Die Eröffnungs-Keynote hatte es in sich: Der Biochemiker und Neurowissenschaftler Dr. Henning Beck räumte mit einigen Mythen zur sogenannten "Künstlichen Intelligenz" (KI) auf. "Fakten kann man googlen - Ideen aber nicht, und genau das macht die Stärke der analogen Welt aus", fasste Beck die nach vor unerreichte Stärke der menschlichen Intelligenz zusammen. Dennoch: "Je größer die Datenmenge umso sinnvoller wird der Einsatz von Computern". Aber bei der richtigen Interpretation dieser Daten kommt wieder der Mensch ins Spiel, so der Gehirnforscher.
"Viele Suchanfragen nach 'Grippe' hängen nicht unbedingt mit einer aufkommenden Grippewelle zusammen, sondern deuten unter Umständen nur auf ein gestiegenes Interesse der Menschen an dieser Krankheit hin", relativierte Beck die allzu einfachen Eins-Eins-Zuordnungen. Und er gab den Teilnehmern noch einen Tipp mit auf den Weg: "In der Consumer-Welt sind uns Google, Amazon & Co. schon zu weit enteilt, hier ist das Spiel gelaufen". Doch in Spezialgebieten, etwa im Maschinen- und Fahrzeugbau und in anderen Industrie-Brachen, hätten deutsche Unternehmen noch durchaus Chancen, aus Big Data die richtigen Schlüsse zu ziehen, Stichwort: Predictive Maintenance ("vorausschauende Wartung").
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ChannelPartner Kongress:
7. und 8. September 2022, Düsseldorf
Vernetzung, Hybride Cybersecurity und die Branchen-Cloud
Im Anschluss an diese inspirierende Keynote begann die Praxis-Check innerhalb des "CHANCEN"-Kongresses - mit gleich vier spannenden Live-Sessions. Die Wahl fiel hier schwer: In dem Workshop mit monday.com und dem Partner demicon ging es um Silos in den Unternehmen. Wie kann man die unterschiedlichen Abteilungen, ihre Ziele und Projekte besser miteinander vernetzen? Mit einem Werkzeug, das Workflows und Prozesse zusammenfasst und automatisiert, und damit effizientes und transparentes Arbeiten ermöglicht. Wenn Mitarbeiter rechtzeitig erfahren, was ihre Kollegen in anderen Abteilungen tun, dann profitiert das gesamte Unternehmen davon, weil sich durch dieses Wissen zusätzliche Synergien heben lassen.
In dem Workshop "Hybride Cybersecurity" demonstrierte der WatchGuard-Partner IT-Haus, wie sich unterschiedliche Services in einem Portal zusammenfassen lassen. Das vereinfacht dem IT-Dienstleister seine Arbeit enorm, denn dort findet er nun alle für seine Kunden erbrachten IT-Services übersichtlich aufgelistet, was deren Abrechnung enorm vereinfacht. Dass man auch während des Lockdowns große Projekte bei Kunden stemmen konnte, bewies de Nfon-Partner SalesManunfaktur. Der Hamburger Systemhaus löste bei der Pino Pharmazeutische Präparate GmbH die in die Jahre gekommenen, vor Ort installierte TK-Anlage durch eine moderne, flexible und geräteunabhängige Cloud-Telefonie-Lösung ab.
In der Session mit Wortmann ging es um die Auda-Cloud im Terra Rechenzentrum. Marc Hurrelmann, Geschäftsführender Gesellschafter der Midland IT GmbH, zeigte, wie man mit einer Cloud-basierten Branchenlösung, in dem speziellen Fall mit einer für KfZ-Sachverständige und KfZ-Werkstätten, diesen Kunden einen deutlichen Mehrwert anbietet. Gleichzeitig lassen sich damit mehr Kunden als je zuvor mit weit geringerem Aufwand als bisher mit IT-Diensten versorgen - Managed Services machen es möglich.
