Betriebsrat verweigert Zustimmung

Keine Leiharbeit bei dauerndem Beschäftigungsbedarf

14.07.2014 von Renate Oettinger
Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz verbietet die auch nur befristete Beschäftigung von Leiharbeitnehmern, wenn sie einen dauerhaft anfallenden Bedarf abdecken sollen.

Der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann, Vizepräsident des VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, verweist auf eine Mitteilung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein vom 15.1.2014 zu seinem Beschluss vom 8.1.2014 (3 TaBV 43/13). Danach verbietet das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz die auch nur befristete Beschäftigung von Leiharbeitnehmern, wenn sie einen dauerhaft anfallenden Bedarf abdecken sollen.

Ein Leiharbeitnehmer darf bei objektiv dauerhaft anfallender Arbeit nur zu deren aushilfsweiser Wahrnehmung herangezogen werden.
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Die Arbeitgeberin, ein großes Tochterunternehmen eines weltweit im Bereich der Gesundheitsvorsorge agierenden Konzerns, beschäftigt u.a. in einer Abteilung zehn festangestellte Ingenieure und vier Führungskräfte. Diese brauchen eine Assistenz, die ihnen regelmäßig zuarbeitet. Dafür ist aber keine Planstelle vorgesehen. Bereits zwei Jahre lang beschäftigte sie auf dieser Position befristet eine Leiharbeitnehmerin. Sie beantragte 2013 beim Betriebsrat die Zustimmung zur erneuten befristeten Beschäftigung dieser Leiharbeitnehmerin für weitere zwei Jahre. Dieser verweigerte die Zustimmung, weil deutsches Arbeitsrecht und Europarecht jedenfalls seit Dezember 2011 nur die vorübergehende Beschäftigung von Leiharbeitnehmern zur Abdeckung von Auftragsspitzen oder zeitlich begrenztem Vertretungsbedarf erlaube.

Antrag auf gerichtliche Zustimmungsersetzung

Da eine Einstellung nur mit Zustimmung des Betriebsrats erfolgen darf, hat die Arbeitgeberin die gerichtliche Zustimmungsersetzung beantragt, aber vom Arbeitsgericht nicht erhalten. Das gab dem Betriebsrat Recht. Die Beschwerde der Arbeitgeberin blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg, so Klarmann.

Ein Leiharbeitnehmer darf bei objektiv dauerhaft anfallender Arbeit nur zu deren aushilfsweiser Wahrnehmung herangezogen werden. Andernfalls ist sein Einsatz nicht mehr "vorübergehend". Das gilt auch, wenn der Leiharbeitnehmer beim Entleiher - befristet oder unbefristet beschäftigt - Daueraufgaben erfüllt, ohne einen Stammarbeitnehmer abgelöst zu haben.

Verbot des Missbrauchs von Leiharbeit

Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz und die europäische Leiharbeitsrichtlinie erlauben seit dem 1.12.2011 nur eine "vorübergehende" Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und verbieten den Missbrauch von Leiharbeit. Mit diesem Argument kann der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung eines Leiharbeitnehmers verweigern.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Klarmann empfiehlt, dies beachten sowie in Zweifelsfällen um Rechtsrat nachzusuchen, wobei er u. a. dazu auch auf den VDAA Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. - www.vdaa.de - verweist.

Weitere Informationen und Kontakt: Jens Klarmann, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und VdAA-Vizepräsident, c/o Passau, Niemeyer & Kollegen, Walkerdamm 1, 24103 Kiel, Tel.: 0431 974300, E-Mail : j.klarmann@pani-c.de, Internet: www.pani-c.de

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