Kampf um öffentliche Aufträge

22.02.2007 von Thomas Feil
Öffentliche Aufträge sind auch für viele Systemhäuser interessant. Rechtsanwalt Thomas Feil klärt über die rechtlichen Rahmenbedingungen auf.

Der Wettbewerb um öffentliche Aufträge wird immer intensiver. Bund, Länder und Kommunen sind durch geforderte Effizienzsteigerungen und Verwaltungsreformen gezwungen, ihre IT-Infrastruktur zu modernisieren. Mit steigenden Projektvolumina sind solche Aufträge auch für viele Systemhäuser von Interesse. In der Praxis ist allerdings immer wieder festzustellen, dass sich die Systemhäuser im direkten Wettbewerb mit Anbietern befinden, die beispielsweise aus Zusammenschlüssen von Kommunen in einer eigenen Rechtsform betrieben werden, beispielsweise kommunale Datenverarbeitungszentralen.

In-house-Geschäft

In einem aufsehenerregenden Beschluss vom 14. September 2006 hat das Oberlandesgericht Celle zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen ein sogenanntes „In-house-Geschäft“ vorliegt.

Ein In-house-Geschäft hat für die öffentlichen Auftraggeber den Vorteil, dass die vergaberechtlichen Vorgaben nicht zu beachten sind. In dem Beschluss vom 14. September 2006 (Az.: 13 Verg 2/06) stellt das Oberlandesgericht Celle fest, dass ein vergaberechtsfreies In-house-Geschäft grundsätzlich ausscheidet, wenn das für den Auftrag vorgesehene Unternehmen nur 92,5 Prozent seines Umsatzes aus Geschäften mit den Gebietskörperschaften erzielt, denen das Unternehmen gehört.

Grenzen

In dem zu entscheidenden Fall erwirtschaftete der betreffende Anbieter rund 7,5 Prozent seiner Umsätze mit Kunden, die nicht zum Kreis der Gesellschafter gehörten. Dabei lag der Umsatz jährlich zwischen 360.000 und 370.000 Euro. Das Oberlandesgericht Celle geht bei einem solchen Umsatzvolumen davon aus, dass ein solcher Anbieter in nicht unerheblichem Umfang auf dem Markt mit anderen Unternehmen in Wettbewerb tritt.

Diese Rechtsprechung ist eine Abkehr von der bisher immer wieder genannten 20-Prozent-Grenze des Gesamtumsatzes. Die rechtlichen Folgen für die von öffentlichen Auftraggebern dominierten Anbieter von IT-Leistungen sind noch nicht abzusehen.

Praxisfolgen

Es wird aber davon ausgegangen, dass bei einer Verfestigung dieser Rechtsprechung, insbesondere durch Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte, für Systemhäuser mehr Möglichkeiten bestehen, IT-Leistungen für öffentliche Auftraggeber anzubieten. Einige Anbieter sind mittlerweile dazu übergegangen, Kommunen, die die vergaberechtlichen Vorgaben nicht einhalten, mit einem Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer, gegebenenfalls in der zweiten Instanz vor dem Oberlandesgericht, zu konfrontieren. Dies ist eine Möglichkeit, langfristig die öffentlichen Auftraggeber zu vergaberechtskonformem Verhalten zu motivieren. Allerdings führt ein solches Vorgehen auf Seiten der öffentlichen Auftraggeber zu Verärgerung.

Alternativ ist ein schriftliches „Nachfassen“ und „Nachfragen“ in der Praxis durchaus geeignet, einen zu laxen Umgang öffentlicher Auftraggeber mit dem Vergaberecht zukünftig zu verhindern, ohne gleich die rechtliche „Keule“ herauszuholen.

Randbemerkung

Interessant ist noch ein weiterer Hinweis des Oberlandesgerichts in dem Beschluss vom 14. September 2006. Das Oberlandesgericht führt in seinen Entscheidungsgründen aus, dass es für die Beurteilung unerheblich ist, ob die außerhalb des Kreises der Gesellschafter erzielten Umsätze mit öffentlichen Auftraggebern oder staatlichen Einrichtungen erzielt werden. Aus Sicht des Oberlandesgerichts ist allein entscheidend, dass insoweit der hier angegriffene Anbieter in Wettbewerb zu anderen Softwareunternehmen tritt. MF