Was Kunden wünschen und was Systemhäuser tun
Nach einer Kaffee- und Vernetzungspause setzten wir den "CHANCEN"-Kongress mit der traditionellen Paneldiskussion fort. Zuerst wurden aber ein paar interessanten Erkenntnisse aus mehreren durch ChannelPartner und Computerwoche durchgeführten Umfragen geteilt. So ist eine Mehrheit der Kernanwendungen bei Kunden veraltet, weil schon sechs bis zehn Jahre unverändert im Einsatz. Diesen Modernisierungsstau aufzuheben sei aber schwierig, weil es schlicht und ergreifend an Fachpersonal mangele. Dabei steige auch noch ständig die Komplexität der IT-Systeme: Zu den on-Premises-Anwendungen kommen ständige neue Systeme aus der privaten und öffentlichen Cloud hinzu. All diese Lösungen zu orchestrieren überfordert die meisten Kunden, und deshalb setzen sie immer öfter auf die tatkräftige Unterstützung durch externe IT-Dienstleister.
"Wir müssen unsere Kunden durch die oft ziemlich verrückte IT-Welt navigieren", betonte Bernd Krakau von der Geschäftsführung der Netgo-Group. Laut Tom Simon, dem Gründer des "born-in-the-Cloud"-Providers Innovations On, agieren moderne IT-Dienstleister als Übersetzer zwischen der Technologie der IT-Hersteller und den Bedürfnissen der Kunden. Stephan Teinert, Head of Cloud Sales, Wortmann AG, fasste beide Ansätze elegant zusammen: "Die Welt ist komplex, aber das Ganze für den Kunden einfach zu machen, das ist die Aufgabe für die Systemhäuser".
Und man darf nie aufhören, sich mit der Zukunft zu beschäftigen", betonte Simon. Denn man muss den Kunden immer zumindest einen Schritt voraus sein, sonst verliere man seine Daseinsberechtigung als IT-Dienstleister. Netgo-Manager Krakau ging noch im Laufe der Diskussion auf die richtige Beratung ein und die Möglichkeiten, seine Leistungen für den Kunden "intelligent" zusammenzustellen. Teinert von Wortmann legte großen Wert auf Automatisierung von IT-Services und ging kurz auf das Thema Nachhaltigkeit ein, das eine immer wichtigere Rolle bei der Beschaffung von IT-Diensten spielt.
Zum Schluss fragten wir noch die drei Diskutanten, welchen Kunden sie bei unbegrenztem Budget gerne "digitalisieren" würden. Teinert möchte sich dem Schulsystem widmen, Simon könnte sich vorstellen, die Deutsche Bahn ins 21-te Jahrhundert mitzunehmen und Krakau würde gerne das Gesundheitswesen auf Vordermann bringen.
UCaaS, Superman und die Multicloud
In den anschließenden Sessions ging es unter anderem um das durch die Corona-Pandemie befeuerte Thema "Video-Kommunikation" und die damit einhergehenden neuen Zusammenarbeitsmöglichkeiten. Der RingCentral-Partner Cognigy zeigte auf, wie man mit Unified Communications als Service (UCaaS) bei Kunden punkten kann. Denn Cloud-basierte Kommunikation ist mittlerweile sehr zuverlässig sowie praktisch überall nutz- und einsetzbar. Vor allem Versicherungen wüssten diese Vorteile von UCaaS zu schätzen, betonte Oguzhan Güney, Regional Partner Manager bei RingCentral.
Candid Wüest erläuterte in seiner Impulskeynote, dass es viel mehr als Anti-Virus- und Backup-Anwendungen braucht, um Kunden vor den neuartigen Attacken der weltweit agierenden Cyberkriminellen zu schützen. Im Praxischeck vor dem Event wurde der Acronis-Manager durch seinen Vertriebspartner Tim Bergel von Brycks Cloud tatkräftig unterstützt. Er plädierte für integrierte Schutzlösungen, also den "Superman", der rasches "Desaster Recovery" ermöglicht.
OVHcloud-Partner Sysback präsentierte in seinem Workshop, wie sich ein Multi-Cloud-Angebot am besten vermarkten lässt. Denn nicht jede "Cloud" passt für jeden Kunden, da muss man des Öfteren etwas individuell zurechtschneidern. "Vor allem Datenschutz und Compliance werden von Kunden oft ganz unterschiedlich aufgefasst", berichtete Sysback-CTO Olaf Windhäuser aus der Praxis. "Bare Metal, die hosted Private und die Public Cloud sind die drei Universen der Multi-Cloud", beschrieb Jürgen Wiese, Partner Program Manager OVHcloud, die steigende Komplexität beim Kunden.
Weitere Sessions behandelten die Chancen der öffentlichen Förderprogramme, die unterschiedlichen Akquisitionsstrategien der IT-Dienstleister, das sehr wichtige Thema "Ausbildung & Karriere im Systemhaus" sowie die Transformation und Automation des Service-Managements.
