Allied Telesyn Deutschland

Jörg Lösche musste gehen

04.06.2004
Nach knapp zwei Jahren hat Geschäftsführer Jörg Lösche Netzwerker Allied Telesyn verlassen. Angeblich, da die Neuausrichtung des Netzwerkers "mit neuem Personal" erfolgen soll. Von ComputerPartner-Redakteur Wolfgang Leierseder

Nach knapp zwei Jahren hat Geschäftsführer Jörg Lösche Netzwerker Allied Telesyn verlassen. Angeblich, da die Neuausrichtung des Netzwerkers "mit neuem Personal" erfolgen soll.

Von Wolfgang Leierseder


Es ist nicht so, dass Jörg Lösche, bis vor zwei Wochen Geschäftsführer der Allied Telesyn Deutschland GmbH (ATI), alles, was den Netzwerker betrifft, rosig sah. Gegenüber ComputerPartner sprach er noch vor etwas mehr als einem Monat von "Ernüchterung". Das Projektgeschäft sei davon geprägt, dass "wir mit mehr Kunden über mehr Projekte sprechen", aber "es fehlen die Taten".

"Vielleicht kommen sie ja in der zweiten Hälfte dieses Jahres", hoffte Lösche. Vielleicht - doch was ATI angeht, ohne ihn. Denn Lösche wurde Ende vergangener Woche vor die Tür gesetzt. Ein Coup des mit ihm und den Zahlen 2004 unzufriedenen ATI-Managements, der zumindest für die Mitarbeiter am neu bezogenen Hauptsitz in Hallbergmoos bei München überraschend kam. Am Donnerstag voriger Woche sei das europäische Management in Hallbergmoos aufgetaucht, um seine Entscheidung den Mitarbeitern mitzuteilen.

Apropos Mitarbeiter: Die sechs Berliner Kolleginnen und Kollegen lässt das gewissermaßen kalt. Keiner wagt den Gang nach München, nachdem die einst 20 Mitarbeiter zählende Filiale jetzt endgültig aufgelöst wird. Obwohl das Unternehmen eigenen Angaben zufolge Mitarbeiter für das Geschäft mit Unternehmenskunden sucht.

Doch um zu den verbleibenden 30 Mitarbeiter der Deutschland-Filiale zurückzukehren: Klar ist, dass Allied Telesyn sich im Umbruch befindet. So verabschiedete es voriges Jahr das Lowend-Portfolio mit Adaptern, Multiplexern, simplen Switches und Routern. Das vertreibt jetzt die Neugründung "Corega", deren EMEA-Präsident Lothar Baan heißt, seines Zeichens ATI-Geschäftsführer vor Lösche.

Schwieriger Eintritt in das Enterprise-Geschäft

Allied selber aber will das Geschäft mit Service-Providern und Enterprise-Kunden vorantreiben. Erstere sollen die IP-basierende, DSL zur Durchleitung von Daten nutzende IP-Multiplexer-Lösung "Triple Play" kaufen. Mit diesem bis zu 272 Haushalte beliefernden Breitband-Verteiler können Wohnblocks, Mehrfamilienhäuser und Firmen mit Daten, Sprache und Video versorgt werden. Erste Projekte für die im Juni 2003 vorgestellte Lösung hat das Unternehmen gemeldet; auf rund zwei Prozent Umsatzanteile komme das Operatorgeschäft.

Was das Enterprise-Geschäft betrifft, so ist Allied Telesyn entschlossen, zu einem gewichtigen Anbieter zu werden. Laut Lösche steht es bereits für "45 bis 48 Prozent des Umsatzes" - weltweit, was dann heißt, der für Allied so starke asiatische Markt wird mitgerechnet.

Aber auch Europa soll keine Ausnahme mehr bilden. Von seinem einstigen Dasein als braves Mauerblümchen unter den Netzwerkern, das mit Lowend-Komponenten sein Geld mal so, mal so verdiente, hat das Unternehmen längst Abschied genommen.

Allerdings gestaltet sich der Durchbruch zum Enterprise-Anbieter mühsam. Nach wie vor ist das Produktportfolio nicht komplett; zwar fehlt nicht mehr die Netzmanagement-Plattform, doch sie bedient im Wesentlichen Workgroup- und kleinere Backbone-Switches. Von ausgefeilten Highend-Switches und -Routern ist Allied noch nach wie vor einige Entwicklungs- und Support-Schritte entfernt. Das gilt auch für VoIP-Angebote. Hier sei aber im vierten Quartal "einiges zu erwarten", hatte Lösche angekündigt.

Ferner kann das Unternehmen lediglich Controlware als bekannten Integrator nennen. Um aber dem Geschäft nennenswerte Services-Umsätze hinzuzufügen, bedarf es weiterer Integratoren. Das sei in der Mache, sagte Lösche. Seine Entlassung formulierte der Netzwerker so: "Das Unternehmen tritt derzeit in eine neue Phase der Entwicklung ein, indem wir danach sehen, weitere Möglichkeiten im Markt für "Enterprises" und "Operators" zu entwickeln. Beide Seiten waren sich einig, dass - in diesem Stadium - in der Entwicklung des Unternehmens die Region Deutschland von neuem Personal angeführt werden soll."

Vorübergehend nimmt jetzt Miodrag Sundic, neben Lösche zweiter Geschäftsführer, auf dem verwaisten Stuhl Lösches Platz.

Meinung des Redakteurs

Mit Lösches Entlassung reagiert Allied Telesys Deutschland erst ein Jahr nach der deutlichen Neuausrichtung Enterprise und Service-Provider. Reichlich spät dafür, dass Lösche der falsche Mann auf dem Geschäftsführerposten gewesen sein soll. So bleibt unwidersprochen, dass das Deutschland-Geschäft schlechter ausfiel als erwartet und dass sich die Neuausrichtung schwieriger als geplant gestaltet.