Cloud Hosting im E-Commerce

Kunden in die Cloud bringen

27.10.2017 von Marc Becker
Nachdem sich der Kunde für die Cloud entschieden hat, und die Cloud-Strategie festgelegt ist, geht es anschließend darum, eine Anforderungsanalyse durchzuführen, einen Systementwurf anzufertigen und schlussendlich die Cloud-Infrastruktur einzurichten und zu testen.

Das klingt alles recht trivial und ähnelt stark der Vorgehensweise bei einem dedizierten Hosting, allerdings gibt es einige besondere Punkte auf die in einer Cloud-Umgebung zu achten ist.

Anforderungsanalyse und -erfassung

In enger Absprache mit dem Kunden muss im Rahmen der Anforderungsanalyse geklärt werden, was seine Anforderungen sind. Eine bestehende Forderung des Kunden ist immer ein performantes, skalierbares System zu guten preislichen Konditionen. Um diese Anforderung im späteren Systementwurf zu berücksichtigen, hilft es, Kennzahlen aus einem bereits bestehenden Hosting heranzuziehen (Besucheranzahl, Anzahl der Bestellungen, leistungsstarke und -schwache Zeitfenster, usw.).

Nachdem sich der Kunde für die Cloud entschieden und sine Strategie festgelegt hat, geht es in die Anforderungsanalyse.
Foto: ESB Professional - shutterstock.com

Gibt es noch kein Hosting oder wurden die genannten Daten nicht erfasst, dann hilft Erfahrung und ein mutiger Blick in die Kristallkugel. In einer Cloud-Umgebung ist dies dank der sehr guten Skalierbarkeit problemlos möglich. Man startet mit geschätzten Werten und kann entsprechend der Auslastung die Ressourcen anpassen. Bei einem dedizierten Hosting besteht meistens eine Mindestvertragslaufzeit für eine definierte Leistung, die eine Ressourcenreduzierung der Infrastruktur verbietet. Eine Aufstockung der Hardware ist durch Zukauf von Komponenten, manchmal von ganzen Servern, zwar möglich, allerdings meist nicht wirtschaftlich.

Lesetipp: Wie der Channel erfolgreich ins Cloud-Business einsteigen kann

Neben den bereits bestehenden und bekannten Anforderungen sind auch die zukünftigen Anforderungen zu berücksichtigen. Die zukünftigen Anforderungen können zum Beispiel eine Internationalisierung des Shops und damit verbunden eine Expansion in verschiedene Länder sein. Dies sollte bei dem Systementwurf berücksichtigt werden und Cloud-Instanzen in verschiedene Regionen (unterschiedlichen Standorten) geplant sein. Der Zugriff auf den Shop wird immens beschleunigt, wenn der Server direkt vor der Haustür des Kunden steht und nicht am anderen Ende der Welt.

Systementwurf und Systemarchitektur

Ist die erste Phase der Anforderungsanalyse und -erfassung abgeschlossen, gilt es die dort gewonnenen Erkenntnisse zusammenzufassen und in einem Systementwurf sinnvoll zu verarbeiten.

Instanzen

Wie beim klassischen Hosting mit dedizierten Systemen muss man auch Cloud-Instanzen mit Ressourcen bestücken (CPU, Arbeitsspeicher, Festplattenspeicher). Allerdings müssen hierbei die Möglichkeiten der automatischen Skalierung berücksichtigt werden. Dimensioniert man die Instanzen mit viel Arbeitsspeicher und CPU-Leistung, dann müssen bei Lastspitzen nur wenige weitere Instanzen generiert werden.

Bei nicht so stark frequentierten Zeiten dagegen liegen nicht benötigte Ressourcen ungenutzt herum und müssen bezahlt werden. Eine Bestückung mit wenig Arbeitsspeicher und wenig CPU-Ressourcen bedeutet, dass bei Anstieg der Benutzerzahlen sehr schnell neue Instanzen generiert werden. Nachdem diese fertig generiert wurden, müssen diese neuen Instanzen ins Load-Balancing aufgenommen werden. In Summe reden wir hier von ca. 20 bis 30 Sekunden, in denen der Shop langsam ist.

Steigt die Besucherzahl kontinuierlich weiter an, so ist es wahrscheinlich, dass der Cloud-Dienst mit der Generierung neuer Instanzen nicht mehr hinterherkommt. Allerdings liegen hier auch keine ungenutzten Systemressourcen brach. Es ist also entscheidend, ein gesundes Mittelmaß zwischen Performance und Wirtschaftlichkeit zu finden.

