Zehn Jahre hat es gedauert, bis sich Intel dazu entschieden hat, eine höhere Core-i-Generation als die i7-Serie einzuführen, um die Leistungssteigerung dieser Modelle zu verdeutlichen: Den Start macht der 10-Kerner Intel Core i9-7900X für satte 1000 Euro. Zum aktuellen Zeitpunkt markiert dieser Chip auch die Spitze der Core-Familie. Allerdings wird er diese Position nicht sehr lange innehaben, da die 12- bis 18-Kerner (!) im Zeitraum August bis Oktober 2017 auf den Markt kommen werden.
TEST-FAZIT: Intel Core i9-7900X
Für 1000 Euro erhalten Sie die aktuell schnellste CPU für Privatanwender: In Multi-Core-Anwendungen und Computing-lastigen Tests stellt der Intel Core i9-7900X absolute Bestwerte auf und kann sich durchweg mehr als deutlich von der Konkurrenz (auch der hauseigenen) absetzen. Doch in Sachen Spieleleistung hakt es noch etwas, weil Intel bei Skylake-X auf einige einschneidende Verbesserungen setzt wie dem überarbeiteten Cache und der Mesh-Architektur - die fehlende Optimierung sorgt für die leicht durchwachsenen Ergebnisse. Die Resultate an sich sind aber durchweg der Oberklasse zuzuordnen.
Negativ aufgefallen ist aber der erhöhte Stromverbrauch trotz der überarbeiteten Architektur. Ebenfalls wenig begeistert sind wir von der Tatsache, dass Intel die VROC-Technik kostenpflichtig macht und die Nutzung auf eigene SSDs beschränkt. Und trotz entsperrten Multiplikator und einem Preis von üppigen 1000 Euro setzt der Hersteller auf Wärmeleitpaste statt Verlötung. Da wird eine gute Kühlung quasi zur Pflicht.
Bei der Preisgestaltung gibt sich der Hersteller betont selbstbewusst: In einer Zeit, wo es einen Octa-Core-Prozessor für nur 460 Euro gibt, wirken 1000 Euro für den 7900X ziemlich überzogen. Deshalb bleibt es spannend, wie AMD mit Threadripper kontern kann - sowohl beim Preis, als auch bei der Leistung. Ebenfalls spannend sind die Sechs- und Achtkern-Prozessoren der Skylake-X-Serie, die wir bis dato aber noch nicht testen konnten.
+ Abosulte Bestwerte bei Computing-Tests
+ Unterstützung von Quad-Channel-RAM
+ überarbeiteter Turbo-Boost
- hoher Stromverbrauch
- hoher Preis
Doch in Zeiten, wo ein echter Octa-Core-Prozessor wie der AMD Ryzen 7 1800X nur 460 Euro kostet, scheinen die 1000 Euro noch teurer als sie sowieso schon sind. Doch Intel möchte damit wohl vor allem eins: Dem Markt klarmachen, welcher Hersteller die leistungsfähigsten Prozessoren baut. Inwieweit das in der Praxis allerdings tatsächlich zutrifft, prüfen wir im Test. Natürlich vergleichen wir die Testergebnisse auch mit dem direkten Vorgänger Intel Core i7-6950X und der aktuellen AMD-Ryzen-Spitzenklasse.
Technische Daten des Intel Core i9-7900X
Der Intel Core i9-7900X entstammt der Skylake-X-Architektur, die Intel im 14-Nanometer-Prozess fertigen lässt. Er bietet zehn Rechenkerne und bewältigt dank der Hyperthreading-Technik satte 20 Threads. Der Basistakt beläuft sich auf zahme 3,3 GHz, dank überarbeiteter Boost-Techniken sollen im Turbo-Modus aber bis zu 4,5 GHz möglich sein. Das X im Produktnamen macht deutlich, dass der Multiplikator entsperrt ist, was insbesondere Übertakter freut.
Der Level-3-Cache bemisst sich auf 13,75 Megabyte und ist damit im Vergleich zu Broadwell-E sogar etwas geschrumpft. Um das zu kompensieren, ist der Level-2-Cache (oder auch Mid-Level Cache, MLC) um das Vierfache gewachsen und beträgt nun ein Megabyte pro Rechenkern. Außerdem kommt ein nicht-inklusiver Cache-Speicher zum Einsatz, der für mehr Effizienz sorgen soll: Die sogenannte Hit-Rate soll dadurch steigen, womit gemeint ist, dass die wirklich benötigten Daten im Cache landen und somit der vorhandene Speicher besser ausgenutzt werden kann.
Die nächste Neuerung betrifft den Aufbau der sogenannten Interconnects im Inneren des Prozessors: Hierbei handelt es sich um die Verbindungen, die die Daten zwischen den Rechenkernen, Caches, PCIe-Lanes und den Speicher-Controllern transportieren. Seit geraumer Zeit setzt Intel hier auf einen bidirektionalen Ring-Bus: Wenn Daten also benötigt werden, müssen diese erst einen gewissen Weg zurücklegen, um beispielsweise beim zuständigen Rechenkern zu landen. Dieser Weg verlängert sich aber, je mehr Rechenkerne der Prozessor besitzt. Diese Problematik will Intel mit der neuen Mesh-Architektur umgehen, das die Interconnects wie ein Gitter zwischen allen Kernkomponenten auslegt, die auf die Bezeichnung 2D-Mesh hören. Um es etwas zu veranschaulichen: Anstatt einer einzelnen Ringstraße gibt es dazwischen nun auch viele Quer- und Parallelstraßen, um schneller ans Ziel zu kommen.
