Test

iWork 09 - die etwas andere Office-Suite

05.03.2009 von Peer Sonne
Eine Officesuite hat es schwer, sich mit dem Boliden von Microsoft zu messen. Statt auf Konfrontation geht Apples Büropaket neue Wege, die schneller und schöner nach Rom führen

Viel Neues gab es nicht zu sehen auf der Macworld Expo 2009. Das führte dazu, dass seit langer Zeit wieder mal eine Software im Rampenlicht stand - wenn auch nicht von Big-Steve-himself präsentiert.

Büroorganisation von Apple

In der Verkaufsstatistik liegt es nicht gerade auf Platz eins und selbst in Apples Online-Store ist es nur weit hinter Microsofts Office zu finden: Trotzdem ist iWork trotz des günstigen Preises von gerade einmal 79 Euro ein vollwertiges Büropaket. Noch dazu eines, das der Mac-Philosophie "Einfach und Ästhetisch" folgt und vom Look and Feel stets auf dem neuesten Stand der Betriebssystementwicklung ist.

Während sich die Officesuite aus Redmond über fast zwei Dekaden entwickelt hat und mittlerweile als ein mit Funktionen überladener Bolide darstellt, versucht iWork mit gut gestalteten Ergebnissen für jeden Benutzer, vom Laien bis zum Profi, zu punkten. So sind zwar mit Word, Excel und Co. alle noch so abwegigen Varianten der Gestaltung möglich, doch braucht man bereits für viele alltägliche Handgriffe eine Schulung oder zumindest gute Literatur. Bei iWork hingegen steht nur ein Bruchteil der Funktionen zur Verfügung. Jedoch genau jene, die der Anwender in 90 % der Fälle benötigt.

Die Installation von iWork 09 mit dem Layout- und Textverarbeitungsprogramm Pages, der Tabellenkalkulationen Numbers und der Präsentationssoftware Keynote dauert knapp eine Viertelstunde. Damit dauert es erheblich länger als beim kostenlosen Open Office, das man lediglich per Drag-and-drop ins Anwendungsverzeichnis kopiert. Im Gegensatz zur fast 50-minütigen-Aufspielprozedur bei Microsoft Office 2008 liegt das Paket jedoch gut im Rennen.

Ein kleiner aber feiner Schritt in Richtung Benutzerfreundlichkeit ist, dass iWork 09 in der Box-Version keine Seriennummer mehr verlangt. Lediglich die Download-Variante wird per Kennung von der 30-Tage-Demo zur Vollversion freigeschaltet.

Bereits beim ersten Start zeigen sich die Anpassungen der 9er-Version gegenüber den Vorgängern. So ist die Integration in die Leopard-Umgebung besser realisiert als zuvor. Vorlagen kommen nun bei der Auswahl nicht mehr im drögen grauen Kasten daher, sondern - ähnlich wie eine Fotoübersicht in Aperture oder iPhoto - auf schwarzglänzendem Hintergrund mit angedeutetem Spiegelbild. Zudem lässt sich - wie auch bei den beiden Fotoverwaltern - die Größe der Voransicht variieren, was es ermöglicht, mehr oder detailliertere Previews anzuzeigen. Und ebenso wie bei Aperture und iPhoto zeigen sich sämtliche Seiten einer Vorlage, sobald der Mauszeiger darüber bewegt wird. Einziges Manko: Mit Multitouch-Gesten von den Trackpads neuerer Macbooks kann iWork auch in der 09er Version nichts anfangen.

In Bezug auf die Gestaltung hat Apple jeder der drei Anwendungen neue Vorlagen mit auf den Weg gegeben. Leider sind viele der Vorlagen, wie beispielsweise die meisten Rechnungsformulare, nicht für Deutschland lokalisiert. Zwar wird das Datum in deutscher Notation geschrieben, ansonsten müssen die Vorlagen jedoch für hiesiges Recht überarbeitet werden, weil etwa die zwingend vorgeschriebene Rechnungsnummer fehlt. Gleiches gilt auch bei Briefen, die einfach nicht dem deutschen Stil entsprechen. Alles in allem sind jedoch die Vorlagen professionell gestaltet und auch ungeübte Nutzer gelangen schnell zu guten Ergebnissen.

Auch an anderer Stelle wurde ästhetisches Finetuning betrieben. So verschwinden Auswahlfenster rotierend im Raum und auch die Symbolbilder am oberen Fensterrand der drei Programme haben ein Re-Design erhalten und sehen im Vergleich zur Vorgängerversion plastischer und freundlicher aus.

