Firmen-Mail an private Adresse weiterleiten

Kündigung wegen Weiterleitung von Firmen-E-Mails

09.10.2024 von Peter Marwan
Der Vorstand eines IT-Dienstleisters hatte beim Versand mehrerer dienstlicher E-Mails, in denen es um Provisionszahlungen, steuerliche Angelegenheiten und Firmeninterna ging, seine private E-Mail-Adresse auf CC gesetzt. Die fristlose Kündigung deswegen war rechtens, so das Oberlandesgericht München.
Dienstliche E-Mails sollten den dienstliche E-Mail-Account nicht verlassen - sonst kann das wegen DSGVO oder Arbeitsrecht ausgesprochen unangenehme Folgen haben - bis hin zur fristlosen Kündigung.
Foto: one photo - shutterstock.com

E-Mails gehören für viel so selbstverständlich zum Büro-Alltag, dass sie sich um Details beim Versand kaum Gedanken machen. Bekannt sind aus jeder Firma "lustige" Geschichten mit dem falschen Verteiler. Weniger lustig ist es bereits, wenn E-Mails mit "offenem Verteiler" versandt werden - denn bereits E-Mail-Adressen sind als personenbezogene Daten eingestuft und nach der DSGVO schützenswert.

Ganz hört der Spaß jedoch auf, wenn man firmeninterne E-Mails gezielt an einen privaten E-Mail-Account weiterleitet. Ob das in guter oder böser Absicht erfolgt, macht dann kaum noch einen Unterschied. Das hat ein Urteil des Oberlandesgerichts München (Aktenzeichen 7 U 351/23) noch einmal deutlich gemacht. Das Gericht entschied, dass die Weiterleitung dienstlicher E-Mails an private E-Mail-Adressen einen schweren Verstoß darstellt, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt.

Beim verhandelten Fall hatte das Vorstandsmitglied eines Unternehmens mehrere dienstliche E-Mails mit vertraulichen Informationen an seine private E-Mail-Adresse weitergeleitet. Der Vorstand wollte sich eigenen Angaben zufolge auf diese Weise absichern. Er erklärte, dass er die Informationen nicht an Dritte weitergegeben hatte und argumentierte damit, dass er sie sich genauso gut hätte ausdrucken können.

Offene Weiterleitung ist kein Freifahrtschein

Die E-Mails enthielten jedoch personenbezogene Daten und die private E-Mail-Adresse entsprach nicht den technischen Sicherheitsstandards, die für den Schutz solcher nach der DSGVO geschützten Informationen erforderlich sind. Nachdem die Weiterleitung an den privaten Account einem neuen Vorstand bei der Einarbeitung aufgefallen war, nahm der Aufsichtsrat des Unternehmens das zum Anlass, um den E-Mail-Versender mit sofortiger Wirkung aus wichtigem Grund aus dem Vorstand der Beklagten abzuberufen - mit anderen Worten: fristlos zu kündigen.

Das Oberlandesgericht München stuft das Verhalten des Vorstandsmitglieds als schweren Vertrauensbruch ein, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Auch dass das Vorstandsmitglied die E-Mails an seine private Adresse für die anderen Empfänger sichtbar in CC weitergeleitet hatte, half ihm nur bedingt. "Daraus lässt sich entnehmen, dass er subjektiv der Ansicht war, dazu berechtigt zu sein", stellt das Gericht fest. Der Umstand wirkte sich immerhin mildernd aus - eine heimliche Weiterleitung hätte sich dagegen negativ ausgewirkt.

"Das Urteil verdeutlicht, dass subjektive Fehlvorstellungen der Rechtmäßigkeit eines Verhaltens keinen ausreichenden Schutz vor einer Kündigung bieten, wenn das Verhalten objektiv einen schweren Vertrauensbruch darstellt", kommentiert etwa die Kanzlei Schenk Lechleitner Krösch in ihrem Blog und sieht das Urteil als "ein deutliches Signal an Arbeitnehmer und Arbeitgeber, den Umgang mit dienstlichen E-Mails und sensiblen Daten äußerst ernst zu nehmen."

Früheres Urteil zu weitergeleiteten Dienst-E-Mails

Bereits vor Inkrafttreten der DSGVO beschäftigten sich Gerichte mit der Frage, ob die Weiterleitung dienstlicher E-Mails an private E-Mail-Konten zulässig ist. Ein klares "Nein" kam dazu 2017 vom Landesarbeitsgericht Brandenburg (Aktenzeichen 7 Sa 38/17).

Der Gekündigte verteidigte sich damals damit, dass er bereits seit Jahren E-Mails an seine private E-Mail-Adresse verschickt habe, um von zu Hause aus arbeiten zu können. Die E-Mails, die zur Kündigung Anlass gaben, enthielten Angebots- und Kalkulationsgrundlagen für ein Projekt, das ein von einem Kollegen betreut wurde, sowie technische Daten, Vertragsentwürfe und Wartungsverträge.

Pikant: Sie wurden wenige Tage verschickt, nachdem ein Wettbewerber dem Beschäftigten einen unterschriftsreifen Arbeitsvertrag zugesandt hatte.

Wenig hilfreich für seine Verteidigung mit dem "homeoffice-Argument" war auch, dass der Arbeitgeber seinen Beschäftigten Laptops für den dienstlichen Gebrauch zur Verfügung gestellt hatte, die (2017 nicht selbstverständlich) auch den externen Zugang auf das Firmennetz ermöglichten.

Die Kanzlei Kerner Rechtsanwälte verwies in dem Zusammenhang auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2014. (Aktenzeichen 2 AZR 249/13). Demnach ist die Vervielfältigung nahezu aller geschäftsrelevanten Daten, etwa Kundenlisten, Kalkulationen, Vertragsentwürfe, Gewinn- und Umsatzzahlen und ähnlichem laut § 241 Absatz 2 BGB ohne das ausdrückliche Einverständnis des Arbeitgebers untersagt. "Da Vervielfältigen auch die Weiterleitung per E-Mail bedeutet, ist hier also für Arbeitnehmer höchste Vorsicht geboten", warnte die Kanzlei damals.