Abgelehnte Bewerber haben keinen Anspruch darauf, die Bewerbungsunterlagen anderer Personen einzusehen. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 25. April 2013 (Az.: 8 AZR 287/08). Arbeitgeber müssen demnach keinerlei Informationen aus dem Bewerbungsprozess herausgeben und auch nicht offenlegen, ob und nach welchen Gesichtspunkten sie Bewerber eingestellt oder abgelehnt haben.
Gleich gegen mehrere Unternehmen klagte eine 45-Jährige in der Russischen SSR geborene Softwareentwicklerin eine Entschädigung wegen Diskriminierung ein. Sie beanspruchte Einsicht in die Bewerbungsunterlagen des eingestellten Bewerbers und erhoffte in ihnen Indizien für eine Benachteiligung bei der Bewerbung zu entdecken.
Schon die vorherigen Instanzen wiesen ihre Klage wegen mangelnder Indizien für eine Diskriminierung nach §1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) ab. Ihnen reichten die Behauptungen der Softwareentwicklerin, sie sei die beste Bewerberin für die annoncierte Stelle und sie sei wegen ihres Geschlechts, Alters und ihrer Herkunft diskriminiert worden, nicht aus. Der vom Bundesarbeitsgericht in einem Vorabentscheidungsersuchen angerufene Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied, dass abgelehnte Bewerber auch nach dem Gemeinschaftsrecht keinen generellen Auskunftsanspruch über den eingestellten Mitbewerber haben.
Konkrete Anhaltspunkte sind erforderlich
Das Bundesarbeitsgericht hatte sich wegen der grundsätzlichen Bedeutung mit dem Fall beschäftigt. Fühlen sich abgelehnte Bewerber diskriminiert, so müssen sie dies zumindest mit Indizien belegen. So sieht es das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor. Entscheidend ist hier wie so häufig, wie sich die Darlegungs- und Beweislast verteilt. § 22 AGG enthält ein zweistufiges Verfahren: Der Mitarbeiter muss zunächst Indizien, mit anderen Worten konkrete Anhaltspunkte für eine Diskriminierung nachweisen.
Gelingt ihm das, so wechselt die Darlegungs- und Beweislast auf die Seite des Arbeitgebers, der nun die behauptete Diskriminierung widerlegen oder beweisen muss, dass die Diskriminierung aus sachlichen Gründen (z. B. wegen besonderer fachlicher Qualifikationen oder den besonderen Anforderungen der Position) gerechtfertigt war. Dabei wird oft übersehen, dass § 22 AGG gerade keine Beweislastumkehr zugunsten der Arbeitnehmer regelt, sondern ihnen nur die Beweisführung erleichtert. Genau diese erleichterte Beweisführung gelingt aber den wenigsten Bewerbern: Als Externer ist es nahezu unmöglich, Informationen über den eingestellten Mitbewerber herauszufinden. Bei internen Stellenausschreibungen geht das schon eher.
Auf der nächsten Seite geht es u.a. um das Formulieren von Absageschreiben.
Keine unzulässige Diskriminierung
Nach Ansicht des EuGH besteht kein genereller Auskunftsanspruch. Wird allerdings dem Bewerber kein Zugang zu Informationen über die Mitbewerber gewährt, müsse dies beim Nachweis der Tatsachen für eine mögliche Benachteiligung herangezogen werden.
Die Bundesarbeitsrichter hingegen sahen in der Tatsache, dass das Unternehmen abgesehen von zwei Absageschreiben keinerlei Auskunft über den Bewerbungsprozess gegeben hatte, keine unzulässige Diskriminierung der Softwareentwicklerin. Das BAG entschied, dass auch nach nationalem Recht abgelehnte Bewerber keinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Unternehmen haben. Eine Auskunftspflicht hätte bedeutet, persönliche Daten des eingestellten Mitbewerbers externen Personen offenzulegen und ist datenschutzrechtlich problematisch.
Absageschreiben vorsichtig formulieren
Arbeitgeber können nach dem aktuellen Urteil aufatmen, weil sie nicht durch eine generelle Auskunftspflicht belastet werden. Ihre Absageschreiben sollten sie aber nachwievor vorsichtig formulieren und sich bedeckt halten. Eine zu detaillierte Begründung, weshalb ein anderer Bewerber eingestellt wurde, ist nicht notwendig und kann im schlimmsten Fall sogar kontraproduktiv sein, wenn das Absageschreiben Indizien für eine Diskriminierung liefert. (oe)
Die Autorin Eva Wißler ist Fachanwältin für Arbeitsrecht und Partnerin bei Schmalz Rechtsanwälte, Frankfurt.
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