IBM-Manger Frank Strecker

"IT-Anschaffungen werden mit Blick auf Cloud getätigt"

12.04.2012
Weshalb bei den Unternehmen hierzulande die Private Cloud auf dem Vormarsch ist, erläutert Frank Strecker, Direktor, Cloud Computing IBM in Deutschland.
Frank Strecker verantwortet bei IBM in Deutschland das Cloud-Geschäft
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Weshalb bei den Unternehmen hierzulande die Private Cloud auf dem Vormarsch ist, erläutert Frank Strecker, Direktor Cloud Computing bei IBM Deutschland.
Welchen Beitrag hat das Cloud-basierte Geschäft bei IBM derzeit?
Frank Strecker: Das Umsatzwachstum der IBM betrug 2011 weltweit 7,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Auch 2011 hat IBM ihr Cloud-Portfolio kontinuierlich erweitert. Der weltweite Umsatz mit Cloud-Computing hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verdreifacht. Damit hat das Cloud-Business einen wesentlichen Beitrag zum Gesamtumsatzwachstum beigetragen. Die IBM baut ihr weltweites Cloud Portfolio weiter aus, um weiter Marktanteile zu gewinnen. Die Zahlen zeigen: Immer mehr Unternehmen gehen in die Cloud. Dies spiegelt sich auch bei IBM wieder: Tausende Kunden profitieren von der Branchenexpertise und weltweiten Erfahrungen auch beim Management komplexer Outsourcing- und Transformations-Projekte.

Mit welchem Anteil rechnen Sie in etwa fünf Jahren?

Strecker: Cloud Computing liegt dem Bitkom zufolge zum zweiten Mal in Folge auf Platz eins der wichtigsten IT-Themen. In fünf Jahren werden etwa zehn Prozent der gesamten IT-Ausgaben auf diese Technologie entfallen. Cloud Computing hat sich innerhalb weniger Jahre zu einem Milliarden-Markt entwickelt - weltweit und in Deutschland. Der Umsatz mit Cloud Computing in Deutschland steigt voraussichtlich von 1,9 Milliarden Euro im Jahr 2011 auf 8,2 Milliarden Euro im Jahr 2015, so die Schätzungen der Experton Group. IDC rechnet bereits für 2012 mit einem Marktvolumen für Cloud Computing von rund 42 Milliarden US-Dollar weltweit.

Wie stark geht Ihrer Erfahrung nach das Cloud-Business zu Lasten des klassischen Verkaufs von IT-Hard- und Software?

Strecker: Es wird nach wie vor Software und Hardware gekauft, aber im Hinblick auf interne private Cloud-Implementierungen. Über die nächsten fünf Jahre erwarten wir einen Rückgang zugunsten von Managed Cloud Lösungen und in Richtung Software as a Service (SaaS). Cloud Computing ist eine zusätzliche Sourcing-Variante und bedeutet einen Paradigmenwechsel hinsichtlich der Art und Weise, wie IT und IT-gestützte Services von Unternehmen bereitgestellt und genutzt werden können. Wir sehen, dass Cloud in Deutschland im Moment stark im Bereich Private Cloud wächst, d.h. neue Anschaffungen werden im Hinblick auf Cloud getätigt. Extrem stabil virtualisierbare Umgebungen wie Power-Architekturen zeigen hier besonders ihre Vorteile, aber auch unsere neuen integrierten "hybriden" Mainframe-Systeme.
Bei Software wird Wert gelegt auf Lösungen, die herstellerübergreifend virtualisieren, integrieren und verwalten können. Software oder Systeme, die nur einen bestimmten Hersteller an Prozessorarchitektur, Speicher oder Netzwerkmodulen erlauben, haben von vornherein das Nachsehen.

In welchen Bereichen werden sich Ihrer Meinung nach Cloud-Lösungen etablieren (private, hybrid, public) und in welchen Bereichen wird die Cloud auch künftig keine wesentliche Rolle spielen?

