ChannelPartner: Sie haben die Mahr EDV vor 20 Jahren gegründet - und erwirtschaften heute einen Großteil Ihres Umsatzes mit Cloud- und Managed Services. Das bedeutet im Umkehrschluss: Sie müssen den Shift vom klassischen Projektgeschäft zum MSP in Windeseile hingelegt haben. Wie haben Sie das geschafft?
Pascal Kube: Schon vor über 20 Jahren haben Fabian Mahr und ich Pläne geschmiedet, die wir bald haben wahr werden lassen. In der Tat erwirtschaften wir heute einen großen Teil unseres Umsatzes mit Cloud- und Managed Services. Die derzeitigen Wachstumsraten einiger Cloud- und Managed Produkte sind phänomenal. Aber: Wir haben keinen Über-Nacht-Erfolg erzielt, sondern arbeiten seit 2014 an unserem Cloud Services Angebot.
Die Cloud-Ära begann jedoch für uns bereits 2006 als wir uns mit "Terminal Servern für Kunden bei uns im Hause" wie wir Sie nannten, beschäftigten. Da war der Begriff "Cloud" noch gar nicht geboren. Für uns war wichtig, die Cloud Produkte rund und skalierbar zu gestalten, bevor wir damit an den Markt gehen. Das trägt nunmehr Früchte, wenngleich von Windeseile keine Rede sein kann.
ChannelPartner: Gleichzeitig haben Sie in den vergangenen Jahren ein Umsatzwachstum von 20 Prozent und mehr hingelegt. Dabei verschieben sich die Umsätze bei Cloud- und Managed Services doch modellbedingt eher in die Zukunft…. Wie funktioniert das?
Pascal Kube: Ein Umsatzwachstum von 10-20 Prozent hatten wir fast jedes Jahr seit 1999. In 2018 legten wir um 50 Prozent zu und erwarten ein ähnliches Wachstum auch in diesem Jahr. Unabhängig von Cloud- und Managed Services ist ein entscheidender Faktor, mehr für unsere Mitarbeiter zu tun, z.B. bester IT Arbeitgeber zu werden. Alles, was wir erreicht haben, ist ein Teamerfolg und wir sind unseren Team sehr dankbar für die hervorragende Leistung.
Auszeichnungen der Mahr EDV
TOP 3 Beste Work-Life-Balance Deutschland (Kununu-Studie, 2019)
TOP 1 TK/IT-Ranking Mittelstand Berlin, TOP 39 TK/IT DE (FOCUS-BUSINESS, 2019)
TOP Arbeitgeber Mittelstand 2019 (FOCUS-Auszeichnung/XING, 2018)
Großer Preis des Mittelstandes (Oskar-Patzelt-Stiftung, 2018)
Bestes Systemhaus - Berlin 1., Deutschland 12. Platz (ChannelPartner, 2018)
TOP 1 Arbeitgeber Berlin "coolster Arbeitgeber Berlins" (Kununu Ranking, 2018)
TOP Arbeitgeber Mittelstand 2018 (FOCUS-Auszeichnung/XING, 2017)
Finalist beim Großen Preis des Mittelstandes (Oskar-Patzelt-Stiftung, 2017)
TOP 5 Arbeitgeber in Berlin (Kununu-Studie, 2017)
TOP 16 Arbeitgeber Deutschlands (chip.de, 2017)
TOP 27 im TK/IT-Ranking Deutschland, Österreich, Schweiz (FOCUS-BUSINESS, 2017)
TOP 2 der beliebtesten Unternehmen in Berlin (Wirtschaftswoche, 2016)
ChannelPartner: Wie haben Sie Ihre Prozesse standardisiert und automatisiert?
Pascal Kube: Das war sehr viel Arbeit und erforderte sehr viel Konzentration. Der Anfang war damit getan, nicht jeden Geschäftsvorfall individuell zu behandeln, sondern diesen zu nutzen, um nachvollziehbare Prozesse aufzuschreiben. Jede interne und externe Kritik haben wir als Geschenk zu betrachten gelernt und für tatsächliches Kaizen, also kontinuierliche Verbesserung genutzt.
