Intel hat die CES-Bühne dazu genutzt, eine neue Chipgeneration sowie ein neues Rechnerprogramm anzukündigen. Unter dem Codenamen "Project Athena" will der Halbleiterhersteller gemeinsam mit verschiedenen PC-Fabrikanten die kommende Plattform für Mobilrechner definieren und entwickeln. Vergleichbare Programme hatte Intel in der Vergangenheit bereits mehrfach aufgelegt. "Centrino"-Rechner etwa mussten eine bestimmte Kombi aus Intel-CPU, -Chipsatz und WLAN-Modul verwenden. Mit den "Ultrabooks", die Intel mit initiierte, entstand vor knapp acht Jahren eine Notebook-Generation, die sich vor allem durch schlanke Maße, geringes Gewicht und lange Betriebsdauer auszeichnete.
Project Athena soll nun die nächste Generation einläuten. Die Anwendungsgewohnheiten der Nutzer änderten sich, dafür brauche es Rechner, die die sich wandelnden Anforderungen der User berücksichtigten. Noch ist nicht klar, wie sich ein Athena-Notebook genau definiert. Allerdings scheint Intel mit einigen Dogmen der Vergangenheit zu brechen. Schrieb der Chipproduzent den Rechnerherstellern früher exakt vor, welche Merkmale etwa ein Ultrabook haben musste - er durfte beispielsweise nicht dicker als 21 Millimeter sein und nur ganz bestimmte Prozessoren verwenden - soll es sich bei Athena allem Anschein nach weniger um technische Specs als um Einsatzszenarien drehen.
Intel gehe es nicht darum, Notebooks noch dünner zu machen, so der Hersteller. Vielmehr sollten Nutzer eine gute Leistung mit langer Laufzeit in einem möglichst kompakten Format bekommen, betonte Josh Newman, General Manager für den Bereich Mobile Innovation bei Intel. Dazu zähle beispielsweise ein blitzschneller Übergang vom Schlaf- in den Betriebsmodus per Tasteneingabe oder Sprachbefehl. Nutzer sollten nicht mehr ständig im Hinterkopf behalten müssen, dass es eventuell wertvolle Sekunden braucht, bis sich ein Rechner wieder aktiviert, sondern einfach den Bildschirm zuklappen können, wenn eine Aufgabe erledigt ist, sagte Newman.
OPS weniger relevant
Um die Leistung der Rechner zu ermitteln, soll nicht mehr maßgeblich sein, wie schnell der Prozessor theoretisch einzelne Threads abwickelt. Die Maßeinheiten rund um Operations per second (OPS) rücken in den Hintergrund. Vielmehr will sich Intel daran orientieren, wie zügig die Systeme beim Hantieren verschiedener Daten-, Datei- und Anwendungstypen zurechtkommen. Ziel sei es, das Ladesymbol in Windows beziehungsweise den sich drehenden bunten Strandball bei den Macs los zu werden. Darüber hinaus sollen die Rechner intelligenter werden, kündigte der Intel-Manager an. Funktionen für künstliche Intelligenz würden in den kommenden Athena-Rechnern eine wichtigere Rolle spielen.
Auch bei der Laufzeit geht es Intel nicht mehr darum, weitere Minuten Betriebsdauer aus dem Akku herauszuquetschen, zumal sich die Einsatzszenarien sowieso grundsätzlich unterschieden und damit ganz unterschiedlich auf die Betriebsdauer auswirkten. Eine Powerpoint-Präsentation zu zeigen sei schließlich etwas ganz anderes als den ganzen Tag Videos zu bearbeiten, hieß es. "Es geht darum bestimmte Konfigurationen herauszuarbeiten und dafür sparsame Komponenten zu verwenden sowie diese möglichst ideal miteinander zu kombinieren, um so die Akkulaufzeit in realen Anwendungsszenarien zu maximieren", gab Newman als Ziel vor.
In Sachen Formfaktor will Intel mit Athena nicht an den bewährten Formaten rütteln. Neben den klassischen Klapp-Laptops wird es weiter 2-in-1-Geräte geben, die sich als Notebook wie als Tablett nutzen lassen. Allerdings sollen neue Ideen wie faltbare Displays oder Geräte mit virtueller Tastatur auf einem zweiten Touchdisplay nicht von vornherein ausgeschlossen werden, hieß es.
In einem Punkt wollen die Intel-Verantwortlichen allerdings nicht mit sich diskutieren lassen: Athena-Geräte müssen mit Intel-Prozessoren rechnen. Doch anders als bei den Ultrabooks, die je nach Ausbaustufe mit ganz bestimmten Intel-CPUs ausgestattet sein mussten, sollen die Vorgaben bei Athena nicht mehr so strikt ausfallen. Neben den neuen Chips aus der Ice-Lake-Generation können auch bereits bekannte Low-Power-Prozessoren aus den U- und Y-Serien zum Einsatz kommen. Schließlich plant Intel mit Athena für eine breite Einsatzpalette, die vom Highend-Notebook bis zum Low-Budget-Chromebook reicht. So findet sich in der Liste von Intels Athena-Partnern neben altbekannten Weggefährten wie Acer, Asus, Dell, HP, Lenovo und Samsung auch der Name Google. Wenn der Suchmaschinenspezialist als Rechnerproduzent in Erscheinung tritt, dreht es sich meist um günstige, leichtgewichtige Chromebooks.