FAZIT

Keynote: Präsentationsprogramm mit iPhone-Steuerung

Hersteller: Apple

Preis (Komplettpaket): € 80, CHF 109

Note: 1,4 sehr gut

Leistung (30 %) 1,8

Bedienung (40 %) 1,1

Dokumentation (10 %) 1,5

Lokalisierung (20 %) 1,5

+ Einzigartige folienübergreifende Animationseffekte, iPhone-Steuerung, hervorragende Vorlagen

- Kein perfekter Import von Power-Point-Folien

Alternative: Microsoft Power Point, Open Office Impress

Ab Mac-OS X 10.4.11

http://www.apple.de

Zwei in Eins - Pages

Pages ist nicht nur eine Textverarbeitung. Deshalb unterscheidet Apple auch bei der Vorlagenauswahl zwischen rein textorientierten Dokumenten und layouteten Schablonen, wie etwa Flyern, Broschüren oder Visitenkarten. Während bei Textverarbeitungsdokumenten der Inhalt als Fließtext dargestellt wird, der gegebenenfalls von einzelnen Grafiken oder Tabellen aufgelockert ist, sind die Seitenlayouts in Pages komplett blockorientiert gestaltet.

Für all jene, die sich wie Hemingway fühlen und nur an einer Remington-Schreibmaschine kreativ sein können, bietet Pages einen neuen Darstellungsmodus. Hinter "Vollbild" versteckt sich eine Ansicht, in der sämtliche Bedienungselemente ausgeblendet werden. Der Hintergrund ist schwarz. Das Papier weiß. Das einzige, was zum perfekten Schreibmaschinen-Gefühl noch fehlte, wäre der Ton des Anschlags. Praktischerweise werden Seitenangaben sowie die Anzahl der Wörter am unteren Rand dargestellt. Weitere Informationen fehlen gänzlich. Mit der Esc-Taste gelangt man zurück zur Normalansicht. Will man hingegen nur ein wenig an der Schriftart oder sonstigen Formatierung ändern, reicht es, die Maus an den oberen Bildschirmrand zu bewegen, um das Menü und die Formatierungsleiste einzublenden.

Ebenfalls weniger für Layouter als Autoren gedacht ist die Gliederungsfunktion, die in Word bereits seit der ersten Version enthalten ist. Hiermit lassen sich Texte hierarchisch mit Überschriften in Ebenen unterteilen. Die einzelnen Abschnitte kann Pages nun auch ein- und ausklappen und auf diese Weise auch leicht Abschnitte per Drag-and-drop umstrukturieren. Um das Ganze abzurunden, ist auch bei den Vorlagen eine neue Kategorie namens "Gliederungen" vorhanden, in der bereits sechs unterschiedliche Arten der Ebenennummerierung vorformatiert sind.

Mit Metall und Granit führt Apple neue Oberflächentexturen für Diagramme in allen iWork-Anwendungen ein.
In der Vollbild-Anzeige kann man am linken Bildrand eine Seitenvorschau einblenden.

Die jedoch größte Neuerung ist, dass sich die Serienbrieffunktion endlich nicht mehr nur auf das Adressbuch als Datenlieferant beschränkt. Stattdessen können auch Numbers-Tabellen verwendet werden, um beispielsweise Inventurlisten oder Kataloge aus einer Datenbank zu erstellen. Im Gegensatz zur Einbindung von Excel-Tabellen in Word ist die Verknüpfung bei iWork restriktiver. So müssen die Tabellen speziell formatiert sein, damit Pages sie erkennt. Der Grund dafür ist, dass die Bedienung der Pages-Serienbrieffunktion um ein Vielfaches leichter und intuitiver ist als bei Microsofts Pendant. Dafür muss man auf die Flexibilität verzichten, SQL-Datenbanken und andere Datenquellen als Adresslieferant nutzen zu können.

Perfekt präsentiert - Keynote

Keynote ist wie ein konzentriertes und vereinfachtes Power Point. Das sieht jedoch nur derjenige, der daran arbeitet, nicht das Auditorium. Denn diesem werden perfekt gestaltete Folien und beeindruckende Effekte präsentiert. Wie allen Programmen von iWork hat Apple auch Keynote acht neue Vorlagen spendiert. Hier ist die neue, von Aperture entliehene Funktion, bereits bei der Vorlage durch das Überfahren mit der Maus die unterschiedlichen Folienvarianten zu sehen, besonders nützlich. Das Augenmerk der Entwickler lag bei Keynote 09 wie auch schon bei der Vorgängerversion klar auf der Weiterentwicklung der Animationen. Bei der aktuellen Version sind jedoch nicht die Animationseffekte der einzelnen Objekte, sondern eher die Animationen im Folienübergang im Fokus. Indem man Anfangs- und Endpunkt ein und desselben Objekts auf unterschiedlichen Folien festlegt, lassen sich grafische Elemente über die Folien hinaus animieren. Dabei übernimmt Keynote die Berechnung des Rendering und transformiert Farbe, Form, Position und Größe in eine weiche Animation. Gleiches gilt ebenfalls bei der Überblendung von Text von einer zur anderen Folie. Neue Spezialeffekte wie Schwingen, Schimmern oder Funken wischen Textpassagen von der Folie und ersetzen sie durch neue.

