Laut Boston Consulting kleben IT-Service-Provider an starren Geschäfts- und Preismodellen. Dagegen profitieren Provider wie Kunden von flexiblen Modellen.
von Andreas Schaffry
Geringere Wachstumsraten, weniger Eigendynamik, vielleicht eine "Midlife-Crisis": Die IT-Service-Branche weist alle Anzeichen einer "reifen" Industriesparte auf, die sich ihr Dasein gemütlich macht. IT-Service-Anbieter haben mit der Reduzierung von Komplexität, durch Standardisierung und Automatisierung sowie exzellente Prozesse die traditionellen Methoden ausgereizt, um IT-Services optimiert und kosteneffizient bereitzustellen.
Kosten für IT-Services variabel gestalten
Doch immer mehr Kunden fordern variable Preisstrukturen beim Bezug von IT-Services. Die Kosten sollen sich an der tatsächlichen Service-Nutzung orientieren, die wiederum von der geschäftlichen Entwicklung abhängt. Die Preismodelle für den Bezug externer IT-Services müssen daher an die Unternehmensleistung gekoppelt werden. Das fordern Guy Gilliland und Holger Wenzky, Partner bei der US-Management-Beratung Boston Consulting Group, in der Denkschrift "Transforming the Business Model for IT-Services". Dadurch könnten die Provider ihre IT-Services so bündeln, dass diese gezielt wichtige Geschäftstreiber unterstützen.
Die Richtung geben den Autoren zufolge Cloud-basierte Angebote vor wie sie die Amazon-Web-Services-(AWS)-Plattform bereitstellt. Die AWS-Plattform verbindet klassische IT-Servicefunktionen mit einem Preismodell, das sich an der tatsächlichen Nutzung für Storage-, Datenbank-Hosting und anderen Infrastruktur-Services orientiert. In dieser Kombination sehen Gilliland und Wenzky den Schlüssel zur Transformation der herkömmlichen Geschäftsmodelle in der IT-Services-Industrie. Diese geschieht in folgenden vier Schritten.
Schritt 1: Geschäft und Daten der Kunden verstehen
IT-Service-Provider konzentrieren sich bislang weitgehend auf IT-spezifische Fragestellungen. In Zukunft müssen sie auch die Geschäftstätigkeit ihrer Kunden hinterfragen. "Mit welchen Aktivitäten wird besonders viel Umsatz gemacht?", "Durch welche IT-Prozesse werden diese unterstützt und welche Daten dafür genutzt?".
Die Antworten auf diese Fragen liefern den Providern wichtige Informationen, wie IT-Prozesse zu gestalten und die nötigen IT-Services zusammenzustellen sind. Die Preisgestaltung für die Services richtet sich nach der Business-Performance. Läuft das Geschäft besser, zahlt der Kunde mehr, flaut es ab entsprechend weniger.
Schritt 2: Maßgebliche Geschäftstreiber identifizieren und definieren
In der Regel gibt es eine direkte Verbindung zwischen einem IT-Service, der an einen Provider ausgelagert wird, und den Treibern für eine bessere Geschäftsleistung. Dabei lässt sich relativ einfach der Beitrag ermitteln, den eine Anwendung zur Performance-Verbesserung liefert, die einen Kernprozess direkt unterstützt. In einem CRM-System kann das die Anzahl der Abonnenten sein, in einem Reservierungssystem die Zahl der Buchungen oder der Passagiermeilen.
Schwieriger verhält es sich mit Anwendungen, die Geschäftsprozesse zwar nicht direkt unterstützen, aber zu deren Verbesserung maßgeblich beitragen können. Zu diesen "Enablern" zählen Business-Intelligence-(BI)- und Data-Warehouse-(DW)-Systeme. Diese sollten ebenfalls in den Preis für die Bereitstellung von IT-Services für die Kerntransaktionen einkalkuliert und mit Daten der jeweiligen Geschäftstreiber gefüttert werden.
Schritt 3: Preise für IT-Services exakt festlegen
Die Informationen zu den Geschäftstreibern, etwa ein ausgebuchtes Flugzeug oder die Anzahl der Passagiermeilen, liefern den Service-Providern die notwendigen Kennzahlen um die IT-Kosten an die Unternehmensleistung der Kunden anzupassen.
Erst dann kann für einen IT-Service ein exakter Preis ermittelt werden. Darin sind die Einzelkosten der verwendeten Komponenten wie Mainframe, Netzwerke, Storage, Applikations-Wartung sowie End-User-Support gesondert zu berücksichtigen.
Die Berechnung der Preise kann auf der Basis historischer Daten erfolgen, die vom Kunden bereitgestellt werden. Hinzu kommt, dass die Provider auch den Nutzen eines IT-Service für den Kunden bewerten müssen. Nur so lässt sich ein Preismodell entwickeln, das ausreichend Marge abwirft.
Schritt 4: Delivery-Modell für IT-Services optimieren
Durch das veränderte Geschäftsmodell profitieren Kunden von einer variablen Kostenstruktur. Im Gegenzug müssen Provider zum Teil starke Kapazitätsschwankungen etwa bei der Anzahl der zu verarbeitenden Transaktionen, preislich ausgleichen können.
Die Schwankungen ließen sich durch eine Multi-Tenant-Strategie, bei der mehrere Kunden Hardware-Ressourcen gemeinsam nutzen, abfedern. Ebenso gehören die Supply Chain und das Betriebsmodell von IT-Service-Providern auf den Prüfstand. Durch einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess sollte nicht zuletzt die Bereitstellung von IT-Services laufend optimiert werden.
(Der Beitrag wurde von der CP-Schwesterpublikation CIO übernommen / rb)