Wie der weitere Athena-Fahrplan aussehen wird, ist noch nicht bekannt. In den kommenden Monaten werden die beteiligten Hersteller die Spezifikationen im Detail erarbeiten. Erste Athena-Notebooks könnten zum Weihnachtsgeschäft 2019 in den Verkaufsregalen stehen.
Neue CPUs und Architektur in den Startblöcken
Intel gab auch Neuigkeiten zur künftigen Chip-Generation "Ice Lake" heraus, dem Nachfolger von "Cannon Lake". Beide Varianten werden im 10-Nanometer-Verfahren hergestellt. Intel hatte bereits 2017 erste Informationen zu Ice Lake durchsickern lassen. In der Folge war es allerdings ruhig geworden um den neuen Chip. Spekulationen kamen auf, Intel habe Probleme mit dem neuen Fertigungsprozess. Doch nun wird es offensichtlich konkreter, wobei Intel seinen sonst gewohnten Takt unterbricht, abwechselnd neue Architekturen und neue Chips herauszubringen. Jetzt wird beides erneuert.
Ice Lake basiert auf der "Sunny-Cove"-Architektur, die Intel im Dezember vergangenen Jahres vorgestellt hatte, ohne allerdings sämtliche Details zu verraten. Neben Thunderbolt 3, einer neuen Gen-11-Grafik sowie WIFI 6 enthält Sonny Cove einen sogenannten "DL Boost", der auf dem Chip laufende KI-Funktionen beschleunigen soll. Was die Zahl der Rechenkerne beziehungsweise Taktraten betrifft, hüllen sich die Intel-Manager noch in Schweigen. Die Orientierung an reinen Leistungsdaten scheint auch hier nicht mehr höchste Priorität zu haben. "Wir mussten weit über die CPU hinausgehen und auf Plattformebene denken", ließ Gregory Bryant, Senior Vice President und General Manager von Intels Client Computing Group, in Las Vegas durchblicken.
Spezialchip für neuronale Netze
Neben Ice Lake und Sunny Cove hatte Intel noch einige weitere Ankündigungen im Gepäck. Mit "Lakefield" präsentierte der Hersteller eine Chip-Plattform, auf deren Basis sich besonders kompakte Rechner designen lassen sollen. Die erste Version besteht aus vier aufeinander gestapelten Atom-Chips sowie einem noch nicht näher spezifizierten Sunny-Cove-Prozessor. Die Stapelbauweise erlaubt Intel die Produktion kleinerer "Dies". Normalerweise werden die einzelnen Rechenkerne flächig nebeneinander angeordnet. Mit in der Platine integriert sind Grafikeinheit und Arbeitsspeicher. Lakefield soll im Laufe des Jahres in Produktion gehen.
Intel arbeitet zudem mit "Nervana" an einem speziell auf die Anforderungen in neuronalen Netzen ausgelegten Prozessor und will 2019 mit "Cascade Lake" neue Xeon-CPUs sowie 2020 Server-Versionen von Ice Lake herausbringen. Mit "Snow Ridge" hat Intel darüber hinaus ein System on Chip (SoC) für die kommenden 5G-Netze in der Pipeline. All diesen Prozessoren ist gemein, dass sie im 10-Nanometer-Verfahren gefertigt werden. Damit will Intel wohl auch Spekulationen um mögliche Probleme mit dem neuen Fertigungsverfahren ausräumen.
AMD will Intel Paroli bieten
Angesichts der Marktmacht Intels sowie der nach wie vor gerade im Mobilsegment schwächelnden Konkurrenz sind der Athena-Initiative gute Chancen einzuräumen. Doch auch AMD nimmt einen neuen Anlauf im Geschäft mit Mobilprozessoren. Der Intel-Konkurrent, der bis dato im Notebook-Markt kaum einen Stich gegen den übermächtigen Wettbewerber machte, bringt mit "Ryzen 3000" eine neue Chipgeneration an den Start. Im Vergleich zu den Vorgängern aus der "Raven-Ridge"-Familie sollen die unter dem Codenamen "Picasso" laufenden Modelle mehr Leistung bieten. Die Umstellung des Fertigungsprozesses von 14 auf 12 Nanometer erlaubt höhere Taktraten für CPU und die integrierten Vega-Grafikchips.
