Unser Kollege Markus Schelhorn hatte sich in den gedruckten Macwelt-Ausgaben bis 2015 mit einer Phrase ein Veto der Textredaktion verdient: "Die beste Kamera ist, die man dabei hat". Der Satz stand in fast jedem seiner immer lesenswerten iPhone-Ratgeber.
Trotz der vielen Wiederholungen hat diese Maxime aber ihre Gültigkeit nicht verloren: Fotos können nur dann gelingen, wenn man überhaupt eine Kamera dabei hat. Bei einer Urlaubsreise verhält sich die Sache etwas anders - man stellt sich regelrecht ein auf farbenfrohe Motive, ungekannte Muster und malerische Landschaften. So packt man automatisch die bestmögliche Kamera ein - etwa die neueste DSLR.
Wir haben ein paar Argumente für das iPhone als Urlaubskamera als auch dagegen zusammengetragen. Bitte beachten Sie, dass wir vom iPhone 11 Pro und neuer ausgehen, bei den iPhones SE oder iPhone X ist die Lage etwas anders.
Pro: Landschaftsaufnahmen
Steht man vor einer atemberaubenden Landschaft, kann auch das iPhone die Stimmung auffangen. Die Qualität lässt sich sehen, einige unserer Urlaubsfotos haben wir für Fotobücher und größere Wandbilder verwendet. Hier ist vielmehr Druck- und Papierqualität entscheidend, ein normales iPhone-Foto liefert genügend Informationen, um auch auf großen Bildschirmformaten gedruckt zu werden.
Bei praller Sonne kann sogar die schlechteste Kamera tolle Fotos machen, weil die Lichtausbeutung recht hoch ist. Einigermaßen aktuelle iPhone-Kameras fotografieren auch bei relativ schwierigen Lichtverhältnissen wie Nebel oder stark bewölktes Himmel, der sich im Wasser widerspiegelt.
Pro: Leicht und klein im Vergleich zu einer DSLR
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass ein iPhone im Vergleich zu einer Spiegelreflex- oder sogar einer Systemkamera winzig und leicht ist, sogar ein iPhone 14 Pro Max mit seinen 240 Gramm. Merkt man das bei einer Städtereise nicht so richtig, werden Gewicht und die Größe des Geräts ausschlaggebend, wenn man beispielsweise eine Bergüberschreitung mit einem einzelnen Rucksack angeht. Auch Fluglinien erleichtern einem die Entscheidung ein wenig, 20 Kilo sind im Gepäck schnell beieinander.
Pro: Jeder Depp kann am iPhone ein Foto schießen
Mittlerweile haben sich Smartphones in den meisten Bevölkerungsschichten durchgesetzt, sodass Sie ohne lange Anweisungen 99 Prozent der Passanten Ihr iPhone in die Hand drücken können und ein passables Foto zurückzubekommen. Mittlerweile hat sich sogar herumgesprochen, dass man am besten die Finger gespreizt halten soll, damit sie nicht im Bild stören. Bei einer DSLR müssen Sie noch vor dem eigentlichen Bild das Objektiv nachjustieren, damit Sie ein perfektes Ergebnis bekommen. Auch müssen Sie Ihrem Fotografen genauer erklären, wohin dieser drücken und schauen muss, damit Motive und Models perfekt ins Bild passen.
Pro: Kein Verlust von Fotos mit iCloud möglich
Haben Sie in den iPhone-Einstellungen für Fotomediathek den Abgleich per iCloud freigeschaltet, ist es fast nicht möglich, selbst die neuesten Fotos zu verlieren. Bei der nächsten WLAN-Verbindung synchronisiert das iPhone neue Bilder in die Cloud, wird das iPhone gestohlen oder verloren, bleiben zumindest die Daten erhalten. Bei einer DSLR müssen Sie schon Mehraufwand betreiben, um Fotos von der SD-Karte mit dem Rechner oder gar mit der Cloud zu synchronisieren.
Warum die iPhone-Kamera nicht ausreicht
Ist die iPhone-Kamera im Urlaub (oder auch sonst) eine schlechte Wahl? Das kommt wohl ganz darauf an, wen man fragt. Die Vorteile der iPhone-Fotografie sind nicht von der Hand zu weisen. Wie wir bis hierhin bereits festgestellt haben: Das iPhone ist - sofern der Akku aufgeladen ist - jederzeit und vor allem leicht einsatzbereit, Speicherkarten können nicht vergessen werden und dank des Zusammenspiels aus Soft- und Hardware sind die Bilder heutzutage so gut, dass man sie auch in einem Fotobuch drucken kann.
