Web-aided Selling

Internet und Social Media für Vertriebserfolg nutzen

20.04.2017 von Peter Schreiber
Das Internet und die Social Media bieten Verkäufern von Industriegütern und -dienstleistungen viele Möglichkeiten, sich ihre Arbeit zu erleichtern und ihren Verkaufserfolg zu steigern. Diese Tools werden von ihnen aber oft noch nicht (systematisch genug) genutzt. Peter Schreiber weiß Abhilfe.
Mit Hilfe von Social Media lassen sich Produkte und Dienstleistungen besser an den Kunden bringen.
Foto: Antonio Guillem - Shutterstock.com

Die richtigen Kunden richtig bearbeiten - vor dieser Herausforderung stehen alle B2B-Verkäufer. Und hierbei erhalten sie oft wenig Unterstützung. Entsprechend häufig hört man von B2B-Verkäufern die Klage, wie schwierig das Verkaufen geworden sei - unter anderem, weil die Kunden sich heute mit dem Internet sehr gut über die Produkte und Angebote der Mitbewerber informieren könnten. Außerdem stünden sie mittels der Social Media nicht selten in Kontakt mit ihren Kollegen in anderen Unternehmen. Deshalb wüssten sie, was diese für das Produkt x oder die Leistung y bezahlen. Das stimmt! Doch zugleich bieten das Internet und die Social Media den Verkäufern viele Möglichkeiten

  1. sich über ihre Zielkunden, deren Märkte sowie Probleme zu informieren - und so die Unternehmen zu identifizieren, bei denen sich ein Engagement lohnt - und

  2. ihnen kundenspezifische und nutzenorientierte Angebote zu unterbreiten - so dass sich ihre Erfolgschancen erhöhen.

Diese Möglichkeiten und Chancen werden von vielen Verkäufern aber noch nicht oder zu wenig genutzt.

Für fast alle Industriegüter und -dienstleistungen gilt: Die Kunden kaufen sie nicht spontan. Ihrem Kauf geht, sofern es sich hierbei nicht um Ersatzteile oder -beschaffungen handelt, ein längerer Verkaufsprozess voraus, der vom Definieren der Zielkunden, über das Erkunden oder Wecken ihres Bedarfs sowie das Erstellen des Angebots bis hin zur Vertrags- und Preisverhandlung reicht. Und in diesem Prozess haben die Verkäufer viele (Teil-)Aufgaben. Dieses können durch ein Web-aided- selling, also mit Hilfe des Internet und der Social Media, oft besser und einfacher erfüllt werden. Hierfür einige Beispiele entlang des Verkaufsprozesses.

Erfolgsversprechende Zielkunden ermitteln und bearbeiten

Heute stützen sich Verkäufer bei der Marktbearbeitung meist primär auf die Adressen in den Kundendatenbanken und CRM-Systemen ihrer Unternehmen. Und wenn diese Systeme zum Beispiel zu wenig brauchbare Adressen für die Neukundenakquise enthalten? Dann kauft ihr Unternehmen von einem Adresshändler meist "neue Adressen" - die in der Regel so "neu" sind, dass sie schon Hunderte anderer Unternehmen nutzen. Entsprechend genervt reagieren die Zielpersonen häufig, wenn man sie kontaktiert.

Dabei bringt eine clever formulierte Google-Suchabfrage, beispielsweise mit solchen Formulierungen wie "Top 100 Speditionen" oder "Größte Maschinenbauunternehmen in Deutschland" meist ausreichend neues Akquise-Potenzial. Wahre Fundgruben sind auch die Internetseiten von Verbänden, denn dort sind meist auch die Namen der Mitgliedsunternehmen publiziert - oft nebst den Namen der Ansprechpersonen und deren Mailadressen.

Ähnlich verhält es sich bei den Webseiten von Fachmessen. Auf ihnen stehen meist die Namen der ausstellenden Unternehmen in den vergangenen Jahren nebst Webadresse. Eine reine Fleißarbeit ist es dann, die Namen der firmeninternen Ansprechpartner zu ermitteln. Bei Klein- und Mittelunternehmen ist dies in der Regel gar kein Problem, weil die Namen von deren Inhabern oder Geschäftsführern stets im Impressum der Firmenwebseiten stehen. Bei größeren Unternehmen erfordert das Ermitteln der richtigen Ansprechpartner etwas mehr Zeit.