Bei der grafischen Darstellung von Zahlenwerten sind zwei neue Typen dazugekommen. Bei beiden handelt es sich um kombinierte Balken-Linien-Diagramme. Auch gibt es im Diagrammefenster einige kleine aber feine Neuerungen. Etwa, dass man Abstand und Form der Balken flexibel festlegen kann. Und einige neue Texturen, wie Granit oder Metall gibt es natürlich ebenso wie auch spezielle Diagramm-Animationen.

Der besondere Kick beim Präsentieren in Keynote 09 ist, dass man nicht nur mit einer Funkmaus von Folie zu Folie springen kann. Vielmehr gibt es für das iPhone und den iPod Touch eine Software namens Keynote Remote (Appstore, 79 Cent), die Keynote - wie der Name schon sagt - fernsteuert. Dabei erscheinen auf dem Display des iPhone wahlweise die Sprechernotizen (hochkant) oder die Folien (quer). Im Folienmodus benötigt man keinen Laserpointer mehr, um Bereiche hervorzuheben. Vielmehr setzt die Fernbedienung dies in eine entsprechende Markierung auf dem Display beziehungsweise Beamer um.

FAZIT

Numbers: Tabellenkalkulation mit guter Einbindung ins Mac-OS

Hersteller: Apple

Preis (Komplettpaket): € 80, CHF 109

Note: 2,6 befriedigend

Leistung (30 %) 3,0

Bedienung (40 %) 2,5

Dokumentation (10 %) 1,5

Lokalisierung (20 %) 2,5

+ Clevere Formelunterstützung, Gruppenzusammenfassung

- Fehlende Praxisfunktionen, keine Erweiterbarkeit, vereinzelt schlechte Lokalisierung

Alternative: Microsoft Excel, Open Office Calc

Ab Mac-OS X 10.4.11

http://www.apple.de

Zahlen mit Stil - Numbers

Während Pages und Keynote im direkten Vergleich mit Word und Power Point eine gute Figur machen, spielt Numbers noch lange nicht in derselben Liga wie Excel. Zwar verfügt die neue Version mit 250 Funktionen über 50 % mehr als die Vorgängerversion, an die Erfahrung von 24 Jahren Excel-Entwicklung kann und will Numbers nicht heranreichen. Stattdessen geht es einen eigenen Weg und kombiniert Tabellen mit anderen gestalterischen Elementen. Somit steht nicht die Tabelle im Mittelpunkt sondern die Darstellung. Trotzdem wurde bei der aktuellen Version neben der reinen Menge an Funktionen auch deren Einsatz vereinfacht. Dazu trägt eine Funktionsübersicht bei, die alle 250 Funktionen samt einer ausführlichen Beschreibung enthält. Der Eingabeassistent zeigt seit der Version 09 nicht nur die Parameter einer Funktion an, sondern ermöglicht es dem Benutzer, jeden einzelnen Parameter durch einen Doppelklick einzugeben oder aus dem Tabellenblatt zu wählen. Damit man den Überblick behält, welche Formeln in den zahlreichen Tabellen und Arbeitsplätzen eingesetzt werden, zeigt die "Formelliste" eine sortierte und gegliederte Übersicht aller Formeln der Arbeitsmappe.

Die neue Numbers-Formeleingabe erleichtert die Zuweisung von Parametern.

Was die Gliederungen bei Texten ist, sind Pivot-Tabellen bei der Tabellenkalkulationen. Eine einfache Variante ist nun auch in Numbers verfügbar. Diese ist zwar bei weitem nicht so leistungsfähig wie bei Excel. Dafür ist die Funktionalität bei Numbers leicht zu nutzen. Bei Excels Pivot-Tabellen ist dies definitiv nicht der Fall! Hat man beispielsweise eine Verkaufsstatistik, sortiert nach Regionen und Verkäufern, lassen sich die Zahlen nach diesen beiden Kriterien zusammenfassen. Durch einen einfachen Klick werden nur jene Informationen dargestellt, die gerade von Interesse sind.

