Fast wöchentlich kündigen Storage-Hersteller neue All-Flash-Systeme an. Und auch zahlreiche Startups versuchen sich hier zu positionieren. Weshalb ist Flash-Storage momentan ein derart heißes Thema?
Michael Achtelik: Die Flash-Technologie bedeutet für den gesamten Storage-Markt eine Revolution: Sowohl für die Hersteller, als auch für die Kunden. Aus technologischer Sicht kamen wesentliche Innovationen in der Vergangenheit überwiegend aus dem Server-Bereich. Als Flaschenhals entpuppte sich aber immer mehr der Storage. Denn der Compute-Prozessor kann noch so schnell sein - so lange sich die Festplatte langsam dreht, nutzt das alles nicht.
Flash ermöglicht jetzt die hohe Geschwindigkeit auf beiden Seiten.
Deshalb sind wir überzeugt, dass es in zwei bis drei Jahren in den Rechenzentren kaum noch Festplatten geben wird. Vielleicht werden hier und da noch ein paar Festplatten mit enormen Kapazitäten eingesetzt, aber alle anderen Umgebungen werden mit Flash-Technologie arbeiten. Denn sie ist jetzt bezahlbar und erfüllt gleichzeitig höchste unternehmenskritische Anforderungen, was Verfügbarkeit, Robustheit und Lebensdauer anbelangt.
Flash ist aber nicht nur eine Speichertechnologie, sondern auch eine Antwort auf wirtschaftliche Herausforderungen der Unternehmen.
Welche konkreten wirtschaftlichen Herausforderungen lassen sich mit Flash-Technologie lösen?
Achtelik: Durch den Einsatz von Flash lassen sich zum einen die Gesamtbetriebskosten für das Rechenzentrum senken. Doch neben diesem ökonomischen Aspekt kann Flash geschäftskritische Applikationen so radikal beschleunigen, dass dieses Tempo auch die Prozesse - und damit das Geschäft des Kunden ganz direkt beeinflusst. Das bedeutet letztlich: Hersteller und Partner müssen viel stärker mit den Fachbereichen des Kunden zusammenarbeiten.
Weshalb sollten Partner gerade die Fachabteilungen beim Kunden für Flash begeistern?
Kristian Behrens: Die Fachabteilungen, die zunehmend über IT-Investitionen entscheiden, spüren einen unmittelbaren Nutzen, beispielsweise durch die Performancesteigerungen bei Datenbankanwendungen. Gleiches gilt für Anwender von unternehmenskritischen Applikationen. Eine Finanzabteilung kann zum Beispiel ihre Reports drei Mal so schnell erzeugen. Denn es dreht sich nicht mehr um Rechenleistung, sondern um die schnelle Verfügbarkeit der Daten - in der richtigen Hierarchiestruktur.
Achtelik: Ein weiterer ökonomischer Aspekt, den die Flash-Technologie adressiert, ist das Problem der Wärmeabgabe und Energiemanagement in den Rechenzentren. Ein Flash-System entwickelt kaum Wärme - schon deshalb wird in zwei bis drei Jahren Flash in den Rechenzentren Standard sein, einfach um die Energiebilanz in den Rechenzentren zu verbessern.
Bei stark transaktionalen Geschäften - beispielsweise bei Investment-Bankern oder für Service Provider - mag High-Speed essentiell sein. Aber für einen mittelständischen Maschinenbauer?
Behrens: Überall, wo IT für die Unterstützung der Geschäftsprozesse wesentlich ist und Daten extrem schnell verfügbar und beherrschbar sein müssen, lohnt sich der Einsatz von Flash - ganz unabhängig von der Größe des Unternehmens. Mit Flash steht dem Mittelstand eine bezahlbare Technologie mit enorm hohem Nutzwert und Investitionsschutz für sein Geschäft zur Verfügung. Das verkürzt die Entscheidungsprozesse außerordentlich.
Alle großen Hersteller haben in den vergangenen Monaten Flash-basierte Storage-Modelle auf den Markt gebracht. Wie positioniert sich IBM gegen die Wettbewerber?