Möchte man diese nicht per Telefon erkunden, sind solche Soziale Netzwerke wie LinkedIn und XING hierbei wertvolle Tools, denn sehr viele Entscheider in den Unternehmen sind in ihnen Mitglied. Und mit den Recherche- und Selektionsfunktionen dieser Portale kann man mit etwas Übung nicht nur die Namen und Adressen interessanter Zielkunden, sondern auch die Ansprechpartner bei ihnen ermitteln.

Im Markt Flagge zeigen und ihn erkunden

Die Sozialen Netzwerke bieten Verkäufern auch die Möglichkeit, Mitglied in solchen Interessengruppen wie zum Beispiel "Automatisierung Industrie" oder "Energieeffizienz-Lösungen" zu werden. Dort können sie ohne Streuverluste gezielt Fachinformationen in Verbindung mit ihren Kontaktdaten platzieren.

Einige Unternehmen mit einer professionellen Vertriebsorganisation haben inzwischen die Chancen, die die Mitgliedschaft in solchen Interessengruppen bietet, erkannt. Sie sorgen dafür, dass in allen relevanten Gruppen (Vertriebs-)Mitarbeiter von ihnen mit einem persönlichen Account vertreten sind - nicht nur um zu ermitteln, welche Unternehmen sich für den Kauf ihrer Produkte und Problemlösungen interessieren könnten. Ein oft ebenso wichtiges Anliegen von ihnen ist, zu erkunden, welche Fragen zum Beispiel den Automatisierungsexperten oder den IT-Verantwortlichen in den Unternehmen auf den Nägeln brennen, um hieraus

  1. Ideen für neue Produkte und Problemlösungen und

  2. Verkaufsargumente und -argumentationen für ihre bereits vorhandenen Produkte und Problemlösungen abzuleiten.

Informationen über potenzielle Kunden einholen

Dass Verkäufer, bevor sie potenzielle Kunden kontaktieren, sich über deren Unternehmen im Internet informieren sollten, ist hinlänglich bekannt. Jedoch kann sich hinter einer professionell gestalteten und Größe suggerierenden Firmen-Webseite auch eine Garagen- oder Briefkasten-Firma verbergen. Umgekehrt stecken hinter eher unprofessionell wirkenden Webseiten oft große Mittelständler, die in ihrer Marktnische nicht selten die Markführer sind.

Deshalb lohnt es sich häufig, die Firmenadresse zum Beispiel bei Google-Earth einzugeben. Dann zeigt die Firma oft ihr wahres Gesicht. Auch auf solchen Portalen wie www.bundesanzeiger.de und www.moneyhouse.de findet man viele Infos, die einen fundierten Ersteindruck von Unternehmen vermitteln.

Was bei vielen Verkäufern noch besonders im Argen liegt, ist das Sich-informieren über die Gesprächspartner beim Kunden: Welche beruflichen Werdegänge haben sie? Was sind ihre Interessen? Waren sie zuvor für Unternehmen tätig, die wir kennen? In welchen Verbänden sind sie Mitglied? Solche Dinge zu wissen, ermöglicht es Verkäufern, ihre Gesprächspartner besser einzuschätzen und sich auf sie einzustellen. Deshalb lohnt es sich vor Kundenterminen, die Namen der Gesprächspartner zu googeln; des Weiteren zu checken, ob sie Mitglieder bei solchen Netzwerken wie LinkedIn und XING sind. Denn in deren Mitgliederportraits findet man viele relevante Infos über die Personen.

Präsentationen und Angebote individualisieren

Von den Marketingabteilungen ihrer Unternehmen erhalten die Verkäufer meist nur allgemeingültige Unterlagen und Powerpoint-Präsentationen als Verkaufshilfen; kundenspezifisch individualisieren müssen sie diese selbst. Logos und Fotos des Kunden finden sich schnell im Internet und lassen sich unkompliziert mit "Strg C" und "Strg V" oder mit einem Snipping-Tool in die Unterlagen einfügen. Verkäufer, die ihre Laptop-Programme beherrschen, schaffen das noch 15 Minuten vor dem Termin beim Kunden.

