Die Gründe für Erfolg oder Misserfolg einzelner Systemhäuser finden sich durch die Analyse der jeweiligen Geschäftsmodelle. Hierbei ist zu prüfen, ob die aktuelle Strategie überhaupt zukunftsfähig ist und welche Optimierungspotenziale in puncto Taktik und Operational Excellence existieren. Solche Prüfungen sollten regelmäßig und proaktiv erfolgen.
Rentabilität von Systemhäusern
Für alle Systemhäuser haben sich die Rahmenbedingungen in den letzten Jahren deutlich verändert. Durch neue technische Entwicklungen haben sich neue Lösungsangebote und Trends entwickelt, die mittlerweile maßgeblichen Einfluss auf viele betriebswirtschaftliche Prozesse der Kunden haben. Daraus ergibt sich ein verändertes Nachfrageverhalten der Kundensegmente, was zu Chancen und Zwängen bei der Führung von IT-Systemhäusern führt. Ein Teil der Systemhäuser hat die sich bietenden Chancen zum eigenen Vorteil genutzt und sich strategisch adäquat aufgestellt. So wurden margenschwache Geschäftsbereiche durch ertragreiche neue Themenbereiche im Geschäftsmodell ersetzt oder zumindest ergänzt.
Die großen fünf Systemhäuser Bechtle, Computacenter, Comparex, CanCom und Allgeier erzielten im Jahr 2014 in Deutschland Umsätze zwischen 0,4 und 1,8 Milliarden Euro mit vorwiegend mittelständischen Kunden. Bei beeindruckender Rentabilität haben diese fünf Systemhäuser ihre Umsätze in Deutschland seit dem Jahr 2000 verdoppelt. Aber auch bei den mittleren und kleinen Systemhäusern finden sich hochprofitable Geschäftsmodelle, so dass die Größe eines Systemhauses alleine kein Garant für Erfolg sein kann.
Systemhaus mit Erfolg - so geht´s
Die wesentliche Frage muss deshalb doch lauten: Was müssen Systemhäuser tun, um erfolgreich zu werden bzw. zu bleiben? Die Themen alleine sind es nicht, denn auch die erfolgreichen Systemhäuser befassen sich unverändert mit dem Handel von margenschwacher Hardware. Schließlich ist und bleibt die Hardware ein Instrument zu Kundengewinnung und -bindung. Durch gelieferte Hardware entsteht eine Basis, die Software und Dienstleistungen erst erforderlich macht. Deshalb hat Hardware für ein IT-Systemhaus oft eine strategische Bedeutung. Aufgrund der Preissensibilität sind die Systemhäuser allerdings bemüht, das Handling von Hardware möglichst kostengünstig abzubilden. Zu bemerken ist hierbei, dass nicht nur wichtig ist womit sich ein Systemhaus beschäftigt, sondern vor allen Dingen wie es sich mit den Themen beschäftigt.
Abgesehen von Hardware und den klassischen IT-Systemhaus-Themen wird das aktuelle Geschäftsjahr von einer Vielzahl moderner Themen wie Managed Services, Private und Hybrid Cloud, Enterprise Mobility, IT-Security, Big Data Analytics, Digitalisierung (Industrie 4.0), Consumerization und IT-as-a-Service beherrscht - um nur einige zu nennen. Bei dieser Vielfalt ist es für so manches Systemhaus nicht leicht, sich adäquat zu fokussieren. Einerseits fehlt es an Wissen über aktuelles und zukünftiges Nachfrageverhalten der Zielgruppen, über Stärken und Schwächen der Wettbewerber, über zu erzielende Wettbewerbsvorteile, über Mitarbeiter-Know-how und Rekrutierungsmöglichkeiten, über Best-Practice-Prozesse sowie viele weitere Punkte mehr und andererseits weiß man auch zumeist nicht, wie Märkte strategisch erobert und gehalten werden können. Letzteres bedarf einer Strategie sowie geeigneter Marketing- und Vertriebsmaßnahmen.
Es ist davon auszugehen, dass die erfolgreichen Systemhäuser viele dieser vorbezeichneten Punkte bei ihrer ständig neuen Marktausrichtung berücksichtigen, beziehungsweise sich belastbares Wissen beschaffen und kluge Strategien entwickeln, denn nachhaltiger Erfolg ist ebenso wenig ein Zufallsprodukt wie ständiger Misserfolg. Jetzt könnte man einwenden, dass es nur für "die Großen" relevant ist, sich neben dem Tagesgeschäft mit Strategien und Zukunftsforschung sowie Prozessoptimierung zu befassen, denn sie verfügen schließlich über die passenden Finanzmittel. Dies wäre aber falsch gedacht, denn gerade dann, wenn man über wenig Kapital verfügt, kann man sich keinen "Blindflug durch die Märkte" leisten. Besonders die kapitalschwachen Systemhäuser sollten ihre jeweilige Zukunft sauber planen und ihre Planungen professionell umsetzen. Und die Beschaffung von Finanz- und Fördermitteln ist heutzutage besonders einfach.
Zum Video: Ist Ihr Geschäftsmodell zukunftsfähig?
So prüfen Sie Ihr Geschäftsmodell
Jedes Unternehmen - auch ein IT-Systemhaus - sollte die Zukunftsfähigkeit seines Geschäftsmodells regelmäßig überprüfen. In diesem Kontext sind die folgenden vier Punkte abzuarbeiten:
1. 360-Grad-Analyse: Ermitteln Sie Ihre Performance in Ihren Märkten und vergleichen Sie die Ergebnisse mit denen Ihrer Mitbewerber und den Marktpotenzialen. Wie schlagen Sie sich im Wettbewerb und wo existieren Wettbewerbsvorteile? Überprüfen Sie das Nachfrageverhalten Ihrer Zielgruppen und bewerten Sie, wie sehr Sie dem in puncto Lösungskompetenz, Prozesse, Qualität, Marketing, Vertrieb, etc. gerecht werden. Auch hier ist ein Benchmarking sinnvoll. Kurzum: Verschaffen Sie sich eine solide Datenbasis, die Ihnen Ihre Schwächen und Potenziale aufzeigt.
2. Auswertung der Daten und Thesen: Werten Sie die Daten aussagefähig aus und definieren Sie zehn Thesen, die Sie in eine vorteilhaftere Position bringen können.
3. Strategie-Workshop: Führen Sie einen Strategie-Workshop jenseits des Tagesgeschäftes mit Ihren Leistungsträgern in Schlüsselpositionen durch und diskutieren Sie mit ihnen die Thesen. Lassen Sie die Thesen von Ihren Mitarbeitern bewerten und erstellen Sie ein Ranking. Auf diese Weise erfahren Sie, welche Themen Sie in welcher Reihenfolge abarbeiten sollten.
4. Projektteams: Definieren Sie Projektteams zur Bearbeitung der einzelnen Thesen/Themen und lösen Sie die sich aus den Thesen/Themen ergebenden Aufgabenstellungen.
Durch dieses Vorgehen erfahren Sie schnell, valide und kostengünstig wie Sie Ihr derzeitiges Geschäftsmodell anpassen sollten, um Ihre Ertragssituation nachhaltig zu verbessern. Je besser Ihnen die Abarbeitung der genannten Punkte gelingt, umso größer Ihre Erfolgsaussichten. Sofern Sie mit dem beschriebenen Vorgehen nicht vertraut sind, sollten Sie sich professioneller Hilfe bedienen. Und auch hier ist das Geld nicht das Thema, denn Beratungsleistungen werden mit EU-Mitteln (vgl. Was Unternehmen durch die griechische Finanzkrise lernen können) gefördert. (fm)