Achtelik: IBM entwickelt sämtliche Storage-Systeme inzwischen selbst. Dadurch sind wir in der Lage, die für uns sehr wichtige Flash-Technologie in unser gesamtes Storage Portfolio zu integrieren. Beispielsweise sind wir im Hinblick auf Datamanagement, Data Analytics und Cloud davon überzeugt, dass künftig jede Storage-Umgebung virtualisiert sein wird. Deshalb setzen wir sehr stark auf Virtualisierung und haben die Flash-Technologie in unsere Virtualisierungsumgebung integriert.
Gerade in dieser Integration sehen wir für Kunden und Partner einen wesentlichen Vorteil und Wettbewerbsfaktor: Der Partner erhält alles aus einer Hand, die Ausbildungsangebote orientieren sich alle an diesem integrierten Stack. Obendrein lässt sich das gesamte IBM-Storage-Portfolio - vom Entry- bis hin zum High-End-System inklusive der Virtualisierungsumgebung über eine zentrale, grafische Managementoberfläche bedienen. Das ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal. In den nächsten Monaten wird sich entscheiden, wem dieser Flash-Markt gehören wird. Der Kampf um diesen Markt ist hierzulande in vollem Gange.
Pure Storage, Fusion-IO und Nimble Storage sind durchaus gut positioniert. Bringen sie die Großen in die Bredouille?
Achtelik: Die zum Teil sehr spannenden Nischenanbieter dürfen wir nicht unterschätzen. Der Vorteil der großen Anbieter liegt in ihrem integrativen Ansatz und deren Lösungsfähigkeit. Wir können dem Kunden beispielsweise ein einheitliches Service-Konzept zur Verfügung stellen.
Behrens: Und im Unterschied zu den Wettbewerbern stellt IBM obendrein das AWR-Tool (Automatic Workload Repository) zur Verfügung: Es analysiert die Datenbankumgebung des Kunden und ermittelt sofort, welchen konkreten Nutzen der Flash-Einsatz in der individuellen Umgebung des Kunden erbringen kann.
Das ist aber erst einmal ein theoretischer Wert, eine Simulation, bei der jeder Hersteller verspricht Bestwerte herauszuholen…
Behrens: Richtig, und deshalb kann der Kunde im nächsten Schritt den Proof of Concept machen.
Also doch ein Aufwand…
Behrens: Er muss nur exakt einen Tag investieren. Deshalb ist das Proof of Concept Center so wichtig. Wir haben dafür einen sechsstelligen Euro-Betrag investiert - die größte Investition, die wir in den vergangenen Jahren in eine Demo-Umgebung und in das technische Personal getätigt haben. Denn damit kann der Partner seinem Kunden und dessen Fachabteilungen demonstrieren, dass die Flash-Lösung tatsächlich problemlos und mit deutlich schnellem, sichtbarem Erfolg funktioniert - ohne großen Migrationsaufwand oder Risiko. Denn der Partner erhält von uns ja nicht nur den Flash-Speicher, sondern wir nehmen ihm auch die Scheu vor der Technologie, indem wir ihn beim Proof of Concept und den ersten Projekten mit einem Techniker von Avnet beim Kunden unterstützen. Und mit Sicherheit kann der Partner den zweiten Proof in Concept schon in Eigenregie umsetzen, weil es so einfach ist - Ausbildung vorausgesetzt. Denn natürlich bewegen wir uns in komplexen und hoch unternehmenskritischen Bereichen.
IBM: Storage nur aus eigenem Hause
Auch IBM-Distributor Avnet setzte direkt nach dieser Übernahme sein erstes Demo-System auf Texas-Memory-Systemen auf.
IBM schreibt sich auf die Fahnen, der einzige Hersteller am Markt zu sein, der auch noch in die Grundlagen-Forschung investiert und beispielsweise in den Labors heute schon der Frage nachgeht, welche Technologie künftig die aktuellen Flash-Speicher ablösen wird.
Wie funktioniert die Migration und weshalb verändert Flash die Preisdiskussion?
Wie kann ein Anwender seine klassischen Storage-Systeme um Flash-Modelle ergänzen oder auf diese migrieren?
