshop ab, aber zumindest in den eigenen."
Auch der Handelsverband betont eher die Chancen. "Es ist keine Einbahnstraße", sagt Sprecher Hertel. "Wir sehen es nicht so, dass der stationäre unter dem Online-Handel leidet." Mit gut verknüpften Angeboten auf beiden Kanälen ließen sich zusätzliche Kunden locken. Hertel verweist darauf, dass inzwischen Händler, die im Netz gestartet waren, auch feste Läden eröffnen: sei es Notebooksbilliger.de oder Zalando. (dpa/rw)