Ratgeber für Jobsuchende

Initiativbewerbung richtig gemacht

27.08.2010
Von welchen Faktoren der Erfolg einer eigeninitiierter Bewerbung abhängt, sagt Dr. Jürgen Nebel.

Die Beliebtheit von Initiativbewerbungen nimmt ständig zu - sowohl bei Bewerbern als auch bei Unternehmen. Doch nicht jede Initiativbewerbung ist gleich gut und gleich erfolgreich. Denn der Erfolg einer Initiativbewerbung hängt von mehreren Faktoren ab.

Warum Initiativbewerbungen sinnvoll sind

Ein Instrument ist nicht deshalb gut, weil es beliebt und häufig genutzt wird. Es kommt auf das Ziel und das Ergebnis an. Circa 80 Prozent aller offenen Positionen werden nicht öffentlich ausgeschrieben, insbesondere Führungspositionen. Es handelt sich hier um den sogenannten verdeckten Stellenmarkt.

Warum die Unternehmen diese offenen Stellen nicht ausschreiben? Weil die Stellen zum Teil intern besetzt, Netzwerkkontakte genutzt oder Headhunter mit der Direktsuche beauftragt werden. Und weil die Unternehmen regelmäßig initiative Bewerbungen auf den Tisch bekommen, die auf das gesuchte Profil passen. Um diesen verdeckten Stellenmarkt zu nutzen, ist die Initiativbewerbung ein hervorragendes Instrument.

Auf die große Stückzahl kommt es an.

Je mehr Initiativbewerbungen Sie verschicken, desto mehr offene Positionen entdecken Sie und können schließlich zwischen mehreren Optionen wählen. Meine Klienten erzielen so durchschnittlich etwa zehn Erstgespräche und können am Ende meist zwischen zwei bis vier Jobangeboten auswählen. Leider wird die Initiativbewerbung zu oft als die "kleine Schwester" der Bewerbung auf Stellenanzeigen behandelt: Der Bewerber sucht sich ein paar "Lieblingsunternehmen" aus und schickt dorthin initiativ seine komplette Bewerbungsmappe. Und so bekommen die "Top Ten der beliebtesten Arbeitgeber" hunderte Initiativbewerbungen; aber nur wenige Bewerber eine Stelle.

Wer schon Berufserfahrung hat, weiß: Akquisition von Neukunden geht - neben dem bestehenden Netzwerk - nur über die Ansprache von vielen potenziellen Kunden und der passenden Zielgruppe. Das gilt auch für die Initiativbewerbung. Sie müssen also eine große Zahl von Unternehmen anschreiben; mein Erfahrungswert ist mindestens 200 Stück.

Akquirieren statt bewerben.

Die meisten Stellensuchenden verfahren nach dem Motto: Ich muss mich beim Unternehmen als "stromlinienförmiger" Mitarbeiter bewerben. Teamfähig, kommunikativ, belastbar, mobil, flexibel sind dabei die am häufigsten genannten "Keywords". Damit kommen Sie in eine Bittsteller-Rolle, die eine Begegnung auf Augenhöhe verhindert. Werden Sie zum Akquisiteur! Sie haben dem Unternehmen Nutzen zu bieten und zwar ganz konkreten, der Sie von allen anderen Anwärtern auf die Stelle unterscheidet. Es geht also um Ihre ganz individuelle Vermarktung mit Argumenten, die ein Unternehmen überzeugen. Das erreichen Sie nur mit dem Selbstbewusstsein, was Sie können und schon erreicht haben.

Geben Sie sich und dem Unternehmen ein gutes Gefühl.

Nur die tatsächlich von Ihnen erzielten Erfolge geben den Entscheidern das gute Gefühl, den Richtigen oder die Richtige einzustellen. Deshalb müssen Sie Erfolge nachweisen, die einem Unternehmen direkten oder indirekten Gewinn eingebracht haben - und zwar in harten Fakten!

Drei Dokumente machen eine gute Initiativbewerbung aus

Ihre Unterlagen sollen alle Unternehmen einer Zielgruppe gleichermaßen überzeugend ansprechen, sodass Sie nur die Adresse und den Ansprechpartner austauschen müssen. Eine erstklassige Initiativbewerbung besteht bei mir aus genau drei Dokumenten: dem zielgruppenspezifischen Anschreiben, den Beiträgen zum Unternehmenserfolg und dem Kurz-Lebenslauf. Diese drei einseitigen Dokumente kommen zusammen in einen 20-Gramm-Brief im DIN-Lang-Format. Um es ganz klar zu sagen: Bei meinen Initiativbewerbungen werden keine Bewerbungsmappen verschickt, aber auch keine "Visitenkarten" im Sinne einer Auflistung bisheriger Arbeitgeber, Funktionsbezeichnungen und Zeiträume.