Wo es bei Numbers im Vergleich zu Excel am meisten hakt sind praxisorientierte Funktionen, wie beispielsweise das tolerante Erkennen der Datumsangabe oder von Kürzeln für immer wiederkehrende Eingaben, wie Datum oder Uhrzeit. Auch die Erweiterbarkeit um neue Funktionen mit einer Makrosprache ist leider bei Numbers weiterhin nicht gegeben.

Zusammenarbeit im Internet, neuer Dienst iWork.com

iWork ist nicht so populär wie Microsoft Office. Notgedrungen, weil bis dato wegen der Kompatibilität kein Weg um das Redmond-Büropaket herumführte. Durch die Integration der neuen Microsoft-Dateiformate ist dies kein Argument mehr gegen iWork. Der zweite Hinderungsgrund war die fehlende Team-Unterstützung. Hier schafft Apple mit der Online-Sharing-Plattform iWork.com einen neuen Ansatz. Die Idee dahinter ist es, Benutzern von Pages, Numbers oder Keynote zu ermöglichen, ihre Dokumente online abzulegen. Jeder Nutzer - gleich welches Betriebssystem er einsetzt - kann die Dateien im Browser öffnen. Je nach vergebenen Rechten kann er die iWork-Dateien kommentieren oder sogar in verschiedenen Dateiformatvarianten downloaden.

Trotz Warnung von iWork.com funktioniert auch der Internet Explorer auf der Site.

Zum Publizieren reicht ein Klick auf das iWork.com-Icon, das seit Version 09 in der Symbolleiste aller iWork-Anwendungen vorhanden ist. Neben den E-Mail-Adressen kann im Dialog festgelegt werden, ob die Empfänger den Text, die Tabelle oder die Präsentation als iWork-, MS-Office- oder PDF-Dokument downloaden, kommentieren oder nur anschauen dürfen. Der Empfänger erhält mit der elektronischen Post einen Link, der ihn per Klick genau zu dem veröffentlichten Dokument führt. Online im Browser bearbeiten kann man die Dokumente allerdings nicht. Damit fällt im Vergleich zu Google Docs ein wichtiges Merkmal weg.

Was im ersten Moment als eine sehr clevere Lösung erscheint, birgt jedoch auch Schwachstellen. Die erste ist, dass die Dokumente nicht passwortgeschützt abgelegt werden. Ein Klick auf den Link reicht, um das Dokument zu öffnen. Da sich der Link im E-Mail-Text befindet, wird er auch bei Antworten oder Weiterleitungen mitgereicht. Zudem erfolgt die Übertragung über das normale HTTP- und nicht über das sichere HTTPS-Protokoll. Unter Windows erhält man bei der Verwendung des Internet Explorers einen Warnhinweis, dass lediglich Firefox und Safari unterstützt werden. In der Praxis funktioniert jedoch auch der Microsoft-Browser. Zudem ist iWork.com nur in der Betaphase kostenlos. Erst danach kann man entscheiden, ob der Service sein Geld wert ist.

Nachgemessen - Geschwindigkeit und Dateigrößen

Insbesondere im Bereich der Ressourcen haben die Entwickler von Apple ihre Hausaufgaben gemacht. So messen wir bei den Testdateien eine Verkleinerung von 68 bis 81 Prozent gegenüber den Dateigrößen von iWork 08. Beim Öffnen von Dateien - jeweils getestet mit den nativen Dateiformaten von iWork 08 beziehungsweise iWork 09 - bringt die aktuelle Keynote-Version eine Ersparnis von 20 Prozent. Bei Numbers ist der Unterschied um ein Vielfaches extremer. So öffnet die iWork-Version 08 der Tabellenkalkulationen die Testdatei in einer Minute und einer Sekunde. Die aktuelle Version braucht für dieselbe Datei nur noch 12 Sekunden. Pages bringt im Test in beiden Varianten dasselbe Ergebnis, hier hat Apple nicht optimiert.

Empfehlung

iWork ist nicht so flexibel und reich an Funktionen wie Microsofts Officesuite. Auch kostet es etwas mehr als die Open-Source-Lösung Open Office. Dafür hat man bei iWork 09 das Gefühl, dass das Programm Teil von Leopard ist. Und wenn man nicht gerade ganz spezielle Vorgaben hat, gibt es kaum Anwendungsgebiete, in denen die iWork-Anwendungen versagen, umso mehr iWork die Dateiformate von MS Office problemlos verarbeitet. Natürlich stellt Pages nicht alle Formatierungen und Funktionen von Word dar. Gleiches gilt ebenso für Numbers in bezug auf Excel und Keynote zu Power Point. In der Regel sollten jedoch auch beim Plattform- und Anwendungs-übergreifenden Austausch von Dokumenten keine Probleme auftauchen. Peer Sonne