Natürlich ärgert man sich manchmal über seine eigenen Fehler oder schämt sich gar und möchte sie geheim halten. Das wäre jedoch grundverkehrt.
Heute werden Fehler - auch die der Geschäftsführung - im Teammeeting präsentiert, Maßnahmen gemeinsam besprochen und umgesetzt, im QM-System hinterlegt, regelmäßig revisioniert, als Grundlage für Trainings genutzt, etc. Im Ergebnis ist jeder Fehler zu einem Asset geworden, einem positiven Anstoß, der uns voranbringt.
ChannelPartner: Wie lange hat es gedauert, bis Sie den KPI-Dreiklang: Prozessoptimierung, Recruting und Ertrag so perfekt ausjustieren konnten?
Pascal Kube: Was ist schon perfekt? Wir sind sehr zufrieden mit dem Dreiklang, wenn man das so nennen möchte und doch gibt es tagtäglich viel zu verbessern. Ich glaube, genau darin, in der permanenten Justierung liegt die Stabilität des Systems.
ChannelPartner: Was bleibt die größte Herausforderung bei diesem Balance-Akt?
Pascal Kube: Die Prozesse zu optimieren war sehr günstig zu verändern. Wir mussten nur unsere eigene Einstellung verändern. Als favorisierter Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, ist noch immer teuer und erfordert neben Ehrlichkeit, Aufrichtigkeit und Kreativität, stetige Aufmerksamkeit, Veränderungswillen und Investition. Als Ergebnis erhalten wir jedoch Jahr für Jahr mehr Bewerbungen - trotz des heiß umkämpften Marktes und des Fachkräftemangels.
ChannelPartner: Was war die wichtigste Erkenntnis, die Sie auf dem Weg zum 'perfekten Dreiklang" gewonnen haben?
Pascal Kube: Dass es tatsächlich kein Perpetuum Mobile gibt, sondern permanent durch Modifikation an der Permanenz des Erfolges gearbeitet werden muss.
ChannelPartner: Inwiefern beobachten Sie bei Ihren Kunden eine Transformation, die über die reine Verlagerung des IT-Betriebsmodell in die Cloud oder an Sie als MSP hinausgeht - also tatsächlich auf der Ebene der Prozesse und Geschäftsmodelle stattfindet?
Pascal Kube: Wir haben etliche Kunden, deren Geschäftsführung wie wir, stetig an Prozessen und Qualitätsmanagement arbeitet. Diese werden nicht nur immer größer, sondern auch besser - für Mitarbeiter und Kunden zugleich. Heutzutage heißt Unternehmertum nicht mehr nur fleißig zu sein, sondern sein Unternehmen bzw. seine Prozesse in akribischer Detailarbeit - man könnte gar sagen - zu programmieren.
ChannelPartner: Inwiefern hat sich die Art verändert, wie Sie auf Ihre bestehenden und neue Kunden zugehen?
Pascal Kube: Der Kunde ist König. Wir können zwar auf Neuerungen aufmerksam machen, das tun wir, aber Beglückungsterrorismus haben wir uns abgewöhnt. Für wen Computer und Internet noch immer Neuland sind, dem wollen und können wir keine Innovation aufzwingen, halten jedoch unsere Tür offen und reichen die Hand, wenn jemand nach Innovation sucht. Das Ergebnis dieses Handelns ist, dass wir beides anbieten: Cloud-& Managed Produkte, die wir selbst entwickelt haben und genauso weiterhin den klassischen Server bei Kunden vor Ort. Wir müssen zum Glück überhaupt nicht in eine Richtung denken. Und da wir eigene Cloud Lösungen aufgesetzt haben und nicht nur solche der Big five weiterverkaufen, haben wir auch die Qualität und Profitabilität in der Hand.
ChannelPartner: Was hat sich dadurch für Ihr eigenes Unternehmen verändert?
Pascal Kube: Ich glaube, dass wir ein besserer Partner geworden sind, weil wir uns auf das technologische Level des Kunden besser einlassen können als je zuvor. Bei Mahr EDV haben wir viele Prozesse nicht nur digitalisiert, sondern vereinfacht und unsere eigenen Anwendungen intelligenter gestaltet, um sinnlose Arbeitszeit für Aufgaben, die ohnehin niemandem Spaß bereiten auf ein Minimum zu reduzieren.
