Tipps für Meetings und Gespräche

IT-Experten als Verhandler

08.08.2012
Häufig werden IT-Experten über den Tisch gezogen. Tipps zum Gegensteuern von Hans-Jörg Schumacher.

Nicht nur Ein- und Verkäufer verhandeln, sondern auch IT-Experten in Unternehmen. Doch leider ist ihnen in Meetings und bei wichtigen (Telefon-)Gesprächen oft nicht bewusst, dass sie sich in einer Verhandlungssituation befinden. Entsprechend häufig werden sie von ihren Gesprächspartnern über den Tisch gezogen.

"Welchen Rabatt bekomme ich, wenn ich die doppelte Menge kaufe?" "Akzeptieren Sie auch einen späteren Zahlungstermin?" Solche Fragen sind Alltag, wenn sich Einkäufer und Verkäufer gegenübersitzen. Dann wird über Preise, Liefermengen und -termine sowie die Dauer von Verträgen verhandelt. Das weiß jeder.

Übersehen wird aber oft: Verhandlungen prägen nicht nur den Arbeitsalltag von Einkäufern und Verkäufern. Auch die IT-Mitarbeiter von Unternehmen sind oft mit Situationen konfrontiert, in denen unter-schiedliche Interessen aufeinander prallen. Zum Beispiel, wenn sie

- mit der Einkaufsabteilung darüber debattieren, wann das benötigte Ersatzteil für einen Server besorgt wird,

- mit einem Kollegen aus der IT-Abteilung darüber diskutieren, in wessen Aufgabenbereich das Testen einer Beta-Version fällt, oder

- mit dem Leiter einer Fachabteilung erörtern, welche Funktionen eine Softwarelösung enthalten soll.

Entsprechendes gilt, wenn die Mitarbeiter eines Projektes in einem "Meeting" erörtern: Wer macht was bis wann?

Die "Wichtigen Gespräche" sind meist Verhandlungen

In all diesen Situationen befinden sich die IT-ler in Verhandlungssituationen. Und sie stehen vor der Herausforderung getreu der Maxime "Was gibst du mir, wenn ich dir ...?" eine Lösung auszuhandeln, mit der alle Beteiligten leben können, weil sie das Gefühl haben: Meine Interessen werden ausreichend berücksichtigt.

Im Gegensatz zu den Einkäufern und Verkäufern ist es den IT-Mitarbeitern der Unternehmen aber oft nicht bewusst, dass sie sich in einer Verhandlungssituation befinden. Denn für sie bedeutet verhandeln in erster Linie "über Preise sprechen". Deshalb erkennen sie anstehende Verhandlungen oft nicht als solche. Entsprechend unvorbereitet gehen sie in die "Meetings und "wichtigen Gespräche". Und anschließend stellen sie erschrocken fest: "Verflixt, was habe ich mir da wieder eingehandelt?"

Deshalb gilt es zunächst festzuhalten: Stets wenn zwei oder mehr Personen darüber sprechen, wie sie ihre (teils) gegensätzlichen Interessen unter einen Hut bringen können, wird verhandelt. Dabei ist es sekundär, ob die Beteiligten in einer Chef-Mitarbeiter-, Kunden-Lieferanten- oder Liebesbeziehung zueinander stehen. Dies hat auf den Ablauf der Verhandlung keinen Einfluss. Stets lassen sich in einer zielorientiert geführten Verhandlung folgende vier Phasen erkennen:

- Vorbereitungsphase,

- Diskussionsphase,

- Vorschlagsphase und

- Abmachungsphase.

Die Interessen des Partners erkunden

Vorbereitungsphase:

Hier wird der Grundstein für ein erfolgreiches Verhandeln gelegt. Trotzdem nehmen sich viele Verhandler für die Vorbereitung wenig Zeit. Sie verfahren nach der Devise: "Ich höre mir erst mal an, was die andere Seite sagt." Entsprechend leicht werden sie vom Gegenüber über den Tisch gezogen, da sie nicht wissen, was ihnen wichtig ist. Deshalb sollten Sie vor jeder Verhandlung (schriftlich) fixieren:

- Um welche Inhalte/Gegenstände geht es in dem Gespräch?

- Welche Interessen/Wünsche habe ich bezogen auf die einzelnen Verhandlungsgegenstände?

- Was ist meine Ausgangsposition?

- Welche Ziele sind für mich unabdingbar? Und: Wann breche ich (sofern möglich) die Verhandlung ab?

Erst danach sollten Sie sich mit dem Verhandlungspartner treffen.

Diskussionsphase:

Hier beschnuppern sich die Partner. Sie versuchen, durch ein wechselseitiges Frage- und Antwortspiel auszuloten, welche Interessen die jeweils andere Seite hat. Außerdem: Wie groß sind ihre Verhandlungsspielräume und was ist ihr besonders wichtig? Bereits diese Phase ist von einem Geben und Nehmen geprägt. Verhält sich ein Partner extrem zugeknöpft, öffnet sich auch der andere nicht. Deshalb gerät die Verhandlung schnell in eine Sackgasse. Entsprechend wichtig ist es, eine harmonische Gesprächsatmosphäre zu schaffen. Zum Beispiel, indem Sie Ihren Verhandlungspartner loben. Oder indem Sie ihm Zustimmung signalisieren: "Ich bin wie Sie der Auffassung, dass ..." Oder indem Sie durch Rückfragen klären, warum dem Partner bestimmte Dinge wichtig sind.