Achtelik: Diese Projekte lassen sich sehr schnell realisieren. Für Kunden, die bereits eine virtualisierte Umgebung betreiben, ist die Integration von Flash-Storage ein Kinderspiel, denn die Managementoberfläche unterstützt alle Systeme. Und: das Herzstück unserer Storage-Infrastruktur ist eine Virtualisierungslösung mit hoher Interoperabilität. Das sichert dem Anwender Unabhängigkeit, Schnelligkeit und Flexibilität und ermöglicht deshalb die sekundenschnelle Integration von Flash, Cloud oder auch SDS- einfach weil wir zwischen der logischen und physischen Schicht trennen - und es damit eine Unabhängigkeit von der Hardware gibt. Die Angst vor Migrationen ist deshalb unbegründet.
Behrens: Deshalb gehen wir bei Avnet nicht den klassischen Weg über ein bloßes Demo-Center, sondern über den Dreiklang: individuelle Simulation mit dem AWR-Tool, individueller Proof of Concept und Einsatz in einem konkreten Unternehmensbereich. Das nimmt die Scheu auf Kundenseite, ohne dass der Partner große Vorabinvestitionen tätigen muss.
Das PoC-Center steht seit einigen Wochen zur Verfügung. Wie wird es bislang von den Partnern angenommen?
Behrens: Die Resonanz ist enorm. Das große System ist jetzt schon bis Mitte August praktisch ausgebucht, es sind nur noch zwei Termine frei. Wobei kein System länger als zehn Tage für den PoC vermietet wird. Das zeigt, dass wir damit den Nerv am Markt getroffen haben. Möglicherweise werden wir in zusätzliche Systeme investieren, um Partnern noch mehr Flexibilität und weitere Anwendungsszenarien bieten zu können.
Sie sagten, Flash-Storage wird jetzt bezahlbar: In welcher Größenordnung bewegen wir uns hier - mal in Euro gesprochen?
Achtelik: In der Vergangenheit diskutierten Partner mit dem Kunden über den Preis pro Terabyte. Angesichts der Vorteile für die Applikations-Performance sprechen wir bei Flash aber über den Preis pro Workload. Das ist eine ganz andere Diskussion als die vierte Nachkommastelle pro Terabyte. Der Partner kann hier einen ganz anderen, direkt messbaren Mehrwert für die Geschäftsprozesse seines Kunden liefern. Hinzu kommt die neue Währung "Daten" bzw. Data Analytics. Für all diese Lösungen und die damit verbundene Transformation von einem Produkt- zum Lösungsmarkt bildet Storage das Herzstück.
Behrens: Mit den genannten Argumenten können unsere Partner jetzt die Storage-Diskussion auf einer ganz neuen Ebene weiter entwickeln - und beim Kunden einen unmittelbaren "AHA-Effekt" auslösen. Das ist eine Riesenchance. Und für die Software-Themen rund um Big Data, Analytics und Cloud liefert IBM ebenfalls die erforderlichen Stack inklusive Service. IBM ist meines Erachtens der einzige Hersteller, der das Thema: Daten auffinden, performant verarbeiten, vorhalten, strukturieren, analysieren, speichern und managen komplett und aus einer Hand abdecken kann - hardware-, software- und service-seitig.
Ich sehe hier beispielsweise Oracle als echten Wettbewerber…
Achtelik: Es gibt sehr viele Wettbewerber. Wir zeichnen uns dadurch aus, dass wir Flashtechnologie beherrschen, während andere Hersteller SSD-Systeme als Flash verkaufen. Desweiteren sind unsere Flashsysteme multi-puropse einsetzbar: als Datenbank-Beschleuniger, im VDI-Umfeld, für BI et cetera.
Kristian Behrens ist seit 2007 Director der IBM-Unit von Avnet Technology Solutions und war zuvor Vertriebsleiter IBM der Magirus Deutschland. Mit der Ernennung von Avnet als IBM Global Training Provider übernahm er im Juli 2013 zusätzlich die Leitung der Avnet Academy.
Das FlashSystem 840 POC von Avnet lässt sich direkt an die Live-Umgebung des Kunden anschließen und testen. Ausgestattet ist das POC mit zwei IBM FlashSystem 840 mit 4TB oder 12TB Speicher und einer FibreChannel-Anbindung.
Als ein von IBM autorisierter globaler Schulungsanbieter bietet Avnet Vertriebspartnern und Anwendern ergänzend intensive Ausbildungsprogramme für das gesamte IBM-Portfolio an. Die praktischen Trainings und Tests werden auf den IBM-Laborumgebungen durchgeführt.
Zum Video: "Kampf um den Flash-Markt geht in die heiße Phase"