ChannelPartner: Was bedeutet die Digitale Transformation für Ihr Unternehmen? Wie "leben" Sie diese?
Pascal Kube: Wir versuchen permanent Zeitfresser zu finden und zu eliminieren, statt sie einfach abzuarbeiten. Ein banales Beispiel: Wir haben unser Firmengebäude aus 1903 zum Smart Office gemacht. Mit Chip und Pin ist heute berechtigten Personen der Zugang zu den jeweiligen Bereichen möglich. Dazu geht das Licht da an, wo man es braucht, die Rollläden laufen automatisch und schützen vor "Verblendung". Wissen Sie wie viel Zeit wir früher mit der Schlüsselausgabe, der -verwaltung und Notfällen wie "Schlüssel verloren" verbracht haben. Heute sind das nur noch Mausklicks.
ChannelPartner: Jeder Hersteller appelliert an seine Channelpartner, sich mit möglichst vielen Aspekten der digitalen Transformation zu befassen - im Hinblick auf die Endkunden aber auch im Hinblick auf das eigene Portfolio. Inwiefern hat sich die Zusammenarbeit mit Ihren Lieferanten verändert?
Pascal Kube: Früher genügten uns für das Sourcing zwei Broadliner. Heute arbeiten wir auch mit vielen kleineren Distributoren und Direktvermarktern zusammen, die einfach clevere Lösungen im Portfolio haben und nicht oder nicht schnell genug von den Großen der Branche aufgenommen wurden.
ChannelPartner: Inwieweit haben sich Ihrer Erfahrung nach Hersteller selbst in der Zusammenarbeit mit ihren Partnern digital transformiert? Ist vom Digitalen Wandel in den Herstellerorganisationen und in der Wertschöpfungskette tatsächlich etwas zu spüren?
Pascal Kube (schmunzelnd): Ja, schon. Beispielsweise erhalten wir heute zahlreiche Rechnungen per E-Mail. Und jeder Lieferant sendet an eine andere E-Mailadresse.
ChannelPartner: Welche Art von Unterstützung würden Sie sich von Herstellern künftig wünschen, um auch produktübergreifende Aspekte der Transformation bei Ihren Kunden stärker vorantreiben zu können?
Pascal Kube: Support ist nach wie vor ein extrem wichtiges Thema. Wir verstehen auch die Herausforderungen der Hersteller, nicht jedem Anrufer helfen zu wollen, sondern beispielsweise nur IT-Admins, die Schulungen besucht haben. Wir haben allerdings auch interne Schulungen, um Wissen intern weiterzuvermitteln, die dann auch viel individueller auf unser Kundenumfeld zugeschnitten sind.
Wenn also ein intern geschulter Kollege anruft, hat er ebenso hervorragenden Support verdient. Zumal es auch kein Problem wäre, sein Wissen in einem Test nachzuweisen.
Derzeit jedoch bieten noch zu wenige Hersteller Online-Zertifizierungen an und noch weniger schulungsunabhängige Online-Zertifizierungen. Weiterhin sollten mehr Hersteller über guten 24/7 Support nachdenken.
Wir leisten 24/7 und haben etliche Kunden, die viel Geld dafür ausgeben, dass deren Kerngeschäft rund um die Uhr störungsfrei funktioniert. Ergo benötigen wir rund um die Uhr qualifizierten Support, der mehr als ein Agent am anderen Ende der Leitung ist, der fristwahrend den Anruf annimmt und zum Neustart rät. Nicht zuletzt fragen wir uns oft, warum sich Hersteller mit Schulungen am Wochenende und Abends so schwer tun. Dies war übrigens der entscheidende Aspekt, der uns bewegte, interne Schulungen, mittlerweile unsere ausgewachsene "Mahr-Cademy", ins Leben zu rufen und voran zu treiben.
Zum Video: "Jede interne und externe Kritik betrachten wir als Geschenk"