Haben die Partner die jeweiligen Positionen geklärt, beginnt die zweite Stufe der Diskussionsphase. Nun gilt es, Signale für die eigene Verhandlungsbereitschaft auszusenden und die eigenen Antennen auszufahren für die Signale des Partners. Signale sind zum Beispiel Sätze wie "Eigentlich gehört dies nicht zu meinen Aufgaben" (aber unter gewissen Umständen wäre ich bereit, ...). Oder: "Ich kann Ihren Vorschlag so nicht akzeptieren" (... aber vielleicht, wenn Sie ihn leicht abwandeln).

Oft begehen Verhandler in dieser Phase den Fehler, Signale des Partners bewusst zu ignorieren. "Den lasse ihn mal zappeln, dann wird er weich." Meist ist dies falsch" Denn hierdurch zerstören sie die Gesprächsbasis. Schließlich wagt sich der Partner, wenn er ein solches Signal aussendet, aus seinem Schneckenhaus. Wird er hierfür nicht gelobt und mit Gegen-Signalen belohnt, zieht er sich wieder zurück. Die Folge: Die Verhandlung zieht sich entweder in die Länge oder gerät in eine Sackgasse.

Angebote an Bedingungen knüpfen

Wenn die Partner sich wechselseitig Signale ihrer Verhandlungsbereitschaft gesandt haben, beginnt die Vorschlagsphase.

Vorschlagsphase:

Nun unterbreiten sich die Partner Vorschläge. Ein Vorschlag besteht stets aus zwei Elementen: einer Bedingung und einem Angebot. Zum Beispiel:

- "Wenn Sie die passenden Headsets besorgen, kann ich das neue Videokonferenzsystem bis zum Wochenende implementieren."

- "Wenn Sie uns das Pflichtenheft bis morgen senden, können wir den Job vielleicht noch in unsere Wochenplanung aufnehmen."

- "Wenn Sie mir einen entsprechenden Freizeitausgleich gewähren, dann führe ich die Serverwartung außerhalb unserer Geschäftszeiten durch."

Beim Formulieren der Vorschläge gilt: Unterbreiten Sie nie sogleich Ihr Maximalangebot. Denn dann haben Sie kein Ass zum Pokern mehr im Ärmel. Außerdem: Erklären Sie Ihren Vorschlag nicht lang und breit. Denn nun ist erst mal Ihr Gegenüber an der Reihe. Er muss darauf reagieren - zum Beispiel, indem er

- sich nach den genauen Bedingungen erkundigt,

- Ihnen seine Bedenken erläutert oder

- Ihnen einen Gegenvorschlag unterbreitet.

Über Vorschläge kann und sollte man debattieren. Dann wird meist schnell deutlich, was den Beteiligten besonders wichtig ist. Zum Beispiel geringere Wartungskosten, mehr Sicherheit, weniger Arbeit, mehr Anerkennung. Wenn dies klar ist, können die ersten Alternativvorschläge unterbreitet werden. Zum Beispiel: "Wir entwickeln und implementieren Ihnen die Software bis Ende des Monats, wenn Sie bis nächste Woche die Spezifikationen definieren und Sie uns bis Monatsende einen Ihrer Mitarbeiter zur Unterstützung überlassen." Nun werden also die ersten Angebotspakete geschnürt. Diese haben stets Vorschlagscharakter. Das heißt, sie sind an Bedingungen geknüpft. Ist so allmählich eine weit gehende Einigung erzielt und zeichnet sich die Lösung ab, beginnt die Phase der Abmachung.

Abmachungsphase:

Hier gilt es, eine konkrete Vereinbarung zu erzielen. Hierfür müssen zunächst für die einzelnen Verhandlungsgegenstände Teilübereinkünfte erzielt werden. Dabei sollten Sie keine Zugeständnisse ohne Gegenleistung machen. Außerdem muss stets deutlich bleiben: Alle Verhandlungsgegenstände sind miteinander verknüpft. Und: Nichts ist vereinbart, solange nicht alles vereinbart ist.

Das ist wichtig! Denn (unfaire) Verhandlungspartner versuchen oft, Teilübereinkünfte, die ihnen entgegenkommen, bereits als bindend zu erklären, wenn andere Verhandlungsgegenstände noch offen sind. Eine typische Formulierung, an der Sie einen unfairen Verhandlungspartner erkennen, ist: "Aber wir waren uns doch einig, dass ..." Oft bluffen unfaire Verhandler auch mit einem "letzten Angebot" oder drohen gar mit dem Abbruch der Verhandlung. Deshalb ist es wichtig festzuhalten: keine Zugeständ-nisse ohne Gegenleistung. Ist die letzte Hürde überwunden, gilt es, das Vereinbarte festzuhalten - und zwar in allen Einzelheiten. Ein Punkt, der oft vernachlässigt wird. Die Folge: Eine Teilvereinbarung gerät schnell in "Vergessenheit", und der Streit über die getroffene Vereinbarung beziehungsweise deren Auslegung beginnt. (oe)
Der Autor Hans-Jörg Schumacher arbeitet als Managementberater und -trainer für die Unternehmens-beratung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal (www.kraus-und-partner.de).
Kontakt:
Tel.: 07251 989034, E-Mail: hansjoerg.schumacher@kraus-und-partner.de