So vermeiden Sie aufwendige Umbuchungenam Jahresende

Jetzt Bilanzierung nach neuen Regeln prüfen

23.04.2015 von Renate Oettinger
Spätestens für das Geschäftsjahr 2016 gelten neue Bilanzierungsrichtlinien. Unternehmen dürfen die Umstellung aber auch vorziehen. Wann es sich lohnt und was dabei zu beachten ist, sagt Dr. Ulrich Viefers von der Kanzlei WWS.

Der Jahresabschluss ist für Firmenlenker oft eine ungeliebte Pflicht. Gleichwohl bieten sich viele attraktive Gestaltungsoptionen. Wer die gesetzlichen Möglichkeiten systematisch nutzt, kann mit Art und Form der Bilanzierung mitunter kräftig Steuern sparen. Für das Geschäftsjahr 2016 sieht der Gesetzgeber neue Richtlinien für Jahresabschlüsse vor. Für einige Unternehmen lohnt bereits im laufenden Jahr eine Umstellung auf die künftigen Standards. Unternehmen sollten jetzt ihre Bilanzierung im Hinblick auf neue Chancen überprüfen und gegebenenfalls ihr Rechnungswesen anpassen.

Firmeninhaber und Geschäftsführer sollten mit ihrem Steuerberater prüfen, ob sich eine vorzeitige Umstellung auf die neuen Bilanzregeln lohnt.
Foto: Robert Kneschke - Fotolia.com

Die neuen Vorgaben sollen die europäische Rechnungslegung harmonisieren und Bürokratie abbauen. Ob Unternehmen von dem so genannten Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG) profitieren, hängt laut aktuellem Gesetzentwurf in erster Linie von der Unternehmensgröße und der Struktur der Erträge ab. Denn die Unternehmensgröße bestimmt den Umfang der Pflichten beim Jahresabschluss, die Struktur der Erträge wirkt sich auf die Erfolgskennzahlen aus. Überlegenswert ist eine vorzeitige Umstellung nicht nur, wenn Unternehmen durch Wegfall der Prüfungspflicht Kosten sparen. Attraktiv ist auch, wenn sich durch die neuen Vorgaben die Erfolgskennzahlen signifikant verbessern.

Neue Schwellenwerte für Größenklassen

Eine wesentliche Neuerung stellen die Schwellenwerte für die vier Größenklassen von Kapital- und Personengesellschaften dar (kleinst, klein, mittelgroß, groß). Der Gesetzgeber will die Untergrenze für eine Einstufung als "mittelgroßer" Betrieb um rund 20 Prozent anheben. Unternehmen gelten demnach erst ab einer Bilanzsumme von 6 Millionen Euro (bislang 4,84 Millionen Euro) oder einem Umsatz von 12 Millionen Euro (bislang 9,68 Millionen Euro) als mittelgroß. Gesellschaften, die künftig als "klein" eingestuft werden, profitieren von Erleichterungen in der Aufstellung, Prüfung und Veröffentlichung von Jahresabschlüssen. Damit gehen administrative und finanzielle Entlastungen einher. In allen anderen Größenklassen bleiben die Schwellenwerte und Jahresabschlusspflichten unverändert.

Das BilRUG ändert den Ausweis von Erträgen, was die Erfolgskennzahlen deutlich verändern kann. Künftig werden außerordentliche Erträge nicht mehr gesondert in der Gewinn- und Verlustrechnung aufgeführt. Dazu zählen etwa Einnahmen aus dem Verkauf von Betriebsteilen, aus Verschmelzungen oder aus Zuschüssen der öffentlichen Hand. Ähnlich verhält es sich bei den Umsatzerlösen. Bislang zählten dazu nur Einnahmen aus geschäftstypischen Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen. Künftig fließen auch Erlöse ein, die untypisch für das Geschäftsmodell sind wie etwa Erlöse aus der Betriebskantine oder aus nicht betrieblichen Mieterträgen.

Firmen können unter Umständen mit verbesserten Erfolgskennzahlen gegenüber Kreditgebern, Anteilseignern und Kunden punkten. Firmenlenker sollten deshalb dringend mit ihren steuerlichen Beratern klären, ob sich eine vorzeitige Umstellung auf die neuen Bilanzregeln lohnt. Zeichnen sich Vorteile ab, sind gegebenenfalls Änderungen bei der Buchführung vorzunehmen. So lassen sich aufwendige Umbuchungen am Jahresende vermeiden.