Strecker: IBM bietet Cloud-Lösungen für Unternehmen an. Hier sehen wir heute noch die Tendenz zu Privaten Clouds, insbesondere wenn es um die Verwaltung von unternehmenskritischen Daten geht. Die Trends zeigen aber, dass die Public Cloud an Bedeutung gewinnt bei Collaboration, Social Media und Sicherheitslösungen aus der Cloud. ISV-Lösungen von Partnern auf sicherer Infrastructure as a Service (IaaS) von IBM spielen schon heute eine wichtige Rolle. SaaS wird zunehmen in allen Bereichen, in denen sich Vorteile aus dem gemeinsamen Nutzen von Wissen, Information und Austausch ergeben.
Im Rahmen von "Smarter Planet", der IBM Vision einer intelligenteren Welt mit Unterstützung von IT, werden wir auch immer mehr gemeinsam genutzte Dienste sehen, nicht immer Public, aber "virtual private", d.h. von mehreren Unternehmen oder auch von Gemeinden und Städten gemeinsam genutzt. Das IBM Intelligent Operations Center (IOC) wird von immer mehr Kunden eingesetzt, so z.B. zuletzt zur Organisation von Veranstaltungen im Dolphin Stadium in Miami.
Wenn man den Privatkunden-Bereich beobachtet, wo die digital Natives heute schon Dienste wie FaceBook, Pintrest, FoursQuare oder Qype nutzen, dann können Sie sich vorstellen, wie hoch das Potenzial ist. Nicht alles wird sich auf Unternehmen übertragen, aber es werden definitiv neue Geschäftsmodelle für Unternehmen entstehen, die wir uns heute noch gar nicht vorstellen können.

Rollen der Partner in der Cloud
Was alle Rollen eint
Die Hauptaufgabe der Partner wird im Cloud-Geschäft sein, Kunden strategisch zu beraten, die künftigen Prozesse zu definieren und bei der Auswahl passender Cloud-Dienste zu unterstützen. Wo beispielsweise könnten sich für den Anwender Standardapplikationen lohnen? Wo zusätzliche Ressourcen aus der Cloud bezogen werden? Was sollte der Kunde auf keinen Fall auslagern?
Cloud Consultant
System- und Beratungshäuser müssen dazu Cloud-spezifisches Technologie-Know-how aufbauen, Demo-Kapazitäten bereitstellen und gegebenenfalls eigene Betriebsumgebungen aufbauen.
Cloud-ISV (Independent Software Vendor)
Bietet seine Applikationen als Web-basierte Services an (SaaS). Vermarkten lassen sich die Anwendungen auch über B2B-Marktplätze (Appstores), die zunehmend von Herstellern, beispielsweise von IBM, Fujitsu, HP, SAP, aber auch seit kurzem von der Telekom angeboten werden.
Cloud-Dienstleister
Anbieter von Dienstleistungen rund um die Cloud, mit Schwerpunkt auf Orchestrierung und Integrierung von Cloud-Leistungen für und beim Kunden. Hier geht es darum, den Mix aus traditionellen On-Premise-Applikationen (betrifft vor allem ERP-Software) mit Cloud-basierten Services und Applikationen zu verknüpfen und dafür ein einheitliches Management zu schaffen.
Cloud Provider
Anbieter oder Hoster von Platform as a Services (PaaS). PaaS umfasst zusätzlich zur Infrastruktur auch Entwicklungsumgebungen, Vereinbarungen über die Laufzeiten, Monitoring, Skalierung, Service Level Agreements (SLA), Abrechnungssysteme, etc.
Cloud Builder
Partner, die Kunden dabei unterstützen, Rechenzentren und Applikationen so umzurüsten, dass sie Cloud-fähig werden

Was sind bei Ihren Endkunden die klassischen Auslöser, um sich mit Cloud-basierten Modellen auseinanderzusetzen?

