Virtuelle Desktops

Klamme IT-Budgets hemmen Virtualisierung

24.06.2013 von Hartmut  Wiehr
Von Virtualisierung erwarten sich IT-Abteilungen Kostenreduzierungen. Gleichzeitig ist die Budget-Situation einer der größten Bremser des Vorhabens, zeigt IDC.
Virtualisierte Applikationen über verschiedene Betriebssysteme hinweg: Marktforscher von IDC sehen einen wachsenden Bedarf für Virtualized Client Computing (VCC).
Foto: IDC

Von Virtualisierung erwarten sich IT-Abteilungen Kostenreduzierungen. Gleichzeitig ist die Budget-Situation einer der größten Bremser des Vorhabens, zeigt IDC.
von Hartmut Wiehr (freier IT-Fachjournalist)
Die Marktforscher von IDC kommen auf Basis eigener Befragungen zu der Ansicht, dass sowohl die IT- als auch die Business-Verantwortlichen in deutschen Unternehmen den Nutzen von Virtualized Desktop und Client Computing (VCC) positiv sehen.

Mit VCC bringt IDC einen neuen Begriff in die Debatte, wobei nicht recht abzusehen ist, worin der Unterschied zu VDI (Virtual Desktop Infrastructure) bestehen soll. IDC erweitert lediglich den Blickwinkel etwas und subsumiert unter Client-Virtualisierung "alle Technologien, die zur Virtualisierung auf Seiten der Endanwender zum Einsatz kommen". Dazu gehörten vier Bereiche: Desktop-Virtualisierung (VDI/DVD), Applikations-Virtualisierung, Virtual User Session und User-Virtualisierung (siehe Abbildung auf der nächsten Seite).

Mehr Mobilität für Fachabteilungen Hauptargument

VCC sei in jedem Fall im Anwenderumfeld angekommen und nehme weiter an Fahrt auf, heißt es bei IDC: "Sieht die IT die Vorteile vor allem in der Gewährleistung von IT-Sicherheit und in der Kosteneinsparung, bewerten die Fachabteilungen primär die gesteigerte Mobilität und die damit verbundene Flexibilisierung der Mitarbeiter als Hauptmotivation für den Einsatz von VCC."

Bring your own Device (BYOD) hingegen soll laut der jüngsten IDC-Studie "Virtualized Client und Desktop Computing (VCC) in Deutschland 2013" auch in Zukunft eine untergeordnete Rolle spielen. Damit setzt sich IDC von weit verbreiteten Einschätzungen über die Bedeutung von BYOD ab, die in aller Regel von einer schnellen Ausbreitung und Integration mobiler Geräte in den Unternehmen ausgehen, die von Mitarbeitern offiziell mitgebracht oder eingeschmuggelt werden.

Details zur Virtual Desktop Infrastruktur
Eine VDI oder Centralized-Virtual-Desktop-Umgebung verfolgt eine zentralistischen Ansatz: Die Desktop-Umgebungen und Daten lagern zentral im Firmenrechenzentrum und werden über das Netzwerk zu den Endgeräten transferiert.
Details zur Virtual Desktop Infrastruktur
Architekturvergleich zwischen einer herkömmlichen und virtualisierter Desktop-Infrastruktur.
Details zur Virtual Desktop Infrastruktur
Die Elemente einer Desktop Virtual Machine (DVM): Desktops, Daten und persönliche Einstellungen. Der Nutzer kann die Desktop-Umgebung an seine Anforderungen anpassen, etwa indem er zusätzliche Anwendungen hinzufügt.
Details zur Virtual Desktop Infrastruktur
Laut einer Studie von Intel von 2011 bevorzugen die meisten Unternehmen, die derzeit Desktop-Virtualisierung einsetzen, den Virtual-Desktop-Infrastructure Ansatz.
Details zur Virtual Desktop Infrastruktur
Die Virtual-Software-Appliance ILIO von Atlantis reduziert den Umfang von virtualisierten Desktops um bis zu 90 Prozent. Die DVM lassen sich dann sogar im Arbeitsspeicher von Server-Systemen vorhalten oder auf schnellen, aber derzeit immer noch teuren Solid State Drives (SSDs) speichern.
Details zur Virtual Desktop Infrastruktur
Cloud-Service-Provider wie beispielsweise das Kölner Unternehmen Pironet NDH bieten mittlerweile VDI auch aus Cloud-Service an ("Desktop as a Service", DaaS). In diesem Fall lagern die virtualisierten Desktops beim Provider und werden den Kunden über Weitverkehrsverbindungen zur Verfügung gestellt.
Details zur Virtual Desktop Infrastruktur
Eine VDI ist im Jahresschnitt kostengünstiger als eine herkömmliche PC-Client-Infrastruktur. Noch geringere Kosten versprechen Anbieter von Desktop-as-a-Service-Angeboten wie Desktone.
Details zur Virtual Desktop Infrastruktur
Betrachtet man nur die Software-Kosten, ist eine VDI teurer als der klassische PC oder ein DaaS-Angebot.