Ein Rechenkern kann nun Informationen direkt an einen anderen Kern durchreichen, anstatt sie umständlich und zeitaufwendig auf die Reise zu schicken. In der Praxis soll das für niedrigere Latenzen und einen effizienteren Betrieb sorgen, da diese 2D-Meshes weniger Spannung benötigen als ein Ring-Bus.
Core i9, i7, Skylake-X oder Kaby-Lake-X? Hier die Erklärung
Während der Computermesse Computex 2017 im fernöstlichen Taipei stellte Intel die Skylake-X-Architektur (Codename „Basin Falls“) vor, unter anderem die die 10- bis 16-Kerner der neuen i9-Generation umfasst. Der Marktstart umfasst nicht nur neue CPUs, sondern auch einen neuen Chipsatz in Form des X299 und einen neuen Sockel mit der Bezeichnung LGA2066 - eine komplette Plattform eben. Im Übrigen ist der Sockel nicht kompatibel zu Vorgängermodellen.
Neben einer höheren Core-i-Nummerierung gibt es eine weitere Besonderheit bei dieser Plattform: Sie umfasst auch Prozessoren, die lediglich über vier Kerne verfügen. Das wären der Intel Core i7-7740X und 7640X, bei denen es sich im Prinzip um Chips aus der Kaby-Lake-Generation handelt. Da sie aber ebenfalls mit dem X299-Chipsatz kommunizieren können, führen sie die Bezeichnung Kaby-Lake-X. Hinzu kommen noch zwei Modelle, die zwar nicht die Modellbezeichnung Core-i9 erhalten haben, aber doch wieder zu Skylake-X zählen: Der Intel Core i7-7800X mit sechs Kernen und der 7820X mit acht Kernen. Ja, die Namensgebung ist tatsächlich so kompliziert.
Weiterhin fällt auf, dass alle Chips der neuen Core-X-Familie über keine integrierte Grafiklösung verfügen. Das dürfte vor allem Overclocker freuen, weil sich dadurch die CPUs noch höher übertakten lassen.
Das bietet der neue X299-Chipsatz von Intel
Die wohl größte Neuerung beim X299-Chipsatz ist der optimierte „Turbo Boost Max Technology 3.0“: Diese Technik ist bereits von Broadwell-E-Modellen bekannt. Sie wählt den „besten“, übertaktbaren Rechenkern aus und sorgt für dessen vollautomatische Übertaktung, wenn die Leistung vom System gefordert wird. Bei Skylake-X erfolgt nun aber die Identifizierung der zwei OC-tauglichsten (Overclocking) Kerne sowie die dynamische Übertaktung. Die Kaby-Lake-X-CPUs müssen auf diese Optimierung verzichten.
Weiterhin stellt der Chipsatz insgesamt 44 PCI-Express-Lanes bereit, um entweder zwei Grafikkarten mit voller x16-Geschwindigkeit anzubinden oder alternativ vier Pixelbeschleuniger mit x8-Geschwindigkeit. Zwei Ausnahmen gibt es hier aber: Die Modelle 7800X und 7820X dürfen über lediglich 28 Lanes verfügen.
Die nächste Neuerung betrifft den RAM: Mit X299 und den Skylake-X-Modellen lässt sich mit DDR4-2666-Arbeitsspeicher im Quad-Channel-Modus ansprechen - offiziell. Die OC-Boards mit X299-Chipsatz erlauben hingegen Frequenzen deutlich über 4 GHz. Die TDP steigt auf eine TDP von bis zu 140 Watt. Hinzu kommt noch der native Support für bis zu acht SATA-3.0-Anschlüsse und zehn USB-3.0-Ports.
Aufpreis für virtuellen RAID-Verbund: Intel VROC
Neu ist auch die Technik Intel VROC, was „Virtual RAID on CPU“ bedeutet: Hier erhalten Nutzer die Möglichkeit, bis zu 20 NVMe-PCIe-SSDs in einem RAID-Verbund zusammenzuschließen und diesen als eine einzelne, bootbare Partition zu nutzen – sofern Sie ausschließlich auf Intel-SSDs setzen, denn mit Flash-Speicher anderer Hersteller funktioniert VROC nicht.
Ein weiterer Nachteil ist folgender: Das Feature ist nur gegen Aufpreis nutzbar. Wer seinen Speicher in ein RAID 0 schalten möchte, der kann das ohne Zusatzkosten tun. Wer allerdings ein RAID 1 zusammenschalten möchte, der muss einmalig um die 99 US-Dollar zahlen - offizielle Preise sind bisher nicht bekannt. Die Preise für höhere RAID-Verbünde steigen entsprechend. Sobald der Nutzer den Preis an Intel entrichtet hat, verschickt der Hersteller einen Hardware-Dongle, der ins Mainboard gesteckt werden muss, damit er seinen gewünschten RAID-Verbund schalten kann. Eine Methodik, die im Server-Bereich durchaus gängig ist. Das Intel jetzt auch beim Endkonsumenten die Hand aufhält und keine Konkurrenzprodukte unterstützt, ist aus unserer Sicht eine schlechte Entscheidung und auch ein falsches Signal an den Kunden.