Strecker: Unserer Erfahrung nach führen Veränderungen in der Unternehmensstrategie oder andere externe und interne Auslöser zur (Neu-)Evaluation von Sourcing-Varianten. Dazu gehören wachsender Kostendruck oder veränderte Kundenanforderungen, die Ausbreitung in neue Märkte und starkes Wachstum, regulatorische Eingriffe, Fusionen oder der Verkauf von Unternehmensteilen. Weitere Auslöser können auch der Mangel an eigenen ausreichen qualifizierten Ressourcen und Fähigkeiten, dem Wunsch nach einer besseren Ausnutzung von Technologiesprüngen oder notwendigen IT Infrastrukturanpassungen. Damit sprechen neben Kostenvorteilen und Kostenflexibilisierung noch weitere Argumente für unterschiedliche Varianten von Sourcing: Es erleichtert den Innovationstransfer, sorgt für eine bessere Fokussierung auf das Kerngeschäft und die Kernkompetenzen, bietet eine höhere unternehmerische Flexibilität und sorgt für eine bessere Reaktionsfähigkeit. Zudem bieten einige Sourcing-Varianten auch interessante Optionen für die Risikoverteilung und -verlagerung.

Was empfehlen Sie Unternehmen, die eine Auslagerung bestimmter Dienste oder Anwendungen in die Cloud erwägen?

Strecker: Um IT-Leistungen sowohl aus Qualitäts- als auch aus Kostensicht optimal zu erhalten, sollte jedes Unternehmen eine individuelle Sourcing-Strategie definieren. Ausgangspunkt aller Überlegungen zum Einsatz von Sourcing-Lösungen sind die Fragen:

  1. Welche Anforderungen stellt meine Geschäftstätigkeit aktuell an meine IT Systeme?

  2. Wie kann ich meine IT möglichst flexibel auf zukünftige Geschäftsentwicklungen vorbereiten, z.B. für den Fall von Mergers, Acquisition oder Divestitures?

  3. Mit welcher Sourcing-Lösung können die bestehenden Anforderungen möglichst kostengünstig erfüllt werden?

Welche Rolle werden Applikations-Marktplätze der Hersteller künftig für das SaaS-Geschäft spielen?

Strecker: Mittelfristig sind diese Applikations-Marktplätze ein wichtiges Feld. Langfristig werden Kunden aber Business Process as a Service nachfragen, um ganze Geschäftsprozesse in die Cloud verlagern zu können.

Je höher der Cloud-Anteil, desto geringer fällt in der ersten Phase beim Vertriebspartner gewöhnlich das transaktionsorientierte Geschäft aus. Die Höhe der Umsätze mit Hard- und Software bilden jedoch ein wichtiges Kriterium für die Einstufung des Resellers im Partnerprogramm. Inwiefern honorieren Sie das Engagement der Partner in Richtung Cloud tatsächlich?

Strecker: IBM arbeitet eng mit Geschäftspartnern zusammen und unterstützt sie beim Aufbau von Know-how und Branchenexpertise, beispielsweise durch Qualifikation und Zertifizierung im Rahmen des "IBM Cloud Specialty Programm" für Geschäftspartner. IBM unterstützt Partner dabei, ihr eigenes Geschäftsmodell zu "cloudifizieren" und eine eigene Cloud Strategie zu entwickeln.

Was sind Ihrer Erfahrung nach die größten Hürden, die Vertriebspartner beim Wandel ins Cloud-Geschäft meistern müssen, und wie unterstützen Sie Partner auf diesem Weg?

Strecker: Die Herausforderungen liegen im Aufbau von Know-how im Bereich Cloud Computing und Branchenexpertise sowie darin, das Vertrauen der Kunden als Partner auf dem Weg in die Cloud zu gewinnen. Hier arbeiten wir mit unseren Partnern Hand in Hand.
(rb)

Cloud Computing: Markt & Meinungen
Cloud-Markt in Deutschland 2012 bis 2017: Investitionen und Ausgaben nach Segmenten (B2B) in Millionen Euro
Quelle: Experton Group 01/2013
Cloud-Technologien: Marktanteile in Deutschland 2013 (1,55 Milliarden Euro)
Quelle: Experton Group 01/2013
Das treibt Unternehmen in die Cloud:
mangelnde eigene IT-Ressourcen, Wunsch, vorhandene Ressourcen effizienter zu nutzen Wunsch nach Kostensenkung; schnellere Bereitstellungs- und Evaluierungszeiten (Druck aus Fachabteilungen); mehr Flexibilität; bessere Arbeitsabläufe; Verantwortung für IT-Betrieb stärker auf den Anbieter verschieben