Und trotzdem: Wer sich selbst als Fotograf bezeichnet, würde wohl niemals nur mit einem iPhone in den Urlaub fahren. Es versteht sich von selbst, dass die größeren Sensoren und wechselbaren Objektive einer Fotokamera nicht nur zu einer besseren Bildqualität führen, sondern auch mehr Möglichkeiten bieten. Vorausgesetzt natürlich, man schleppt vom Ultraweitwinkel- bis zum Teleobjektiv alles den ganzen Tag mit sich herum. Es hat aber schon einen Grund, weshalb Kamera und Objektive von Qualität weit mehr kosten als ein iPhone 14 Pro Max mit größter Speicherausstattung.
iPhone-Fotos sehen in der Regel immer gut aus: Dank Software ist der Himmel schön blau, das Gras strahlt in einem knackigen Grün, die Belichtung ist stets perfekt. Das iPhone ist das beste Werkzeug für alle, die sich nicht lange mit einer Kamera auseinandersetzen wollen, um mit größerem Zeitaufwand das gleiche Ergebnis zu erzielen. Doch genau darin sehen Fotografen die Herausforderung: Ich will bestimmen, wie das Bild aussieht - und nicht mein iPhone. Ich bestimme, mit welcher Blende ich fotografiere, mit welcher ISO-Zahl, mit welcher Verschlusszeit, mit welcher Brennweite.
Die Nachbearbeitung ist ein weiterer Punkt, der iPhone-Fotografen in der Regel erspart bleibt. Natürlich kann man auch iPhone-Bilder noch verbessern. Wer nicht manuell an Belichtung, Helligkeit, Kontrast, Schwarzwerten oder Glanzlichtern herumspielen möchte, benutzt einfach den iOS-Zauberstab und bekommt ein schönes Bild mit nur einem Klick.
Für Fotografen undenkbar, schließlich beginnt der eigentliche Spaß erst in Lightroom. Der Entstehungsprozess eines Bildes - vom Sehen eines Motivs, über das Betätigen des Auslösers, bis hin zur Nachbearbeitung - ist das, was am Fotografieren so viel Freude bereitet. Nicht, dass das nicht auch mit dem iPhone ginge. Doch wem das zu umständlich ist, der wird wohl nie die Vorteile einer Fotokamera verstehen können.
Kontra: (Un-)Perfekte Software
Das iPhone schießt hervorragende Bilder, die Software hilft bei jedem Schnappschuss fleißig im Hintergrund mit, um ein möglichst perfektes Bild abzuliefern. Aber: Haben Sie schon mal den Portrait-Modus auf dem iPhone genutzt? Vielleicht ist Ihnen dann bereits aufgefallen, dass es dem iPhone nicht perfekt gelingt, ein Motiv vom Hintergrund freizustellen.
Häufig erkennt man an den Haaren oder Brillen, dass Bereiche des Motivs unscharf maskiert sind, die eigentlich scharf sein sollten - oder umgekehrt. Gerade im Portrait-Modus werden die Schwächen eines iPhones sichtbar. Wenn Sie die Wahl zwischen Smartphone und Fotokamera mit einem lichtstarken Objektiv haben, lassen Sie das iPhone lieber in der Hosentasche.
Kontra: Smartphone = Ablenkung
Wer mit dem iPhone im Urlaub fotografiert, wird das Problem kennen. Hier und da ein Schnappschuss … und plötzlich schaut man nur mal schnell in die Mails oder beantwortet ein paar Nachrichten auf Whatsapp. Wer im Urlaub den Alltagsstress hinter sich lassen will, sollte das Smartphone vielleicht lieber mal im Hotelzimmer lassen. Oder sicher verstaut im Rucksack, wo es jedoch eine deutlich geringere Ablenkungsgefahr darstellt, als wenn man es zum Knipsen die ganze Zeit in den Händen hält. Ein großer Nachteil einer Kamera, mit der man auch telefonieren kann.
Kontra: Filme quer, dann siehst du mehr!
Wie häufig habe ich schon Urlaubsfotos und Videos von Freunden auf dem Fernseher anschauen müssen, die im Hochformat aufgenommen wurden. Der Formfaktor eines Smartphones, aber vor allem Social Media, will uns weiß machen, dass Aufnahmen im Hochformat besser sind. Auf Instagram, TikTok und Co. sehen wir nur Videos im Hochformat.
Wer ein schönes neues Hintergrundbild auf dem Smartphone haben möchte, fotografiert selbstverständlich im Hochformat. Dabei hat das Querformat so viel mehr zu bieten, denken Sie an unseren Ratschlag: "Filme quer, dann siehst du mehr!". Auch hier zeigt sich der Nachteil eines Smartphones: Während Sie beim iPhone aktiv daran denken müssen, Bilder (und vor allem Videos) im Querformat aufzunehmen, stellt sich dieses Problem bei einer Fotokamera erst gar nicht. (Macwelt)