Dienste

Neben den Instanzen gibt es auch noch Dienste, die genutzt werden können. Um beispielsweise bei einem E-Commerce-Hosting eine Datenbank zur Verfügung zu stellen, könnte man eine Instanz aufsetzen, diese mit einem Betriebssystem bestücken und eine Datenbank installieren. Dies steht aber im Widerspruch zum Ansatz einer Cloud. Bei einem Fehler des MySQL-Dienstes würde die Datenbank-Verbindung hängen, und der Shop wäre nicht erreichbar. Somit ist der Shop nicht ausfallsicher dimensioniert.

Nutzt man hingegen zum Beispiel den RDS-Dienst von Amazon AWS oder den SQL-Dienst von Microsoft Azure, so wird der MySQL-Dienst von mehreren Systemen bereitgestellt. Bei Ausfall des Dienstes auf einem System, springt ein zweites System ein und übernimmt den Dienst, ohne dass es zu einem Ausfall kommt. Auch unterstützt der Amazon Dienst im Gegensatz zur Instanz automatisierte, vertikale Skalierung (scale up).

Channel meets Cloud 2017 - Impressionen
Willkommensgruß kurz vor dem Einlass in den großen Saal
Dr. Ronald Wiltscheck begrüßt die Gäste.
"Born in the Cloud" Provider Stefan Zenkel (Geschäftsführer, aConTech Enterprise IT-Solutions) begeisterte mit seiner Keynote "Was kommt nach der Wolke 7?" die Zuhörer.
Ayhat Aslan (Prokurist, IT-Compliance Contract Governance Services bei KPMG) zeigte, wie das Geschäftsmodell mitSAM - Lizenzmanagement as Managed Services funktioniert.
Bernd Hirschmeier (Senior Consultant bei bükotec) schilderte die Implementierung einer Cloud-Infrastruktur in einem Forschungskrankenhaus
Naim Sassi (Vertriebsleiter bei NETGO) diskutierte mit den Teilnehmern, warum Digitalisierung ohne Cloud nicht funktioniert.
Marcus Bengsch (Business Director Managed Cloud & Software Services bei ahd) in der Panel-Diskussion zum Thema "Brauche ich ein Cloud-Portal als Schnittstelle zum Kunden?"
In der Panel-Runde zu diesem Thema brachte Nils Schmidt (Division Marketing Business Productivity bei Axians IT Solutions) seine Erfahrungen zum Cloud-Portal ein.
Das Experten-Panel mit Anton Braun (Geschäftsführer von BIZTEAM), Friedrich Holstein (Geschäftsführer von Honaco) und Florian Wanner (Geschäftsführer von Kite Consult) teilten mit den Zuhörern ihre Methoden, mit denen Sie Zugang zu den relevanten Entscheidern beim Kunden finden.
Michael Illig (Geschäftsführer der bükotec e.K.) stellte im Workshop seine Methoden zum erfolgreichen Verkauf von Managed Services & Cloud Diensten vor.
Rundgang durch die Ausstellung im Foyer
Priska Nemecek von Autotask im Gespräch mit einem Partner.
Experten-Panel (v.l.): Uwe Kannegießer (GoTo Market Bereichsleiter, teamix), Oliver Lorenz, (Geschäftsführer bei Dögel IT-Experts) und Martin Hoerhammer (CEO der Medialine EuroTrade) stellten ihre Methoden zur Frage: "Wie schaffe ich einen kompetenten Sales für Cloud & Managed Services?" zur Diskussion.
Wissensdurstige Zuhörer
Max Pfister (Geschäftsführer von niteflite networxx) zeigte im Workshop Schritt für Schritt, wie man Managed Services gewinnbringend kalkuliert.
Rundgang durch die Ausstellung im Foyer
Martin Michael (CEO, Savecall ict solutions) zeigte an Praxisbeispielen, wie man Bereitstellung, Abrechnung und Reporting unterschiedlicher Cloud- und Managed-Services managt.
Priska Nemecek von Autotask erläutert die Kernthemen von Autotask und kündigt den Workshop von Max Pfister an.