Auftrags- und Preisverhandlungen zum Erfolg führen

Egal, wie groß das Auftragsvolumen ist, Menschen kaufen stets bei Menschen; Ausnahmen sind Submissionen und E-Auktionen. Je besser Verkäufer ihr Gegenüber einschätzen können, desto größer sind ihre Chancen, dass die Kaufentscheidung zu ihren Gunsten ausfällt. Dabei alleine auf niedrigere Preise oder vermeintlich bessere Features zu setzen, ist fahrlässig. Gesprächspartnerorientierung und Beziehungsmanagement sind gefragt. Die sozialen Netzwerke helfen Verkäufern, auch kurzfristig zum Buying-Center des Kunden hinzugestoßene Gesprächs- und Verhandlungspartner zu recherchieren und beispielsweise hilfreiche Gemeinsamkeiten zu entdecken.

Tipps für IT-Profis im Kundengespräch und Beratung
Was IT-Experten im Kundengespräch beachten müssen
Der Softwarevertrieb ist heute ohne das Wissen eines IT-Experten kaum mehr möglich. Doch das Gespräch mit dem Kunden will für Informatiker gelernt sein. Folgende Tipps zeigen, wie IT-Fachleute im Verkaufsgespräch optimal auf den Customer eingehen.
Menschlich sein
Offen und aufrichtig sein: In der Kundenbeziehung menschlich erscheinen.
Gute Vorbereitung
Gut vorbereitet sein auf die Fragen: Was sind die wichtigen Fakten, und was sollte angesprochen werden?
Flexibilität
Flexibel reagieren: Feststellen, was der Kunde gerade in diesem Moment braucht und was ihm wichtig ist.
Kontaktaufnahme
Nicht auf den ersten Schritt des Kunden warten: Berater sollten in der Kundenbeziehung aktiv sein und von sich aus Kontakt aufnehmen.
Integrität
Integer sein: Nichts versprechen, was fachlich nicht erfüllt werden kann.
Zuhören
Zuhören und die Konzentrationsspanne verlängern: Auf den Kunden hören und nicht schon beim ersten Schlüsselwort einen fachlichen Vortrag halten oder unerbetene Ratschläge erteilen.
Richtiges Antwortverhalten
Nicht vorschnell antworten: Vor der Antwort überprüfen, ob der Gedanke des Kunden richtig erfasst wurde.
Ergebnisse zusammenfassen
Konkretisieren: Aus dem Gespräch konkrete To-Dos ableiten, nachverfolgen und rückmelden. Damit behält jeder den Überblick über das Besprochene.
Positive Ausstrahlung
Freude am Thema und den Menschen haben: Das erzeugt eine positive Ausstrahlung.

Verkäuferaufgabe: Kundenkontakte auf- und ausbauen

Verkaufsprofis wissen: Menschen kaufen am Liebsten bei Personen, die sie kennen und einschätzen können. Und: Die meisten Kaufempfehlungen werden in Netzwerken ausgesprochen. Deshalb bauen sie auch in den Sozialen Netzwerken systematisch ihr persönliches Netzwerk aus, so dass sie dort mit der Zeit Hunderte, nicht selten sogar Tausende von Kontakten haben. In diesem Netzwerk posten sie gemäß der Maxime "mäßig, aber regelmäßig" immer wieder fachliche und unterhaltsame Infos, sodass sie den Kontaktpersonen, die bereits Kunde sind in Erinnerung bleiben und sich bei den Noch-nicht-Kunden allmählich einen Namen machen.

Denn diese Profis wissen zweierlei - erstens: Auch zu (Stamm-)Kunden muss man den persönlichen Kontakt pflegen. Und zweitens: Die potenziellen Kunden haben nicht immer einen Bedarf. Doch wenn bei ihnen ein Bedarf entsteht, dann sollten sie meinen Namen als "Spezialist für..." im Hinterkopf haben. Denn dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie mich kontaktieren. Also nutzen sie das Internet und die Social Media aktiv, um Kundenkontakte und -beziehungen auf- und auszubauen.

Je besser Unternehmen und ihre Verkäufer die moderne Informations- und Kommunikationstechnologie nutzen, desto wirkungsvoller und effizienter ist im digitalen Zeitalter in der Regel ihre Vertriebsarbeit. (OE)

Über den Autor: Peter Schreiber ist Inhaber der Vertriebs- und Managementberatung PETER SCHREIBER & PARTNER in Ilsfeld bei Heilbronn (www.schreiber-training.de; Tel.: 0 70 62/96 96 8; E-Mail: zentrale@schreiber-training.de). Er ist Dozent beim ZfU Business International School, Thalwil bei Zürich, und Lehrbeauftragter an der Hochschule Mannheim.