Der deutsche E-Commerce-Markt wächst auch 2015 weiter. Laut einer internationalen Studie von Deals.com und dem Centre for Retail Research, sollen dieses Jahr 52,8 Milliarden Euro im Online-Handel umgesetzt werden. Das wären mit knapp 10 Milliarden Euro 23,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Diese Wachstumsraten zeigen, dass Verbraucher vermehrt im Netz einkaufen gehen - und anspruchsvoller werden.
Im Kampf um Marktanteile müssen sich Online-Händler mit positiven Kauferfahrungen ihrer Kunden auseinandersetzen. Durch den Fokus auf eine lückenlose Customer-Experience (CX) werden auch Usability- und User-Experience (UX) von Websites zunehmend wichtiger. Endlich, wie einige UX-Experten behaupten. Für sie ist schon lange klar, warum es sich lohnt, in UX zu investieren. Bisher scheiterten sie alleine an Präferenzentscheidungen der Führungsebene.
Quo vadis, E-Commerce?
Für Geschäftsführer digitaler Unternehmen stellt sich die Frage, wie sich der Erfolg von Usability- und UX-Projekten messen lässt, um Investitionen zielgerecht zu tätigen. Strategisches UX-Management schafft hier Abhilfe. Dazu gehört es, relevante Geschäfts-KPIs (Key Performance Index, Leistungskennzahl) zu bestimmen und kontinuierliche Usability-Tests und Nutzerstudien durchzuführen. So lässt sich die Performance der zuvor gewählten KPIs vor und nach den Tests messen und vergleichen.
Bei der Frage, worin sich der ROI von UX bemerkbar macht, tauchen alte Bekannte auf: Conversion-Rate und Warenkorbgrößen-Optimierung, Cross- und Upselling-Potential, Kundenbindung, Neukundengewinnung, Wettbewerbsvorteile und Vergrößerung der Marktanteile. Diese typischen Kennzahlen digitaler Unternehmen werden von User-Experience beeinflusst. Deshalb ist UX in den letzten Jahren zur strategischen Stellschraube für den Geschäftserfolg geworden.
1. KPI-Stellschraube: Wettbewerber analysieren
Zum UX-Management gehörende Online-Nutzerstudien, wie Usability-Tests und Nutzerbefragungen, haben einen großen Vorteil gegenüber Web-Analytics und A/B-Testing: sie sind auch auf Wettbewerberseiten möglich. Entdeckt ein Mobilfunkanbieter etwa bei einem Konkurrenten einen neuen, interaktiven Tarifrechner, kann er mithilfe aufgabenbasierter Studien Nutzer bitten, diesen zu testen und Feedback zu geben.
Eine Aufgabe könnte lauten: "Berechnen sie die monatlichen Kosten für einen Vertrag inklusive iPhone 6." Die Erfolgsraten bei der Aufgabe und das dazugehörige Nutzerfeedback zeigen dem Mobilfunkanbieter, wie gut das Konkurrenzprodukt funktioniert. Dank dieser Erkenntnisse spart er Entwicklungszeit und Kosten und kann ein eigenes, deutlich besseres und kundenfreundlicheres Angebot entwickeln.
2. KPI-Stellschraube: Conversion-Rate optimieren
Ein bekanntes Zitat der führenden UX-Beratungsfirma Human Factors International lautet: "If the User can't find it, it doesn't exist." In dem Seitenbetreiber Nutzer Navigationsführung, Filter und Suchprozesse testen lassen und um ihre Meinung bitten, identifizieren sie Buchungsbarrieren und Usability-Schwächen. Je einfacher und intuitiver potentielle Kunden Produkte und Informationen finden, desto wahrscheinlicher kaufen sie auf der Seite ein. Konversionsraten nehmen zu und mit ihnen die Größe von Warenkörben.
3. KPI-Stellschraube: Kunden binden
In der deutschen E-Commerce-Landschaft gleichen viele Webshops einander, Angebote scheinen austauschbar und Wettbewerber sind nur wenige Klicks entfernt. Wiederkehrende Kunden sind für jeden Shop wichtig. Wer aus Einmal-Usern Stammkunden macht, optimiert Umsätze besonders nachhaltig. Der Umsatz pro Besuch ist bei Stammkunden bis zu 7-fach höher als bei Erstkunden.
Dies geht aus einer globalen Adobe-Studie hervor. Innerhalb einer Online-Nutzerstudie lässt sich über die Frage: "Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie diese Seite Freunden und Kollegen empfehlen?" gezielt herausfinden, wie zufrieden Besucher mit einem Angebot sind. Mittels des so genannten Net-Promotor-Scores haben Betreiber die Möglichkeit, die Zufriedenheit potentieller Kunden kontinuierlich zu messen und auf Änderungen mit entsprechenden Kundenbindungsmaßnahmen zu reagieren.
4. KPI-Stellschraube: Kosten senken
ROI entsteht nicht nur aus steigenden Gewinnen, sondern auch, indem man Kosten einspart. Wie kann UX-Management hier helfen? Prinzipiell gilt: Je einfacher und klarer eine Website zu bedienen ist, desto geringer ist der analoge Support-Aufwand. So sparen Anbieter Ressourcen im Kunden-Service. Gleichzeitig sollte UX- Management möglichst früh in Entwicklungsprozessen ansetzen.
Es lohnt sich, bereits in der Konzeptphase von Produkten, die Nutzer die Seiten und Produkte testen zu lassen, um diese kontinuierlich zu optimieren und Folge-Kosten zu vermeiden. Der Software-Ingenieur Roger S. Pressman sagt dazu: "Für jeden Dollar, der für die Poblemlösung eines Produktes in der Design-Phase investiert wurde, müsste man in der Entwicklungsphase 10 Dollar und nach dem Produkt-Launch gar 100 Dollar zahlen."
Strategisch, statt sporadisch Tests durchzuführen
Kontinuierliches UX-Management bildet auch das Herzstück von Customer- Experience-Management. Das kanadische Beratungshaus Watermark Consulting zeigt in einer Studie: Unternehmen, die in den vergangenen sieben Jahren in Customer-Experience investiert haben, performen über 25 Prozent besser am Aktienmarkt als der S&P 500 Index.
Konzerne, die dagegen keine kontinuierliche CX-Optimimierung durchgeführt haben, erleiden sogar Verluste. Von weniger Kaufabbrüchen bis hin zu reduzierten Support-Kosten und optimierten Conversion-Rates, die ROI-Rechner von Human Factors International bieten hilfreiche Rechenvorlagen. Die erhaltenen Daten lassen sich anschließend über ein UX- Management-Dashbord darstellen, wodurch der Return-on-Investment (ROI) der UX-Investition sofort sichtbar wird. (rw)