Martin Welz (Channel Sales Manager der Broadsoft Germany / finocom AG) erörterte im Workshop die aktuelle Situation auf dem TK-Markt und die Chancen, die daraus für den Channel mit Telefonie- und UC-Lösungen aus der Cloud erwachsen.
Maik Wetzel von Eset verdeutlicht, warum Managed Service Provider sich unbedingt mit den ab 2018 gültigen EU Datenschutzgrundverordnung befassen sollten.
Dirk Frank von Brainware ermunterte Partner, das Thema Lizenz- und Lifecylce Management für sich zu entdecken.
Networking am ecatcom-Stand
Uwe Rehwald von Kaspersky erläuterte die Chancen, die im Managed Security Service Geschäft für Partner stecken.
Rundgang durch die Ausstellung im Foyer
(v.l.): Björn Friedrich (Geschäftsführer von Fachin & Friedrich) und René Claus (Busin. Dev. Manager MSP & Cloud DACH bei Eset) durchforsteten im Workshop mit den Teilnehmern die Chancen, Risiken und Gewinner der Security Service Trends 2017.
Rundgang durch die Ausstellung im Foyer
Christian Forjahn (Leiter Team Azure bei aConTech) und Andreas Schober (Geschäftsführer von aconitas) zeigten im Workshop ihre Maßnahmen zur Skalierung von Managed Services und Cloud-Diensten.
Moderator Hannes Beierlein eröffnet den von Michael Illig (Geschäftsführer der bükotec) geleiteten Workshop zum Thema: "Wie verkaufe ich erfolgreich Managed Services & Cloud-Dienste?"
Thomas Muschalla von NFON ermutigte die Partner, das Thema UCC anzupacken.
Lennart Passig (IT-Architect) und Markus Klein (Senior IT Architect) bei Orange Networks machten im Rollenspiel sehr anschaulich die unterschiedliche Perspektiven von Devs- und Ops-Verantwortlichen deutlich. Als Beispiel diente ein konkretes Projekt zum Onboarding einer Hybrid Cloud, das beide derzeit bei einem deutschen Konzern umsetzen.
Im Workshop entwickelten die beiden alternative Möglichkeiten des Kunden-Onboardings für Hybrid & Public-Cloud-Szenarien.
Gerry Steinberger von HPE gab Partnern einen sehr griffigen Überblick über das breite Portfolio des Herstellers.
Marcel Bücker (Consultant IT-Infrastruktur bei netgo) zeigte Wege, um Skalierbarkeit, Kosteneffizienz und Management unter einen Hut zu bekommen und warf mit den Teilnehmern einen Blick in das Thema Plattform-Design, Lösungsansätze, technische Architekturen und ihre Herausforderungen..
Rundgang durch die Ausstellung
Die Partner waren in allen Sessions rege dabei, stellten Fragen und diskutierten.
Uwe Rehwald (Major Channel Partner Manager Germany bei Kaspersky) diskutierte mit den Teilnehmern über ihre Bedürfnisse an und Erfahrungen mit Cloud- und Managed IT Service Lösungen.
Kim Nis Neuhauss (CEO & Principal Consultant von Bright Skies) verdeutlichte in seiner packenden Keynote, warum und wie sich Systemhäuser transformieren müssen.
In seiner mitreißenden Keynote machte Marc Frank (Leiter Security Solutions von IT sure) klar, warum die IT-Branche an der IT-Unsicherheit selber Schuld ist - und wo jeder Partner ansetzen kann, um das zu ändern.

Bei Azure ist die vertikale Skalierung einer Instanz zwar automatisierbar, aber auch hier wird im Hintergrund die virtuelle Maschine gegen eine andere Instanz ausgetauscht und abschließend zerstört. Sind also die Systemressourcen des Datenbank-Hosts nicht mehr ausreichend, muss eine neue Instanz erstellt werden. Ein weiterer, nicht zu verachtender Vorteil ist, dass meistens keine Backups geplant werden müssen. Die Sicherung der Daten wird bei den angebotenen Diensten in der Regel vom Anbieter vorgenommen.