Mit seinen kommenden Accelerated Processing Units (APUs) - Kombinationen aus CPU und Grafikeinheit - will AMD vor allem im Mittelklasse- und Highend-Segment punkten. Erste Notebooks auf Basis der Ryzen-Chips sollen im Frühjahr auf den Markt kommen. Ob AMD einen Stich gegen Intel machen kann, wird auch davon abhängen, ob der Halbleiterhersteller die Notebook-Produzenten in ausreichenden Stückzahlen beliefern kann. Im vergangenen Jahr hätten die Rechnerfabrikanten wohl gerne mehr AMD-Notebooks gebaut - allein die stockende Versorgung mit entsprechenden Prozessoren habe dem im Weg gestanden, hieß es. Immerhin hat Asus mit dem "FX705DY" einen mobilen Gaming-Rechenboliden gezeigt, der bereits auf dem neuen "Ryzen 5 3550H" basiert.
Darüber hinaus versucht sich AMD auch am anderen Ende des Leistungsspektrums. Der Hersteller hat mit dem "A6-9220C" und dem "A4-9120C" zwei Chips vorgestellt, die auf älteren Architektur-Designs beruhen und noch im 28-Nanometer-Verfahren gefertigt werden. Mit zwei Rechenkernen und einem geringen Energieverbrauch platziert AMD die beiden Prozessoren im Chromebook-Segment. Dabei handelt es sich um einfache und günstige Mobilrechner, die vor allem für Internetzugang und weniger rechenintensive Aufgaben wie beispielswiese Textverarbeitung ausgelegt sind. Potenzielle Chromebook-Kunden sehen die Hersteller in erster Linie in Reihen von Schülern und Studenten.
Der Vorstoß AMDs in den Chromebook-Markt ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Noch vor wenigen Jahren hatten die AMD-Verantwortlichen das Segment als wenig lukrativ abgetan und keinerlei Ambitionen gezeigt, Chips für diese Rechnerklasse zu bauen. Das hat sich offenbar geändert. Der Grund dürfte darin liegen, das Chromebooks gerade in den USA immer stärker nachgefragt werden und mittlerweile einen erklecklichen Anteil am gesamten Notebookgeschäft ausmachen. Außerdem dürfte mit dem Einstieg AMDs mehr Wettbewerb aufkommen. Bis dato dominiert an dieser Stelle Intel mit seiner Atom-Plattform sowie Celeron- und Pentium-Prozessoren.
ARM-Konkurrenz kommt nicht in die Gänge
Grundsätzlich sitzen Intel und AMD als Chiplieferanten für Notebooks und PCs fest im Sattel. Der Angriff der ARM-Fraktion auf die etablierten Chip-Plattformen scheint vorerst verpufft. Vor gut einem Jahr hatten verschiedene Hersteller die "Always Connected PCs" als neue Rechnerklasse ausgerufen. Herzstück der Geräte sollten ARM-Prozessoren sein, die seit langem fest etabliert Smartphones und Tablets antreiben. Großer Pluspunkt der ARM-Plattform ist die Energie-Effizienz. Im Zuge von Leistungssteigerungen hatten Chiphersteller wie Qualcomm ihre Ambitionen darüber hinaus auf das PC-Segment ausgeweitet. Auf Basis des "Snapdragon 835" sollten sich Mobilrechner auf ARM-Basis im Markt etablieren. Die Kunden wollte man vor allem mit langen Laufzeiten von bis zu 20 Stunden sowie umfassender Konnektivität inklusive Mobilfunkanbindung ködern.
Aber die Resonanz der Kunden blieb dürftig, das Angebot überschaubar. Mit dem "NovaGo" von Asus, dem "Envy X2" von HP und Lenovos "Miix 630" sind nur wenige Mobilrechner auf ARM-Basis auf dem Markt zu haben. Ein Grund dafür liegt darin, dass Microsoft zwar sein Windows-Betriebssystem auf die ARM-Plattform portiert hat, es aber nach wie vor Probleme mit einzelnen Anwendungen gibt. Und mit Emulationen, die den Applikationen eine klassische Windows-Umgebung vorgaukeln, sind die Rechner leistungsmäßig dann doch meist überfordert.
Mittlerweile hat Qualcomm mit dem Snapdragon 845 und 855 ARM-Chips vorgestellt, die mehr Rechenleistung und Grafikpower bieten. Das 855er Modell enthält sogar speziell für die Berechnung von KI-Funktionen ausgelegte Hardwaremodule. Dank der Fertigung im 7-Nanometer-Verfahren soll die neue Chip-Generation noch effizienter und sparsamer arbeiten als die Vorgänger. Von einem Einsatz der Snapdragons in Notebooks ist indes derzeit keine Rede mehr. Vielmehr konzentrieren sich Gerätehersteller in Sachen ARM-Einsatz in erster Linie auf Smartphones und Tablets.
Ob sich daran etwas ändert, scheint derzeit unwahrscheinlich. Zumal Intel mit seiner Athena-Initiative viele Aspekte des Always Connected PC aufgreift. Und angesichts des über Jahrzehnte gut eingespielten Doubles aus x86-Plattform und Windows-Betriebssystem dürften die Protagonisten Intel und AMD auf der Chip-Seite sowie Microsoft auf der Softwareplattform-Seite zumindest auf absehbare Zeit die Notebook-Technik weiter maßgeblich bestimmen.