Das zielgruppenspezifische Anschreiben beginnt mit einer drei- bis vierzeiligen Headline, die Ihre wesentlichen Stärken, Erfahrungen und insbesondere Erfolge darstellt. Diese Headline ersetzt den sonst üblichen Betreff. Ob Ihre Bewerbung eine Chance beim Unternehmen hat, hängt zuerst genau von dieser Headline ab. Wenn wir davon ausgehen, dass Entscheider nur wenig Zeit haben, bleiben Ihnen genau diese paar Zeilen, um das Interesse des Lesers zu wecken. Da diese Headline enorm wichtig ist, braucht ihre Entwicklung einen besonders sorgfältige Vorbereitung: die Zusammenstellung Ihrer Stärken!

Übrigens: Die Bezugnahme auf das konkrete Unternehmen entfällt! Dass es großartig ist, weiß das Unternehmen längst und will dazu keine "individualisierten Textbausteine" lesen. Und dass Sie für das Unternehmen arbeiten wollen, liegt nahe, wenn Sie sich dort bewerben.

Im Dokument Beiträge zum Unternehmenserfolg geht es um die Darstellung Ihrer erzielten Erfolge. Und zwar solche, die ihren vorherigen Arbeitgebern Gewinn eingebracht haben. Sie sollten möglichst nach wenigen Hauptthemen gegliedert darstellen, was Sie erreicht haben. Diese Auflistung löst sich von den beruflichen Stationen und richtet sich nach übergeordneten Leistungen aus. Wichtig ist dabei die Perspektive: Versetzen Sie sich immer in die Lage der Unternehmen. Was ist für ein Unternehmen wichtig? Was könnte zum Unternehmenserfolg Ihres künftigen Arbeitgebers beitragen?

In den einseitigen Kurz-Lebenslauf gehören nur die wesentlichen Daten zu Ihrer Person und Ihren wichtigsten Berufsstationen. Diese werden nach "Key Essentials" gegliedert wie Internationalität, Führungsspanne, besondere Aufgaben, etc. Sie ordnen dort zusammen, was zusammengehört und nicht, wie Ihr Leben "zufällig" verlaufen ist.

Die von mir entwickelten Lebensläufe weichen daher erheblich von den Mainstream-Lebensläufen ab, wie sie in fast allen Ratgebern beschrieben werden. Denn auch der Lebenslauf ist ein Instrument, um Erfolge und Nutzen zu vermitteln. Das geht nur, wenn man sich von herkömmlichen Vorstellungen verabschiedet und sich anders verkauft.

Ergänzend erstelle ich mit meinen Klienten einen ausführlichen Lebenslauf. Dieser beschreibt dann die einzelnen Berufs- und Ausbildungsstationen chronologisch geordnet - beginnend mit der aktuellsten Position. Auch hier steht bei jeder Station, was in dem jeweiligen Unternehmen an Erfolgen erzielt wurde. Er wird an Unternehmen geschickt, die aufgrund der Initiativbewerbung weitergehende Informationen zum Bewerber wünschen.

Sie müssen auf dem richtigen Schreibtisch landen

Es geht darum, dass Sie den richtigen Ansprechpartner erreichen, idealerweise den Entscheider oder einen leitenden Mitarbeiter, der Ihr "Fürsprecher" wird. Ihre Initiativbewerbung muss daher unbedingt an konkrete Ansprechpartner mit entsprechender Funktion und Entscheidungskompetenz gehen. Suchen Sie sich via geeigneter Datenbanken die Namen des Bereichsleiters, des Geschäftsführers oder zuständigen Vorstands heraus. Dann landen Sie auf dem richtigen Schreibtisch. Erfahrene Karriereberater können Ihnen die für Sie passenden Adressdaten beschaffen bzw. zur Verfügung stellen.

Fazit

Die Erstellung Ihrer Unterlagen ist die beste Vorbereitung auf Ihre Vorstellungsgespräche - oder besser gesagt Ihrer Akquisition in eigener Sache. Meine Klienten bestätigen mir immer wieder, dass die Entdeckung von Stärken und Erfolgen eine ganz neue Motivation und vor allem das nötige Selbstbewusstsein gibt. Wenn Sie von sich überzeugt sind, können Sie andere von sich überzeugen. (oe)

Der Autor Dr. Jürgen Nebel ist Karriereberater und Karrierecoach für Führungskräfte und Outplacement. Sein Beratungsunternehmen Nebel Karriereberatung sitzt in Wiesbaden (www.nebelkarriereberatung.de).