Spieleleistung in Full- und Ultra-HD
Wie sich von den Bildratenmessungen in Full-HD allerdings ableiten lässt, beherbergen die neuen Architektur-Features in Skylake-X wie der überarbeitete Cache und die Mesh-Interconnects ein Problem: Wenn die Software nicht auf die neue Plattform optimiert ist, dann sind die Messergebnisse sogar etwas geringer als beim Vorgänger. Mit einem ähnlichen Problem hatte auch Ryzen zu kämpfen, doch dank Bios-, Microcode- und Software-Updates sind nun viele Probleme behoben. Auch der AMD Ryzen 1800X befindet sich auf einem vergleichbaren Niveau. Kurzum: Die High-End-Prozessoren nehmen sich kaum etwas bei der Gaming-Leistung in Full-HD. Selbes gilt im Übrigen für das Zocken in Ultra-HD, auch wenn der 1800X dann doch einen Ticken langsamer ist.
Synthetik- und Computing-Tests
Das Balkendiagramm macht sehr deutlich, welche unglaubliche Multi-Core-Performance der Intel Core i9-7900X an den Tag legt - er wischt in fast jedem Test mit der Konkurrenz den Boden. Beispielsweise kann die CPU im Multimedia-Benchmark von SiSoftware Sandra satte 1,44 Gigapixel in der Sekunde verarbeiten - der nächstbeste Wert kommt vom 6950X, der „nur“ auf rund 752 Megapixel pro Sekunde kommt. Zu guter Letzt ist da noch der Multi-Core-Wert in Cinebench R15, der sich auf satte 2165 Punkte beläuft. Der ehemalige König in Form des 1800X muss sich mit seinen 1875 Punkten auf den zweiten Platz setzen.
Umwelt-Eigenschaften auf dem Prüfstand
Tatsächlich verbraucht unsere Test-Plattform mit dem Intel Core i9-7900X mehr Strom (367 Watt) als die des i7-6950X (334 Watt), obwohl sie beide über eine TDP von 140 Watt verfügen, der 7900X aber aufgrund seiner Strukturverbesserungen tendenziell effizienter arbeiten sollte. Grund hierfür ist aber vor allem der höhere Takt: Der 6950X bringt es ohne manuelle Übertaktung auf höchstens 3,5 GHz, beim 7900X sind es 4,5 GHz. Da verwundert es auch nicht, dass der Sykalke-X-Chip mit 67 Grad Celsius eine höhere Hitzentwicklung aufweist - noch heißer läuft im Test nur noch der 1800X mit 72 Grad Celsius.
Intel Core i9-7900X übertaktet
Für Übertakter ist folgendes Detail interessant, wenn auch nicht unbedingt positiv: Für den Kontakt zwischen der Chipfläche (dem sogenannten Die) und dem Heatspreader (Wärmeleiter) setzt Intel lediglich auf Wärmeleitpaste statt - wie sonst üblich - auf eine metallische Verlötung zwischen den beiden Komponenten. Aufgrund des hohen Preises ist die billigere Variante aber unverständlich und für Übertakter nicht von Vorteil. So liefert der i9-7900X in etwa die gleiche Performance ab wie der Intel Core i7-6950X, in Rise of the Tom Raider kann der Vorgänger den Skylake-X aber schlagen (142 zu 133 Bilder pro Sekunde). Anders herum ist es bei Witcher 3, wo der 7900X den 6950X schlagen kann (103 zu 96 Bilder pro Sekunde).
In unseren OC-Versuchen konnten wir den Intel Core i9-7900X stabil mit über 4,6 GHz auf allen Kernen betreiben - allerdings verwenden wir eine All-in-One-Wasserkühlung mit 240-Millimeter-Radiator, die auch die Spannungswandler auf dem Mainboard mit einem Lüfter kühlt (siehe Kasten „So testet PC-WELT Desktop-Prozessoren“). Im Vergleich zu Turbo-Boost 3.0 ist der Leistungsgewinn allerdings nicht immens, auch wenn dabei nur zwei Kerne übertaktet werden. Parallel zu den höheren Taktraten schnellte der Stromverbrauch aber auf 380 Watt (gesamte Testplattform). Stimmen also die Grundlagen (Mainboard mit hochwertigen Spannungswandlern, ausreichender Stromzufuhr mir Reserven und eine gute Kühlung), dann ist eine solide Übertaktung möglich. Doch für höhere Ergebnisse müssen Sie die CPU noch besser kühlen und gegebenenfalls köpfen - also den Heatspreader abheben, die Wärmeleitpaste durch Flüssigmetall ersetzen und die Schutzkappe dann wieder fixieren. (PC-Welt)