Betriebsbedingte Kündigungen aussprechen - diesen Schritt scheuen gerade Inhaber und Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen sehr. Denn für die meisten Klein- und Mittelbetriebe gilt: Zwischen der Unternehmensführung und der Belegschaft bestehen oft enge persönliche Bande, die zuweilen über Jahrzehnte gewachsen sind. Hinzu kommt: Wenn ein Unternehmen einen Personalabbau ankündigt, sinkt automatisch die Arbeitsmotivation und somit Leistung der Mitarbeitenden. Und diesen Verlust an Produktivität können sich Klein- und Mittelbetriebe über einen längeren Zeitraum nicht leisten.
Wenn ein Personalabbau oder -umbau unumgänglich ist, denken gerade ihre Inhaber und Geschäftsführer meist intensiv darüber nach: Was könnte eine Alternative zum Aussprechen betriebsbedingter Kündigungen sein? Nach längerem Überlegen gelangen sie häufig zum Schluss: Es wäre sinnvoller, einigen Mitarbeitern einen Aufhebungsvertrag, also eine einvernehmliche Trennung anzubieten - garniert mit dem Angebot: "Wenn Sie das Unternehmen freiwillig verlassen, erhalten Sie eine Abfindung und ...".
Kündigungen bergen Risiken und Nachteile
Folgende Nachteile und Risiken gehen mit dem Aussprechen von Kündigungen einher:
- Ist ein mittelständischer Betrieb aufgrund der Größe zu einer Sozialauswahl verpflichtet, beruht die Auswahl der zu kündigenden Mitarbeitenden auf der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Lebensalter sowie eventuellen Unterhaltspflichten und Schwerbehinderungen. Unternehmens- oder leistungsorientierte Kriterien werden nicht berücksichtigt. Das Unternehmen kann also nicht frei entscheiden, wen es (nicht) entlässt.
- (Betriebsbedingte) Kündigungen bringen oft auch Auseinandersetzungen mit dem Betriebsrat mit sich, die die Geschäftsführung gerne vermeiden möchte.
- Mit jeder Kündigung geht zudem das Risiko einher, dass Mitarbeiter hiergegen klagen. Die Dauer von Arbeitsgerichtsprozessen ist jedoch meist unkalkulierbar und ihr Ausgang ungewiss. Außerdem kehrt, solange die Prozesse andauern, meist keine Ruhe im Betrieb ein.
Sozialauswahl und Kündigungsfrist "umschiffen"
Die Folge: Mit den Kündigungen ist die Gefahr verbunden, dass das Unternehmen gerade die Mitarbeitenden verliert, die zum Beispiel eine überdurchschnittliche Leistung zeigen und über Fähigkeiten verfügen, die der Betrieb künftig braucht. Hingegen bleibt eine Reihe von Beschäftigten an Bord, von denen die Geschäftsführung sich bei freier Entscheidungsmöglichkeit lieber trennen würde, weil man auf sie am ehesten verzichten kann.
All diese Probleme können Unternehmen umschiffen, wenn es ihnen gelingt, mit ausreichend vielen Mitarbeiter Aufhebungsverträge abzuschließen. Denn ein freiwilliges Ausscheiden können Arbeitgeber jedem Mitarbeiter offerieren - unabhängig von dessen formaler Qualifikation und Familienstand. Zudem muss bei Aufhebungsverträgen der Betriebsrat nicht angehört und es müssen auch keine Kündigungsfristen beachtet werden - selbst wenn diese zum Beispiel aufgrund der langen Betriebszugehörigkeit sechs Monate und mehr betragen.
In einem Aufhebungsvertrag sollten folgende Punkte geregelt sein:
Ausscheidedatum: Es empfiehlt sich, dass das Datum des Ausscheidens weiter in der Zukunft liegt als das Datum, zu dem betriebsbedingte Kündigungen geplant sind. Bei einer Aufhebung sieht das Gesetz grundsätzlich eine Sperrfrist für das Arbeitslosengeld vor. Auf eine Sperrzeit kann verzichtet werden, wenn ein wichtiger Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mittels Aufhebung vorlag. Ein wichtiger Grund kann etwa sein, dass der Arbeitnehmer durch den Aufhebungsvertrag eine Kündigung abwenden wollte. Hier ist zudem erforderlich, dass der Arbeitgeber eine betriebsbedingte Kündigung ernsthaft angekündigt hat, durch den Aufhebungsvertrag Nachteile der Kündigung abgewendet werden sollen und der Arbeitnehmer durch den Aufhebungsvertrag nicht früher arbeitslos wird, als dies bei einer Kündigung der Fall gewesen wäre.
