Distribution

Ist Ingram Micro noch ein Distributor?

13.03.2019 von James Enderson
Ingram Micro entfernt sich immer weiter von seiner Rolle als reiner Distributor und fällt nun eher in die Kategorie "Solution-Aggregator".
Ingram Micro One-Konferenz in Singapur

Der Broadliner ändert radikal sein Geschäftsmodell und sucht neue Partner, Lieferanten und Kunden. Auf der Ingram Micro One-Konferenz in Singapur wurde deutlich, dass Ingram Micro eher die Rolle des "Solution-Aggregators" einnehmen und sein Dasein als reiner Distributor beenden möchte.

Kreatives Marketing? Vielleicht! Reine PR-Strategie? Möglicherweise, aber eine solche öffentliche Bekanntmachung gibt der These, dass der Channel einem radikalen Wandel unterliegt, neue Nahrung. "Wir sind ein Lösungsaggregator", sagt Nimesh Davé, Executive Vice President of Global Cloud bei Ingram Micro. "Jedes in der IT-Branche erfolgreiche Unternehmen trägt heute mit eigenen Leistungen und Services zur Wertschöpfung des Kunden bei", so der für das weltweite Cloud-Geschäft verantwortliche Ingram Micro Manager.

Angetrieben von "CloudBlue" - einer neu eingeführten Cloud-eCommerce-Plattform - möchte Ingram Micro in ein neues Marktsegment eintreten - in einen Markt, in dem sich bisher nur Softwarehäuser (ISVs) tummeln. "Einige unserer kleinsten Partner schaffen die besten Lösungen auf diesem Markt", fügt Davé hinzu. "In Zusammenarbeit mit Microsoft Azure zum Beispiel helfen wir diesen Partnern bei der Kommerzialisierung ihrer Lösungen. Wir glauben, dass wir damit Services offerieren, die nicht typisch für das Angebot eines Distributors sind."

Im Mittelpunkt einer solchen Marktverschiebung werden ISVs stehen, die als neue Waffe im Ingram-Micro-Cloud-Arsenal gelten. "Jeder erfolgreicher Partner wird ein ISV sein", meint Davé. "Dann trägt er auch seinen persönlichen Anteil zur Wertschöpfung des Kunden bei. Jetzt gilt es nur noch darum, diese Leistung zu monetarisieren. Es gibt nicht nur einen Kunden, der davon profitiert, es könnten 50 Millionen sein.“

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"Heute würde ich alle Partner als ISVs einstufen. Wir haben die größte ISV-Pipeline, die wir je hatten. Das ist die neue Software." Davé sagte ferner in Singapur, dass Ingram Micro in Kürze Self-Boarding-Funktionen für ISVs einführen werde, die es Softwareentwicklern ermöglichen, Lösungen auf jedem Marktplatz einzusetzen. "Wir bieten jedem Kunden den Zugang zu großartiger Software", fügt der Ingram Micro-Manager hinzu. "Aber ein Marktplatz kann leicht überladen wirken, wenn dort zu viele Lösungen auftauchen. Wir müssen all diese Apps vorher überprüfen, hier gelten wir als unabhängige Instanz."

Davé gab zu, dass sich die Fähigkeit zur Lösungsaggregation so ausweiten könnte, dass Ingram Micro im Markt als Systemintegrator wahrgenommen werden könnte. Eine solche Fokusverlagerung - mehr Systemintegration, Beratung und Professional Services - könnte vom Channel so verstanden werden, das Ingram Micro in direkten Wettbwerb mit ihm eintritt.

"Das ist nicht so", widerspricht dem Mike Zilis. Für den Ingram Micro-Verantwortlichen der Region Asien-Pazifik gehe es eher darum, mit den richtigen Partnern zusammenzuarbeiten, je nachdem, was die spezifischen Kundenbhedürfnisse der Kunden sind: "Es geht hier um eine viel direktere Zusammenarbeit mit Endverbraucher, aber immer noch durch ein Partnermodell", so Zillis weiter.

Wettbewerber Tech Data, Westcon und Arrow

Diese neue Ausrichtung von Ingram Micro bedeutet, dass sich der Broadliner von den bisherigen Wettbewerbern wie Tech Data, Also, Westcon-Comstor und Arrow ECS wegbewegt. "Dafür gibt es viele andere kleinere Unternehmen, mit denen wir jetzt konkurrieren", erklärt Davé und meint damit, dass die Grenzen zwischen den bisher streng getrennten Playern in der Branche immer mehr verschwimmen. So entwickelt sich der Channel vom bisherigen linearen Modell "Verkäufer - Distributor - Reseller" zu einem moderneren Modell von Innovation und Zusammenarbeit - zu einem neuen Wertschöpfungsnetz mit immer mehr Mitspielern.

