KI im Recruiting

Künstliche Intelligenz - Chance oder Risiko?

24.03.2021 von Sebastian von Rabenau  IDG ExpertenNetzwerk
Der Einsatz von KI in der Personalbeschaffung wird weiter zunehmen. Doch es gibt einige Dinge zu beachten, damit die Ergebnisse auch zu Erfolgen führen. Mit sorgfältiger Vorbereitung und kontinuierlicher Überprüfung kann sich der Einsatz lohnen.

Um die Antwort auf die aufgeworfene Frage im Titel direkt vorwegzunehmen: Künstliche Intelligenz im Recruiting ist sowohl Chance, als auch Risiko. Denn während die Automatisierung von Bewerbungsprozessen Effizienzgewinne mit sich bringt und das Potenzial hat, ein diskriminierungsfreieres Setup zu schaffen, birgt sie gleichzeitig das Risiko, Bewerbende im Bewerbungsprozess zu verlieren, weil sie entweder den menschlichen Kontakt vermissen und irgendwann abbrechen, oder durch falsch interpretierende Algorithmen aussortiert zu werden. Um diesen Spagat zu meistern, muss eine eingesetzt KI permanent überwacht und angepasst werden.

Ein rudimentärer Einsatz von künstlicher Intelligenz kann im Bewerbungsprozess dort Zeit sparen, wo es um einfache - nicht zu interpretierende - Arbeitsabläufe geht.
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Es gibt kaum mehr eine technikaffine Personalabteilung, die sich noch nicht mit dem Thema künstlicher Intelligenz beim Recruiting auseinandergesetzt hat. In vielen Unternehmen ist rudimentäre KI sogar bereits im Einsatz, zum Beispiel wenn es darum geht, Unterlagen von Bewerbenden automatisiert in ein Trackingsystem einzuspielen, bzw. zu parsen. Dort wo KI nur Arbeitsschritte übernimmt, die keine wesentliche Interpretation erfordern, sind die Vorbehalte von Unternehmen und Bewerbenden überschaubar.

Deutlich mehr Skepsis haben beide Seiten, wenn die KI dabei auch substanzielle Entscheidungen im Rahmen des Einstellungsprozess übernehmen soll. Mögliche Anwendungsgebiete sind zum Beispiel

Pro & Contra des Einsatzes von KI in der Personalbeschaffung

Unternehmen erhoffen sich verschiedene Vorteile vom Einsatz von KI in der Personalbeschaffung:

Gleichzeitig birgt der Einsatz von KI auch diverse Risiken. Eines davon ist bereits die Skepsis von Bewerbenden selbst. Denn durch den Einsatz von KI als ersten Gatekeeper können Bewerbende abgeschreckt werden, wenn sie ihre Chancen durch die KI geschwächt sehen oder ab einem bestimmten Punkt den Kontakt mit dem Unternehmen als zu unpersönlich empfinden. Manche Bewerber empfinden den Einsatz von KI zudem als implizite Unterstellung, sie würden in Gesprächen und Assessment Centers nicht transparent und aufrichtig agieren und erforderten daher eine stärkere Kontrolle.
Gleichzeitig können Bewerbende - gerade solche mit einem hohen Verständnis der Funktionslogik von KI - die Software auch manipulieren, zum Beispiel durch vorgeschriebene Texte bei einer Sprachanalyse oder durch die gezielte Überladung von Bewerbungsunterlagen mit relevanten Stichwörtern und Formulierungen. Außerdem müssen besonders selbstbewusste und verbindliche wirkende Bewerbende nicht hinterher auch tatsächlich die beste Performance liefern, während gut geeignete Bewerbende aufgrund formaler Kriterien möglicherweise unberücksichtigt bleiben.

Darüber hinaus birgt auch die KI selbst bestimmte Risiken. Bestes Beispiel ist der Einsatz eines eigenentwickelten KI-Tools bei Amazon in 2018: Hier wurden grob gesagt Lebensläufe und Onlineprofile nach einer Vielzahl von Schlüsselbegriffen durchsucht und ein Ranking daraus erstellt, das dann eine optimale Einstellung gewährleisten sollte. Datenbasis dafür waren die Lebensläufe und Einstellungsentscheidungen der bestehenden Mitarbeitenden der letzten zehn Jahre. Folglich replizierte das System bestehende Vorurteile der Vergangenheit und diskriminierte im Ergebnis Frauen bei der Empfehlung für Führungspositionen. Amazon stellte das Projekt daraufhin ein.

Zudem ist KI immer nur so leistungsfähig wie ihre Datenbasis. Doch wie viele Datensätze sind eigentlich nötig, um weiche Faktoren, wie zum Beispiel die Übereinstimmung mit der Unternehmenskultur zuverlässig zu bemessen? Ebenfalls kann KI durch den Einsatz manipulierter Daten, wie z.B. Trolling, angepasster Präsentationen etc., zunehmend zu falschen Interpretationen angelernt werden. Und letztlich lassen genau solche Fragen KI für Personaler und Bewerbende als "Black Box" erscheinen, deren Ergebnisse sie zwar haben und nutzen (müssen), ohne dabei zu wissen, woher diese Ergebnisse stammen und wie valide sie sind. Dies kann ein weiteres Akzeptanzproblem schaffen.

Welche Schlüsse lassen sich für den Einsatz von KI ziehen?

Dass KI zukünftig verstärkt Einzug in Bewerbungsprozesse halten wird, ist unvermeidbar, da der Kostendruck, die steigenden Anforderungen durch den Fachkräftemangel und perspektivisch wohl auch die Compliance von Personalprozessen das schlicht erfordern werden. Um die Transformation erfolgreich und rechtssicher zu gestalten, müssen Sie bereits in der Planungsphase umfassende Überlegungen anstellen und Entscheidungen treffen. Auch nach der Einführung muss die Technologie fortlaufend überprüft werden. Hierbei sind folgende Punkte von besonderer Bedeutung:

Lesetipp: DSGVO-konformes Bewerbermanagement

Wenn Sie diese Punkte beachten und Sie dabei frühzeitig alle relevanten Ressourcen einbinden - also Personal, Marketing, Recht, IT - dann befinden Sie sich auf einem guten Weg, KI zielgerichtet in Ihre Personalbeschaffungsprozesse zu integrieren. (bw)