Strukturveränderungen im IT-Mittelstand

Investoren nutzen Generationswechsel zur Beteiligung an IT-Unternehmen

29.01.2020 von Andreas Barthel
Investoren interessieren sich in letzter Zeit verstärkt für mittelständische IT-Unternehmen und nutzen dazu oft den Generationswechsel in den Firmen. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Entwicklung und erklärt, was bei der Zusammenarbeit mit einem Investoren als Unternehmensnachfolger zu beachten ist.

Die IT-Branche wurde seit jeher von den Banken als "nicht ernsthaft" oder als zu "risikobehaftet" eingestuft. Deshalb hielten sich IT-Unternehmer, die Wachstumskapital benötigten, an Beteiligungsgesellschaften oder Investoren. Inzwischen hat sich das geändert. Investoren das heißt "Private Equity" und "Family Offices" kaufen oder investieren verstärkt in mittelständische IT-Unternehmen.

Investoren interessieren sich in letzter Zeit verstärkt für mittelständische IT-Unternehmen und nutzen dazu oft den Generationswechsel in den Firmen.
Foto: soo hee kim - shutterstock.com

Die Motivation der Investoren hat sich dabei radikal verändert. Mit starkem Branchenfokus kaufen sich Investoren in die Softwarebranche ein. War früher die Hauptmotivation, die erworbenen Unternehmen spätestens nach sieben Jahren mit möglichst hohem Gewinn wieder zu veräußern, so sind heute die vielversprechenden Renditen der Softwareunternehmen und die Wachstumsperspektiven im Fokus.

Beispiele für Investitionen in mittelständische IT-Unternehmen

Die im folgenden beschriebenen Transaktionen von Investoren stellen nur eine kleine Auswahl der 2019 getätigten Beteiligungen dar, geben aber einen Eindruck vom Marktgeschehen. So hat die FORUM Family Office ("FORUM") über ihre Branchen-Holding FORUM Software Mittelstandsholding SE im Sommer 2019 100 Prozent der Geschäftsanteile der HSH Software GmbH ("HSH") mit Sitz in Ahrensfelde bei Berlin übernommen. HSH hatte 2018 mit ca. 190 Mitarbeitern einen Umsatz von ca. 21 Millionen Euro erzielt. Anfang 2019 hatte sie die SSE Software GmbH ("SSE") mit Sitz in Augsburg übernommen. SSE hat 2018 mit 25 Mitarbeitern einen Umsatz von ca. 3,3 Millionen Euro erzielt. Hauptmotivation für FORUM war die Marktposition der HSH und die Höhe der wiederkehrenden Einnahmen (Wartungserlöse).

Im Systemhausbereich hat die Netgo Gruppe Anfang Dezember 2019 ihre Wachstumsstrategie mit Unterstützung durch den Investor Waterland Private Equity weiter forciert und das Softwareunternehmen die Mehrwerk AG übernommen. Zwei Wochen vorher wurde die Aachener ComNet zugekauft.

Im Oktober 2019 hat die Aurelius Wachstumskapital SE & Co. KG die Mehrheitsbeteiligung an der IDKOM AG, einen IT-Dienstleister mit Fokus auf Cloud & IP-Services, Managed Services sowie IT-Systeme & Software übernommen. Hintergrund war, das weitere Wachstum des Unternehmens zu forcieren.

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EMERAM Capital Partners hat sich im September 2019 an der init AG für digitale Kommunikation AG beteiligt, um das weitere Wachstum zu begleiten. EMERAM plant zusammen mit diva-e Management das Leistungsportfolio durch weitere Zukäufe im Bereich digitales Marketing, Mediamanagement, Big Data und Infrastruktur auszubauen. Die diva-e Digital Value Enterprise wurde 2015 als Zusammenschluss der sechs etablierten Unternehmen Ageto, First Colo, kom, Netpioneer, Textprovider und zeros+ones gegründet, die jeweils auf unterschiedliche E-Business-Dienstleistungen spezialisiert sind.

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Forterro übernimmt Abas

Forterro, ein Zusammenschluss internationaler ERP-Software-Firmen hat, unterstützt von Battery Ventures, die Abas Software AG, ein bekanntes mittelständisches ERP-Unternehmen im Juli 2019 erworben. Battery Ventures hat bereits eine Vielzahl von IT-Beteiligungen.

Das Venture-Capital-Unternehmen Senovo, 2011 mit Sitz in München gegründet, finanziert B2B-Geschäftsmodelle mit großem Potenzial im Software- und Technologiebereich und hat sich in diesem Rahmen im Juli 2019 an der Orpheus GmbH, einem Anbieter von Software für Beschaffungscontrolling und Transparenz im strategischen Einkauf beteiligt.

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Der Investor Main Capital verkündet im Juli 2019 ein Investment in Höhe von zirka 50 Millionen Euro in GBTEC, einem der führenden Player für Business Process Management (BPM). Mit der strategischen Unternehmensbeteiligung von 51 Prozent forciert Main Capital das weitere Wachstum sowie die fortschreitende Internationalisierung des Bochumer Softwarespezialisten. Kurz vorher hatte Main Capital den Mehrheitsanteil an Onventis übernommen, einem Cloud-basierter Plattform-Anbieter für E-Procurement.

Investoren als Unternehmensnachfolger?

Was bedeutet dieser neue "Trend" in der IT-Branche für IT-Unternehmer?

Investoren werden den Markt für mittelständische IT-Unternehmen perspektivisch stark verändern, da sie engagierten IT-Unternehmen die Finanzierung von Zusammenschlüssen von Branchen-/ Produkt-Unternehmen ermöglichen, die ihnen helfen die Herausforderungen der Digitalisierung wie KI, Cloud, etc. als Mittelständler zu meistern.

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