Höhe der Abfindung: Die Abfindung muss "attraktiv" sein. Üblich sind 0,5 bis ein Monatsgehalt pro Jahr Firmenzugehörigkeit. Bei größeren Konzernen und schwierigen Trennungen werden auch schon mal bis zu 1,8 Monatsgehälter pro Jahr Firmenzugehörigkeit gezahlt.
Freistellung: Oft wird der Mitarbeiter bis zum Tag seines offiziellen Ausscheidens freigestellt. Der Vorteil für ihn: Er kann seine gesamte Energie darauf verwenden, sich eine neue Stelle zu suchen. Der Vorteil für den Betrieb: Der Ausscheidende kann den Betriebsfrieden nicht mehr stören.
Hilfe und Beratung für die Ausscheidenden
Vor dem Formulieren des Aufhebungsvertrags sollten sich der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer zudem darüber verständigen:
- Was steht im Arbeitszeugnis?
- Welche Unterstützung bietet der bisherige Arbeitgeber bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz - zum Beispiel in Form einer Out- oder Newplacementberatung. Das Einschalten von Karriere- sowie Newplacementberatern ist insbesondere dann sinnvoll, wenn die Beschäftigten, die das Unternehmen verlassen sollen, sich schon lange nicht mehr beworben haben. Dann sind die betreffenden Mitarbeitenden oft unsicher, wo und wie sollte ich mich bewerben, um möglichst schnell eine neue Stelle zu finden. Entsprechend zögerlich sind sie mit der Annahme eines Aufhebungsvertrags. Zudem signalisiert das Management hiermit: Wir tragen Sorge für unsere Mitarbeitenden - selbst wenn wir uns von ihnen trennen müssen. Das erhält die Leistungsbereitschaft der verbleibenden Belegschaft.
Erwägt ein Unternehmen, Personal mittels Aufhebungsverträgen abzubauen, sollte es zunächst sein Vorhaben mit einem Arbeitsrechtler besprechen. Gibt dieser "grünes Licht", lässt sich das Vorgehen konkretisieren. Danach können die Mitarbeiter informiert werden.
"Sprinter-Prämie" kann Trennung beschleunigen
Häufig lehnen Beschäftigte, denen ein freiwilliges Ausscheiden offeriert wird, das Abschließen eines Aufhebungsvertrags zunächst ab. Zum einen, weil sie ihre mittel- und langfristigen (Verbleib-)Chancen im Unternehmen überschätzen. Zum anderen, weil sie unsicher sind und sich fragen: Was wird dann aus mir? In dieser Situation helfen oft Out- beziehungsweise Newplacementberater weiter, die zum Beispiel in Einzelgesprächen mit den betreffenden Mitarbeitenden herausarbeiten,
was die Vor- und Nachteile eines freiwilligen Ausscheidens sind und
welche beruflichen Alternativen die betreffende Person hat.
Im Rahmen von systematischen Abbauprogrammen kann auch eine sogenannte Sprinter-Prämie zum Einsatz kommen, um die Annahme von Aufhebungsverträgen zu unterstützen. Das heißt: Wer sich rasch entscheidet, erhält eine höhere Abfindung. Das Vorgehen folgte dann folgendem Ablauf:
1. Erläuterung der betrieblichen Ausgangslage und der Notwendigkeit von betriebsbedingten Trennungen
2. Konzeptionelle Vorbereitung des Vorgehens, der zugehörigen Vertragsentwürfe und des Freiwilligenprogramms
3. Vorbereitung der Sozialauswahl und Abstimmung mit dem Betriebsrat
4. Ankündigung und Ausführung des Freiwilligenprogramms mit dem Abschluss möglichst vieler Aufhebungsverträge
5. Durchführung betriebsbedingter Trennungen
Im Rahmen des Freiwilligenprogramms werden dann die entsprechenden "Sprinter-Prämien" angeboten.
Der Arbeitgeberwunsch: schnell wieder Ruhe zu haben
Denn generell gilt: Unternehmen, die Personal abbauen möchten oder müssen, sind daran interessiert, dass sich dieser Prozess rasch und möglichst reibungslos vollzieht. Denn ein langer Trennungsprozess verhindert das, was sich die Betriebe zu diesem Zeitpunkt meist am sehnlichsten wünschen: neu durchstarten mit einer an die veränderten Rahmenbedingungen angepassten Mannschaft.