Lokale Verteilung

Steht die grundlegende Dimensionierung der Instanzen und ist die Nutzung von Diensten definiert, folgt die Aufteilung in Regionen und Subnetze. Zu berücksichtigen sind hierbei die benötigten Schnittstellen zu Dienstleistern, eventuell nötige Anbindungen über das Internet und der Verwaltungszugriff auf die Instanzen und Dienste. Soll der Shop in anderen Kontinenten ebenfalls verfügbar sein, lohnt sich eventuell eine Bereitstellung der Instanzen in verschiedenen Regionen. In diesem Fall sollte man die Auslieferung von statischen Daten über ein "Content Delivery Network" (CDN) in Betracht ziehen. Natürlich gibt es noch weitere Faktoren, wie z. B. eine enorm große Anzahl an Media-Daten, die ein CDN rechtfertigen.

Einfach oder komplex?

Ist der Systementwurf soweit fertiggestellt und steht die benötigte Infrastruktur fest, so kann man mit der Auswahl eines Anbieters beginnen. Bei einfachen Infrastrukturen und Konzeptionen ist ein Anbieter wie z. B. platform.sh sicherlich eine gute Option. Hier wird vom Anbieter eine weitere Abstraktionsschicht eingebaut, also eine Art Werkzeugkasten, um eine Cloud-Infrastruktur möglichst einfach aufzubauen. Eine weitere Abstraktionsschicht bedeutet immer geringeren Aufwand durch eine Vereinfachung, allerdings auf Kosten der möglichen Ausbautiefe der Infrastruktur.

Lesetipp: Wie die Hersteller den Channel im Cloud-Business unterstützen

Über eine Beschreibungssprache wie YAML werden die Infrastruktur und die benötigten Instanzen umfassend beschrieben, so dass der Anbieter ein automatisiertes Deployment durchführen kann. Vorteil einer solchen Lösung ist, dass auch Entwickler kleinere Änderungen vornehmen können und nicht jedes Mal ein System-Administrator benötigt wird. Erkauft wird sich diese Einfachheit durch eine Einschränkung in der Komplexität. Nicht alle Infrastrukturen lassen sich so abbilden.

Werden komplexere Infrastrukturen benötigt, so muss man einen Anbieter sogenannter IaaS-Lösungen (IaaS = Infrastructure as a Service) auswählen. Auch hier kann man Teilbereiche automatisieren, der Aufbau der Infrastruktur muss jedoch teilweise manuell erfolgen und ist weitaus komplexer. Damit sind aber auch die Möglichkeiten vielfältiger. Nach der Auswahl des Hosting-Anbieters kann man den Systementwurf detaillierter gestalten und die Feinplanung durchführen. Dabei darf auch das Überwachen der Infrastruktur nicht vergessen werden. Die meisten Anbieter bieten hierzu aber entsprechende Dienste an.

Ebenfalls wichtig und beim Systementwurf zu berücksichtigen, ist der Rollout von neuen Versionen der Anwendung. Da nun gegebenenfalls weltweit verteilt verschiedene Instanzen und Dienste betrieben werden, müssen natürlich eine automatische Erfassung und ein Ausrollen auf alle Systeme möglich sein. Die neue Version muss zudem auch für jede neu generierte Instanz vorgehalten werden. Und schließlich muss es eine Rollback-Strategie geben, falls ein Deployment doch einmal fehlschlägt.

Zum Video: Kunden in die Cloud bringen

Einrichtung und Test der Infrastruktur

Ist der Systementwurf abgeschlossen und ein Hosting-Anbieter gewählt, erfolgt der Aufbau der Infrastruktur. Sollte man keinen Anbieter mit einer Abstraktionsschicht gewählt haben, ist eine Automatisierung anzuraten.

Die letzte aber keinesfalls zu vernachlässigende Aufgabe ist das Testen der Infrastruktur. Man sollte die zu erwartenden Besucherzahlen simulieren, um zu sehen, wie sich das System unter realen Bedingungen verhält. Auch hier lohnt sich die Nutzung eines zusätzlichen Cloud-Anbieters, der die entsprechenden Ressourcen bereitstellt, um das Testen von einer externen Quelle zu simulieren.

Fazit

Ein Cloud-Hosting bietet weit mehr Möglichkeiten als ein dediziertes Hosting. Damit verbunden ist allerdings auch ein Anstieg der Komplexität. Umso wichtiger sind eine akribische Anforderungserfassung und ein Systementwurf, die möglichst vollständig sind und viele Ausbaustufen zulassen. Arbeitet man hier mit einem kompetenten Partner zusammen, kann man mit seinem E-Commerce-Auftritt die ganze Welt erobern. (rw)

Lesetipp: Wie der Channel bereits erfolgreich in der Cloud agiert