Ingram Micro Hauptsitz in Irvine, Kalifornien
Foto: Ingram Micro

Heißt das, dass für die klassische Distribution die Rolle des Mediators vorbei ist? Besteht in einer Cloud-Welt noch Bedarf an einem Vermittler? "Wir sind nun an mehreren Punkten tätig", sagt Felix Wong, Chief Country Executive von Australien und Neuseeland (A/NZ) bei Ingram Micro. "Wir übernehmen immer noch die Funktion des Vermittlers, aber wir übernehmen auch andere Funktionen, wie die des Software-Aggregators oder des Finanzdienstleisters."

Die traditionellen Vertriebsfunktionen, für die Ingram Micro bekannt ist, gehen keineswegs verloren - sie bleiben ein Kernelement des Unternehmens und ein entscheidender Aspekt der "go to market"-Strategie. Aber Reseller, Managed Service Provider und Systemintegratoren verändern sich, angetrieben durch das Aufkommen von ISVs, Startups, Beratungsfirmen und App-Entwicklern. "Besonders viele Veränderungen wurden durch die Cloud angestoßen", fügt Zilis hinzu. "Wir haben eine Reseller-Basis, von denen einige bereit waren, im Cloud-Bereich neues Business zu generieren. Und dann gibt es noch die neuen "born in the cloud"-Dienstleiter."

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"Diese Entwicklung im Channel läuft parallel zu der Evolution der Kunden. Die neuen Reseller müssen die veränderten Bedürfnisse ihrer Kunden befriedigen - mit Technologien, Schulungen und weiter gehenden Services. Diese neuen Partner müssen wir mit den passenden Angeboten versorgen. Daran hat sich nichts verändert", so der Ingram Micro-Verantwortliche der Region Asien-Pazifik.

Neue Vertriebskanäle: Energieversorger und Banken

Mark Iles, Executive Consultant bei Tech Research Asia, wirft einen Blick auf die Immobilien-Branche:

"Wurden Sie jemals vor den Toren eines Anwesens mit einem strahlenden Lächeln begrüßt? Von einem gut gekleideten Makler im Maßanzug, mit dem Verkaufsprospekt in der einen und dem Schlüsselbund in der anderen Hand? Willkommen in der Welt der Immobilienmakler, die von vielen als geldgierige Geschäftsleute angesehen werden, die nur von Provisionen gesteuert sind. Eine Welt, die vom Verkauf dominiert und von vielen so kritisch angesehen wird. Da lohnt es sich, einen zweiten Blick darauf zu werfen, denn die Partner von heute könnten morgen unsere Mitbewerber sein."

"Schauen Sie sich diejenigen an, die dem Kunden am nächsten sind und die die sich daraus ergebenden Geschäftschancen sofort ergreifen", rät Iles. "Das ist der Channel, der erfolgreich im Markt agiert und wachstumsstarke Bereiche rasch besetzt. Gute Rechenzentrumsausstatter kooperieren mit Immobilienagenturen, weil diese zuerst erfahren, wann welcher Kunde wohin umzieht und an ein Datacenter angeschlossen werden möchte," so Iles weiter.

"Wenn ein Unternehmen neue Bürofläche bezieht, benötigt es IT-Infrastrukur: neue Rechner, WLAN, moderne Software und zusätzliche Cloud-Dienste. Vielleicht braucht dieser Kunde sogar IoT-Equipment. Neue Lösungen werden häufig nach dem Umzug angeschafft. Deswegen sollte der Immobiliensektor Teil des Channels werden", erklärt Iles.

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"Auch Energieversorger erkennen technologische Trends meist sehr früh, deswegen lohnt es sich für den Channel, auch mit diesen Unternehmen zusammen zu arbeiten", so Illes weiter.

Für Ingram Micro werden aber auch Finanzdienstleister immer wichtiger. "Uns rufen Banken uns und sie fragen: 'Wenn Sie schon ein Girokonto bei uns haben, warum beziehen Sie nicht auch Cloud-Technologien vonuns ?' Und das ist nur logisch. Banken haben bereits den direkten Kundenkontakt, warurm sollten sie ihnen auch nicht IT verkaufen? Das ist der neue Channel", meint Davé .

Ingram Micros weltweiter Cloud-Chef glaubt ohnehin, dass jeder erfolgreiche Player im IT-Markt im Prinzip alles anbieten wird: "Wenn ich Sie über eine API anbinden kann, kann ich alles bereitstellen und das kann im Prinzip jeder", so Davé weiter. "Da geht die Reise hin. Eine Reiseleiterin könnte Anbieterin von Kabeldiensten werden, wenn sie denn will. So einfach wird es. Der Channel ist definitiv im Wandel," so schließt der Ingram Micro-Manager seine Ausführungen.

Zum Video: Ist Ingram Micro noch ein Distributor?

Das ist eine Übersetzung der Originalmeldung aus dem Englischen.