Schwere Vorwürfe gegen Amazon erhebt die Betriebsseelsorge und die Katholische Arbeitnehmer Bewegung (KAB) gegen die Geschäftsführung des Amazon-Logistik-Standorts in Graben bei Augsburg.
In einem offenen Brief an die Geschäftsführung beklagt Diakon Erwin Helmer, Diözesanpräses der KAB und Leiter der Betriebsseelsorge "beunruhigende Berichte" von Arbeitnehmern. "Wesentliche Rechtsstandards und wichtige Einrichtungen in unserer Arbeitswelt in Deutschland sind bei Amazon offensichtlich nicht gegeben", heißt es in dem Schreiben.
Die Vorwürfe reichen von ausbleibenden Lohnzahlungen, falschen Lohnabrechnungen und Missachtung von Arbeitszeitverordnungen. "Wir als Betriebsseelsorger und Aktive in der katholischen Arbeitnehmer Bewegung sehen uns in der Pflicht, für menschenwürdige und gute Arbeit einzutreten", schreibt Helmer. Amazon-Mitarbeiter sollen bis zu 19 Tage durchgearbeitet haben. Andere warten angeblich schon zwei bis drei Monate auf den Lohn. Die Arbeit an drei Sonntagen im Dezember wurde vom Gewerbeaufsichtsamt genehmigt.
Bedingungen "wie im Gefängnis"
Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk berichten Amazon-Beschäftigte zudem über schikanöse Sicherheitsvorkehrungen, Abmahnungen und Zustände "wie im Gefängnis". "Ich würde sagen, das Arbeitsklima ist beschissen", bringt es ein Angestellter auf den Punkt. Nun will sich die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di für die Bildung eines Betriebsrats in Graben stark machen. "Amazon spielt für den Endverbraucher zuverlässig das Christkind - nur nicht für die Beschäftigten", meint Gewerkschaftsvertreter Thomas Gürlebeck im Bayerischen Rundfunk.
Laut der Augsburger Allgemeinen haben Beschäftigte bei der Regierung von Schwaben eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Beamten des Gewerbeaufsichtsamts eingelegt, der die Sonntagsarbeit genehmigt hatte. Den Mitarbeitern sei dadurch "eine unerträgliche Belastung" entstanden. In einer Stellungnahme gegenüber der Tageszeitung spricht Amazon von einer "Erstellung der Schichtpläne im Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen". So sei sowohl bei Sonntagsarbeit als auch bei der Leistung von Überstunden darauf geachtet worden, dass die gesetzliche Höchstarbeitszeit nicht überschritten und die erforderlichen Ruhezeiten gewährt werden.
Das Logistikzentrum in Graben nahm Anfang September 2011 den Betrieb auf. Für Standortwahl waren laut Amazon die zentrale Lage in Europa, das sehr gute regionale Mitarbeiterpotenzial und die hervorragende Anbindung an alle größeren Autobahnen sowie die gute Zusammenarbeit mit der Gemeinde Graben und dem Landkreis Augsburg ausschlaggebend. Insbesondere das "Mitarbeiterpotenzial" scheint Amazon nun gründlich ausschöpfen zu wollen. (awe)