Schmerzensgeld und Schadensersatz nach einem Unfall in einem Unternehmen fallen auch dann an, wenn sich der Schädiger noch in der Ausbildung befindet.
Auszubildende, die durch ihr Verhalten bei einem Beschäftigten desselben Betriebs einen Schaden verursachen, haften ohne Rücksicht auf ihr Alter nach den gleichen Regeln wie andere Arbeitnehmer. Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 19.0.2015 zu seinem Urteil vom selben Tage, Az. 8 AZR 67/14.
Der Fall: Der Kläger und der Beklagte waren als Auszubildende bei einer Firma beschäftigt, die einen Kfz-Handel mit Werkstatt und Lager betreibt. Am Morgen des 24. Februar 2011 arbeitete der damals 19-jährige Beklagte an der Wuchtmaschine. Der damals 17-jährige Kläger, ein weiterer Auszubildender und ein anderer Arbeitnehmer waren im Raum, der Kläger mehrere Meter entfernt in der Nähe der Aufzugstür. Der Beklagte warf ohne Vorwarnung mit vom Kläger abgewandter Körperhaltung ein ca. 10 g schweres Wuchtgewicht hinter sich. Dieses traf den Kläger am linken Auge, am Augenlid und an der linken Schläfe. Er wurde in einer Augenklinik behandelt.
Berufsgenossenschaft zahlt Rente
Im Herbst 2011 und im Frühjahr 2012 unterzog er sich erneut Untersuchungen und Eingriffen, wobei eine Kunstlinse eingesetzt wurde; Einschränkungen aufgrund einer Hornhautnarbe verblieben. Die zuständige Berufsgenossenschaft zahlt dem Kläger eine monatliche Rente iHv. 204,40 Euro. Das Landesarbeitsgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, der Wurf sei nicht betrieblich veranlasst gewesen. Der Beklagte habe schuldhaft gehandelt. Das Landesarbeitsgericht hat ihn zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro verurteilt.
Die Revision des Beklagten blieb vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist ohne Rechtsfehler. Die Voraussetzungen des Haftungsausschlusses nach § 105 Abs. 1, § 106 Abs. 1 SGB VII sind nicht erfüllt. Die vom Landesarbeitsgericht angenommene Höhe des Anspruchs des Klägers ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Henn empfiehlt, die Entscheidung zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. - www.vdaa.de - verweist.
Weitere Informationen und Kontakt: Michael Henn, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VDAA-Präsident, c/o Rechtsanwälte Dr. Gaupp & Coll, Kronprinzstr. 14, 70173 Stuttgart, Tel.: 0711 305893-0, E-Mail: stuttgart@drgaupp.de, Internet: www.drgaupp.de
Gerichtsurteile (und Analysen) – Teil 14
Kein Vergütungsanspruch bei Abzocke Wer für sein Unternehmen die Eintragung ins Handelsregister oder eine Änderung der Eintragung beantragt, sollten sich die dazu eingehenden Rechnungen sehr genau ansehen, sagt René Neubert von WW+KN.
Fingierte Testbewerbung nicht immer zulässig Beim Testing bewerben sich zwei Testpersonen auf real ausgeschriebene Stellen, die keine Unterschiede in den relevanten Qualifikationen und Eignungen aufweisen. Dieses Verfahren darf aber nicht missbraucht werden.
Webshop-Werbung mit "Geld-zurück-Garantie" Der BGH stellte fest, dass eine beworbene "Geld-zurück-Garantie" in keiner Weise über das 14-tägige Widerrufsrecht bzw. Rückgaberecht nach der damaligen Rechtslage hinausgeht, das dem Verbraucher beim Online-Handel ohnehin zusteht. Details von Manfred Wagner und Thorsten Dohmen.
Softwareverkäufer und Urheberrecht Das Landgericht Berlin hat den isolierten Verkauf von im Ausland erworbenen Produktschlüsseln für rechtswidrig erklärt. Manfred Wagner kritisiert dieses Urteil.
Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag Wirksame Ausschlussfristen lassen Ansprüche möglicherweise schon nach drei Monaten verfallen, selbst wenn sie eigentlich erst in drei Jahren verjähren würden.
Nichtübernahme des Mitarbeiters und Betriebsratstätigkeit Schützt eine Betriebsratsmitgliedschaft einen befristet Beschäftigten vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses? Diese Frage beschäftigte die Rechtsprechung. Stefan Engelhardt nennt Details.
Vorsicht bei Dumpinglöhnen Eine ausgesprochen interessante Entscheidung hat das Arbeitsgericht Eberswalde am 10.9.2013 zum Aktenzeichen 2 Ca 428/13 getroffen. Stefan Engelhardt stellt das Urteil vor.
"Zur vollen Zufriedenheit" ist Schulnote Drei Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“.
Sind mehrere Angebote des Chefs erlaubt? Das Bundesarbeitsgericht hat sich in einem Urteil zur Kündigung des bisherigen Arbeitsvertrages und zum gleichzeitigen Angebot an den Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist zu den geänderten Vertragsbedingungen fortzusetzen, geäußert.
Gericht sieht Diskriminierung nicht gegeben Ein schwerbehinderter Bewerber hat nicht immer einen Entschädigungsanspruch, wenn er in einem Auswahlverfahren, das sich an eine bestimmte Personengruppe richtet, nicht berücksichtigt wurde.
Arbeitsunfall – wer haftet? Der Arbeitgeber muss gegenüber der Berufsgenossenschaft nicht bei jeder ihm vorzuwerfenden Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften geradestehen.
Kunde hat kein Recht auf eisfreien Parkplatz Bei kleinen und gut sichtbaren vereisten Flächen kann dem Kunden auch ein minimaler "Umweg" zugemutet werden.
Beendigung von Telearbeit gilt als Versetzung Die Einbindung des Arbeitnehmers in den Betriebsablauf und die Aufgabenerfüllung ist auch bei teilweiser Telearbeit aufgrund von deren Besonderheiten eine völlig andere als ohne Telearbeit. Der Mitarbeiter muss weiterbeschäftigt werden.
Diskriminierung bei der Bewerbung Wer auf eine Statistik verweist, um seine Benachteiligung bei einer Bewerbung zu belegen, muss darauf achten, dass diese aussagekräftig, also für die umstrittene Fallkonstellation gültig ist.