Den Höhepunkt des ersten Tages des "CHANCEN"-Kongresses bildete die Verleihung der "Bestes Systemhaus 2021"-Awards an die kundenfreundlichsten Systemhäuser Deutschlands (siehe Bericht).
Fusionen und Akquisitionen unter den Systemhäusern
Der zweite Tag begann mit einer sehr gut besuchten Keynote des im Systemhausmarkt exzellent vernetzen M&A-Spezialisten Oliver Wegner von Evolutionplan. Nicht nur er hat beobachtet, dass die vergangenen vier Jahren für IT-Dienstleister hierzulande ganz besonders waren. Denn in dieser Zeit unterlagen Systemhäuser einem ganz besonderem Modernisierungsdruck. Das alte Geschäft - der Wiederverkauf von Hardware und Softwarelizenzen - ging spürbar zurück, doch das neue Business mit dem Erbringen von Managed Services sorgte anfangs noch nicht für die nötige Kostendeckung. Das mag sich gebessert haben, doch nun stehen viele Systemhauschefs vor einem neuen Dilemma: Die "Baby Boomer" unter ihnen kommen ins Rentenalter, haben aber häufig keinen Nachfolger, andere wiederum können nicht so schnell wachsen, wie sie es eigentlich möchten. Deswegen werden derzeit so viele Systemhäuser von Finanzinvestoren erworben, wie noch nie zuvor. In seiner Keynote - und später in einer dezidierten Break-out-Session - ging Oliver Wegner detailliert auf diese Entwicklung ein und erklärte auch, was zu einem erfolgreichen M&A-Prozess so alles gehört.
In den nachfolgenden Breakout-Sessions ging es unter anderem darum, wie Reseller mit Hilfe der CloudBlue-Technologie effiziente Cloud-Marktplätze errichten können. Tom Schröder, Head of DACH bei CloudBlue, schilderte an konkreten Beispielen, wie der profitable Weg zum as-a-Service Provider gelingen kann und wie Service Provider den Vertrieb, das Management und die Abrechung von Managed Cloud Services mit CloudBlue automatisieren können.
Im Parallel-Workshop wurde zeitgleich die von der alten Bundesregierung lancierte "GAIA-X"-Initiative seziert. Stefan Schäfer, Head of Global Product Marketing bei OVHcloud und Jürgen Brombacher, Head of Cloud Consulting, Matrix Technology, waren sich einig: GAIA-X wird ein Nischenprodukt bleiben.
Hyperscaler: Chance oder Bedrohung?
Die folgende Session analysierte das Geschäft der Hyperscaler. Heiko Henkes, Director & Principal Analyst bei ISG, erklärte, wie Systemhäuser von dem Erfolg der Hyperscaler profitieren können. CRM-Guru Ralf Korb demonstrierte in seine Impulskeynote, wie man als Systemhausbetreiber mit wenigen Griffen sein Marketing ins Positive drehen kann. Zwei weitere Systemhausvertreter erzählten in der Parallel-Session, wie sie Fach-, Nachwuchs- und Führungskräften gewinnen. Computacenter-Geschäftsführer Karl-Heinz Reitz schilderte, wie in seinem Unternehmen die "Führung auf Distanz" in Zeiten von Homeoffidce funktioniert. Den offiziellen Abschluss des "CHANCEN"-Kongresses bildete die Keynote von Roland Kaltefleiter. Der Vorstand der Netuse AG ließ das Publikum in die Welt der Cyber-Kriminellen "reinschnuppern"; er legte eindeutig dar, wie die meisten Attacken dieser bösartigen Hacker leicht hätten abgewendet können und was wir von diese Cyber-Gangstern in Zukunft zu erwarten haben.
Das eigentliche Schlusswort gehörte dann den Vertretern unserer Kooperationspartner iTeam Systemhauskooperation und Synaxon Akademie. Maria Kornhoff von iTeam fühlte sich durch das Event "immens inspiriert", Friedrich Pollert von der Akademie lobte das exzellente Networking und iTeam-Manager Christian Krüger fand die Tipps zu erfolgreich Fachkräfte-Akquise besonders lehrreich.
Noch mehr zum 17. Systemhauskongress "CHANCEN" in unserem Blog.