Hervorzuheben sind ferner folgende Ergebnisse der Studie:

Virtuelle Arbeitsplätze sind bereits in drei Viertel der befragten Unternehmen entweder im Einsatz (27 Prozent), werden gerade implementiert (20 Prozent) oder die Einführung wird geplant (27 Prozent). Etwa ein Viertel der Befragten hat keine Pläne in Richtung Virtualisierung für Endgeräte oder Applikationen. Basis der Studie sind 250 deutsche Unternehmen mit jeweils mindestens 100 Beschäftigten. Befragt wurden 149 IT- und 101 Fachbereichsverantwortliche.

VDI (Virtual Desktop Infrastructure / Hosted Desktop Virtualization)
Der komplette personalisierte Desktop (inklusive Betriebssystem, Daten und Benutzereinstellungen) wird zentral im Rechenzentrum auf einem virtualisierten Server bereitgestellt und betrieben. Offline-Betrieb und Zugriff von mobilen Endgeräten sind möglich. Problematisch: die benötigte Storage-Kapazität. (Quelle: Experton)
Session oder Presentation Virtualization
Früher auch als "Server Based Computing" oder "Terminal Services" bezeichnet:stellen den Zugriff auf zentral betriebene Anwendungen bereit. Problem: In der Regel ist weder eine Personalisierung noch der Offline-Betrieb möglich. Einsatzbereich: einfache Arbeitsplätze, die nur eine oder zwei Applikationen nutzen und nicht mobil sind, meist in Verbindung mit Thin Clients genutzt. (Quelle: Experton)
Application Streaming
Applikationen werden paketiert und zentral bereitgestellt, um lokal auf dem Client in einer Sandbox betrieben zu werden. Dies ist auch offline möglich. Problematisch ist, dass die Paketierung nach jedem Software-Update der jeweiligen Applikation wiederholt werden muss. Einsatzbereich ist die Bereitstellung von Anwendungen, die mit anderen Applikationen nicht kompatibel sind. (Quelle: Experton)
Managed Desktop VM
Ein Client-Image wird zentral gemanagt und an die Clients verteilt. Die eigentliche Rechenleistung wird vom Client ausgeführt, so kann er auch offline genutzt werden. Problematisch ist das Management der virtuellen Maschinen und des Basis-Clients. Einsatzbereich: Clients in Niederlassungen und Home-Offices. (Quelle: Experton Group)

Mobilität, Virtualisierung und Securityprobleme

Das häufigste Bereitstellungmodell ist derzeit die Desktop-Virtualisierung (58 Prozent). Mit 55 Prozent liegt die Applikations-Virtualisierung, bei der dem User Anwendungen losgelöst vom darunterliegenden Betriebssystem bereitgestellt werden, ebenfalls vorne in der Beliebtheitsskala. Die IT-Entscheider sollten laut IDC auch die Antriebsfaktoren für die Nutzung von VCC auf einer Skala von eins bis fünf (1 = sehr wichtig bis 5 = unwichtig) bewerten. Die Verbesserung der IT-Sicherheit (Wert 2,0) und ein vereinfachtes Disaster Recovery (Wert 2,1) wurden als die wichtigsten Motive für den Einsatz von Virtualisierung genannt.

Virtualized Client Computing (VCC) ist laut IDC multidimensional aufgebaut.
Foto: IDC

Dies ist laut Studie "wenig überraschend, denn mit Hilfe der Client-Virtualisierung kann die IT-Abteilung Sicherheitsmaßnahmen zentral steuern". Gleichzeitig führe dieser Ansatz zu geringeren Kosten für Betrieb und Management, was mit einer Wichtigkeit von 2,2 bewertet wurde. Bei den klassischen Endgeräten wie Desktops und Notebooks kann ebenfalls gespart werden.

IDC führt darüber hinaus aus: "Sicherheitsbedenken rangieren bei den Unternehmen mit einer Wichtigkeit von 2,4 ganz oben auf der Contra-Liste gegen die Einführung von VCC." Zugleich sei die Verbesserung der IT-Sicherheit auch der größte Antriebsfaktor für die Einführung von VCC. 71 Prozent der befragten IT-Verantwortlichen sind der Meinung, dass für virtuelle Client-Umgebungen spezielle Sicherheitslösungen erforderlich seien, um die angestrebten Effekte zu erreichen.

Faktoren gegen die VCC-Einführung

Gegen eine Einführung von VCC sprechen folgende Faktoren, die von den befragten Unternehmen genannt wurden: zu hohe Software-Lizenzgebühren (2,5), die allgemeine Budgetsituation (2,5), fehlende personelle IT-Ressourcen (2,6) und steigende Storage-Kosten im Rechenzentrum (2,6).
(Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CP-Schwesterpublikation CIO / rb)