5 Meinungen zur Krise

Jetzt wird der Dreck aus dem Keller geholt

10.02.2009
Wenn sich fünf IT-Schwergewichte über die Wirtschaftskrise Gedanken machen, müsste pro forma Schwergewichtiges dabei rauskommen. Und sei es nur eine Kampfansage an Konkurrenten.
Von links nach rechts: Oliver Tuszik (Computacenter), Volker Smid (HP), Willi Kaczorowski (Cisco), Robert Helgerth (Microsoft), Michael Hammerstein (EMC) und Christoph Witte, Moderator.

Cisco, Computacenter, EMC, HP und Microsoft - die Fünf waren vergangene Woche in München zusammen gekommen, um sich über passende "IT-Strategien in der Wirtschaftskrise" auszutauschen. Da das Ganze unter Podiumsdiskussion firmierte, durften die Podiumszuhörer nicht fehlen - es saßen genügend Journalisten zu Füßen der Fünf.

Zwar waren die Fünf, wie zu erwarten, auch unterschiedlicher Meinung, doch soviel erschien ihnen aktuell sicher: "Die IT-Branche ist in der Lage, schnell und flexibel zu reagieren", wie stellvertretend Willi Kaczorowski, Direktor Internet Business Solutions Group bei Cisco Deutschland, sagte. Nun ist es ein Kennzeichen dieser Branche, das oft zu sagen, weshalb das auch diesmal gesagt wurde, doch ebenso ist es oft das Kennzeichen der vom FAZ-Magazin Befragten, dass sie auf die Frage " Ihr größter Fehler?" mit "Ungeduld" antworten.

Fest stand jedenfalls sehr bald, dass man in München die Krise keineswegs zum Anlass nehmen würde, mit ein paar alten Zöpfen der IT oder der Unternehmen aufzuräumen.

Im Gegenteil; Sehr sanft, angemessen schonend wurden einige doch recht bekannte Wahrheiten ausgesprochen.

So formulierte beispielsweise Oliver Tuszik, Chief Executive Officer und Vorstandsvorsitzender von Computacenter, kernig: "Kunden tun sich schwer, ihre Kerngeschäft zu definieren". Doch sein Schluss, jetzt müssten IT-Anbieter und -Integratoren weitaus stärker als bisher der Fall Unternehmen beraten, jetzt sei es an der Zeit, "langfristig zu planen" und "den Dreck aus den Kellern" der Unternehmen zu holen, kam vielen bekannt vor. Warum das Unternehmen gerade jetzt tun sollten, obwohl sie momentan ihre Budgets zusammen streichen, auch solche, denen neue, gründlich aufräumende IT- und Business-Pläne zugrunde liegen, blieb offen.

Konsolidierung der IT-Anbieter

Auch die Hoffnung von Volker Smid, Vorsitzender der Geschäftsführung von Hewlett-Packard Deutschland, nunmehr stehe die "Konsolidierung der IT-Unternehmen selbst" auf der Tagesordnung ( mit anderen Worten, HP rechne sich schon jetzt zu den Siegern der Krise), wurde nicht zum ersten Mal geäußert. Natürlich wird die Krise Unternehmen veranlassen, ihre Zulieferer zu reduzieren und folglich auch die Menge der IT-Unternehmen, die mit Enterprise-Kunden zu tun haben. Doch dass eine solche Prognose bislang noch jede Wirtschaftskrise begleitet hat, ist bekannt. Weshalb sie auch diesmal wahrscheinlich (IT-) Unternehmen nicht mehr zu denken geben wird als bislang schon geschehen.

Michael Hammerstein, Geschäftsführer von EMC Deutschland, setzte sich für eine Standardisierung von IT-Prozessen ein. Das wird Unternehmen einerseits freuen, zumal in Krisen, wo sie nichts mehr wünschen, als dass ihre internen Prozesse endlich homogenisiert und standardisiert werden.

Warum das aber keine grundsätzliche und krisenunabhängige Aufgabe von Unternehmen sein sollte, wurde andererseits nicht diskutiert. Als würden sich nicht, um ein marktrelevantes Beispiel zu nennen, Kunden über standardisierte, auch verlässlich skalierbare Service-Angebote überhaupt, in der Krise und auch sonst, freuen.

Schließlich versicherte Robert Helgerth, Senior Director Partner und Mittelstand bei Microsoft Deutschland, dass "viele Unternehmen die Krise jetzt nutzen" würden, "um die eigenen Prozesse neu zu ordnen und in Zukunftstechnologien zu investieren".

Das wollte Podiumsmoderator Christoph Witte, Herausgeber der IT-Zeitschrift "Computerwoche", nicht auf Anhieb glauben. Er fragte nach, ob es nicht an der Zeit sei, den Innovationsdruck zu verlangsamen und sozusagen solidere, langfristigere Software anzubieten. Das beschied Helgerth abschlägig. Verstärkter Wettbewerbsdruck zwänge zu schnelleren Innovationszyklen.

Man sieht: Der aktuellen Krise entsprechen nicht kriselnde, sondern stets innovative IT-Anbieter beziehungsweise -Integratoren. Fünf davon zeigten in München, warum alles so weiter gehen soll wie bisher. Auch in der Krise. (wl)