Die Kehrseite der Medaille

Doch jedes Ding hat zwei Seiten: Die Umsatzerlöse von bisher als "klein" eingestuften Unternehmen können unter den neuen Erlösvorgaben den Schwellenwert übersteigen und eine Einstufung in die Kategorie "mittelgroß" zur Folge haben. Dann müssen bisher als klein eingestufte Betriebe alle Bilanzierungspflichten vollständig erfüllen. Deshalb sollten Unternehmen jetzt die Vor- und Nachteile des BilRUG gründlich abwägen. Sind keine positiven Effekte zu erwarten, sollten Firmen mit der Umstellung sicherheitshalber noch warten. Auf diese Weise profitieren Unternehmen von den Erfahrungen anderer und können Fallstricke in der praktischen Umsetzung besser umgehen.

Kontakt und Infos: Dr. Ulrich Viefers ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei der WWS Wirtz, Walter, Schmitz GmbH, www.wws-gruppe.de

Meldungen zum Thema "Steuern & Finanzen"
Steuerfalle Dienstwagen
Die aktuelle Rechtsprechung fordert noch mehr Weitblick rund um den Dienstwagen. Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer beachten sollten und wie sie Fallstricke bei Firmenwagen umgehen können, sagt Christel Fries.
Mit Putzhilfe Gesetze beachten und Steuern sparen
Wenn die Putzkraft legal beschäftigt wird, entgehen Arbeitgeber möglichen Bußgeldern und Strafverfahren und sparen zudem Steuern. Details von Alexander Littich und Julia Hanke.
Steuerfalle Ehegattentestament
Viele Ehepartner verfassen ihren letzten Willen gemeinschaftlich als "Berliner Testament". Dabei lauern erhebliche rechtliche und steuerliche Tücken. Was zu beachten ist und wie Eheleute vorgehen sollten, sagt Stephanie Thomas.
Urteil zur Betriebsrente
Welche Voraussetzungen für den Bezug einer Betriebsrente ab Vollendung des 60. Lebensjahres vorliegen müssen, zeigt Michael Henn auf.
Mehr Unterhalt wegen Firmenwagen
Das Oberlandesgericht Hamm sieht einen Pkw als einen monatlichen Nutzungsvorteil, der beim unterhaltspflichtigen Einkommen zu berücksichtigen sei.
Restwertvertrag und Kilometervertrag
Die vereinbarte Ausgleichspflicht zwischen kalkuliertem Restwert und tatsächlichem Restwert in Leasingverträgen ist wirksam.
Abgeltungsteuer und Günstigerprüfung
Auch im Falle der Günstigerprüfung findet das Verbot des Abzugs der tatsächlich entstandenen Werbungskosten Anwendung. Das hat der Bundesfinanzhof entschieden.
Ehegattentestament auf dem Prüfstand
Viele Ehepartner verfassen ihren letzten Willen gemeinschaftlich als "Berliner Testament". Dabei lauern erhebliche rechtliche und steuerliche Tücken. Was zu beachten ist und wie Eheleute vorgehen sollten, sagt Stephanie Thomas.
Steuerfreie Zusatzleistungen für Arbeitnehmer
Wenn keine Gehaltserhöhung drin ist, haben Arbeitnehmer diverse Möglichkeiten, ihr monatliches Einkommen mit Zusatzleistungen trotzdem aufzustocken – und zwar steuerfrei. Die Arag-Experten nennen Beispiele.
Provisionen und Elterngeld
Erhalten Arbeitnehmer regelmäßig Provisionen neben dem monatlichen Grundgehalt, sind diese Zahlungen bei der Elterngeldberechnung zu berücksichtigen.
Diese Unterlagen müssen Sie aufbewahren
Der Bund hat ein Schreiben über die Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD) veröffentlicht. Arndt Lackner nennt Einzelheiten.
Entfernungspauschale ansetzen
Auch regelmäßige Fahrten eines Betriebsinhabers zwischen seinem häuslichen Büro und dem Sitz seines einzigen Auftraggebers stellen "Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte" dar.
Neuerungen im Steuerrecht
Mit dem Jahreswechsel 2014/2015 wurden im Steuerrecht wieder wichtige inhaltliche und verfahrensrechtliche Änderungen wirksam. Arnd Lackner stellt die Änderungen vor.
Restwertvertrag und Kilometervertrag
Die vereinbarte Ausgleichspflicht zwischen kalkuliertem Restwert und tatsächlichem Restwert in Leasingverträgen ist wirksam.
Tatsächliche Kosten ansetzen
Der Bundesfinanzhof hat zu Fahrten eines Selbstständigen zwischen Wohnung und ständig wechselnden Betriebsstätten entschieden.