Mit Segen von ganz oben

Ingram Micros Logistik nun so groß wie 22 Fußballfelder

24.07.2008
Mit Segen vom örtlichen Pfarrer weihte Ingram Micro am 23. Juli 2008 das Regional Distribution Center RDC II ein. Damit verdoppelt sich die Lagerfläche in Straubing-Sand auf 80.000 qm.

Nach nur etwa einem Jahr, angefangen von der Planung, von Genehmigungsverfahren, von nicht ganz so einfacher Landakquise sowie nach nur sieben Monaten Bauzeit nahm der Dornacher Distributor Ingram Micro am 14. Juli 2008 sein zweites Logistikzentrum (Regional Distribution Center, RDC II) in Betrieb.

Eine Woche später wurde es am 23. Juli 2008 unter den Augen und mit Beteiligung von viel lokaler und überregionaler Politprominenz und dem Segen des örtlichen Pfarrers am Europaring im Industriepark Straubing-Sand (Niederbayern) offiziell eingeweiht.

Die neue Halle, die sich direkt an die des Regional Distribution Center I anschließt und damit verbunden ist, verdoppelt die Lagerfläche von 40.000 qm auf 80.000 qm und bringt 40.000 zusätzliche Palettenplätze mit. Die Gesamtfläche einschließlich außen und innen erstreckt sich auf 170.000 qm oder 22 Fußballfelder.

Somit ist das "doppelte Lottchen" aus RDC I und RDC II das größte IT-Logistikzentrum Europas und das zweitgrößte für Ingram Micro weltweit. Zusammen verfügen beide Zentren über 98 Tore, die dank der voll Software-gesteuerten Lagerverwaltung je nach Bedarf sowohl für Warenein- als auch Warenausgänge genutzt werden können.

Sonnige Aussichten

Anders als RDC I ist das zweite Logistikzentrum gemietet. Eigentümer und Investor ist die Goodman Germany GmbH. Ihr Landesdirektor Werner Knan lobte, dass er selten einen Kunden getroffen habe, der so wie Ingram Micro genau wusste was er wollte.

Für die neue 40.000 qm große Halle mit einem Volumen von 480.000 m³ und einer Höhe von 10 m mussten allein rund 160.000 m³ Erdreich (13.000 LKW-Ladungen) aufgeschüttet werden. Hinzu kamen 32 km Netzwerkkabel und 550 t Stahl für die Regalbauten.

Da die Logistik auch viel Strom verbraucht, ist im nächsten Schritt vorgesehen, das Dach der neuen Halle mit Solarzellen zu versehen, wie ein Ingram-Mitarbeiter verriet. Das Dach von RDC I ist dafür nicht geeignet.

Ingram-EMEA-Chef Jay Forbes unterstrich die Bedeutung von Straubing für die europäische Logistikstrategie und fand in Deutschlandchef Gerhard Schulz einen engagierten Verfechter des Standortes. Jener führte aus, dass es vor der Entscheidung für Straubing Ende 2006 durchaus auch günstigere Alternativen gab. Norddeutschland oder Osteuropa standen genauso zur Diskussion.

Warum Straubing

Für Straubing sprachen dann mehrere Punkte: Das ist einmal das eingespielte Management, das bei den zunehmend komplexen Prozessen eine wichtige Rolle spiele ebenso wie die Loyalität der Belegschaft. Von den 1.300 Mitarbeitern in Deutschland, davon allein über 600 in Straubing, sind über 60 Prozent schon mindestens sechs Jahre bei Ingram Micro beschäftigt.

Qualitative Kriterien, sprich die Produktivität, spielten vor dem Hintergrund der gegenüber Osteuropa weit höheren Löhne (13:3 Euro die Stunde) bei der Entscheidungsfindung laut Schulz ebenfalls eine wichtige Rolle. Denn in einer Zeit immer schwieriger werdender Bedingungen wie Dollarabwertung (Großteil der IT wird in Dollar abgerechnet) und steigender Energiekosten komme es vor allem auf Geschwindigkeit an, um mit größeren Umschlagszahlen oder Skaleneffekten zu wachsen oder zumindest gleich viel Umsatz zu erzielen. Umgesetzt werden in Straubing laut Schulz Waren der IT, Telekommunikation und Unterhaltungselektronik im Gesamtwert von über drei Milliarden Euro.

Wegbereiter Kaack

Axel Markus Koch, Managing Director Operations & Service, sozusagen der Herr über die Logistik bei Ingram Micro, gab einen historischen Rückblick und lobte den ebenfalls anwesenden ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Michael Kaack, der 1991 zusammen mit anderen "Macrotron-Herren" den Entschluss fasste, dass München zu klein wurde und in Niederbayern ein Lager zu bauen.

Tatsächlich seien viele Straubinger Mitarbeiter im Herzen heute noch eher Macrotroner. Bald nach Fertigstellung wurde klar, dass noch ein Lager in Straubing her musste. So nahm 1994 die zweite Liegenschaft in der niederbayerischen Stadt Bezug. Als Ingram Micro Macrotron 1998 übernahm, waren es schon acht Außenlager. Ende 2006 waren es mit RDC I, das 1999 bezugsfertig war, noch 7 Außenlager. Derzeit sind es neben RDCI und II noch drei, die im Laufe des Monats nach Straubing-Sand umsiedeln sollen.

Warenwirtschaft im Griff

Eine Besonderheit der beiden Logistikzentren von Ingram Micro ist die Priorisierung der Warenflüsse. Die Chain-Supply-Management-Software "i-Logx" und das im Herbst 2006 etwas holprig eingeführte Lagerverwaltungssystem Viadat machen es möglich.

Beide sind nun laut den Logistik-Managern voll einsatzfähig. Im Zusammenspiel mit i-Logx ermöglicht Viadat Händlern zum Beispiel über das Online-Bestellsystem IM.order tagesaktuell Einblick in den Status seiner Bestellung zu nehmen.

Dazu sind die Lagerarbeiter mit Handscannern ausgestattet; Förderbänder am Warenausgang wiegen und scannen die Barcode-Labels. Die Inventur läuft somit permanent und wird von den Wirtschaftsprüfern auch als solche anerkannt. Eine Zeit und Ressourcen raubende viertel- oder halbjährliche zusätzliche Inventur entfällt somit.

Für die neuen Gabelstapler zu eng gewordene Hochregale werden in RDC I abgebaut und in der neuen Halle teils wieder aufgebaut. Kleinteile und Waren mit hoher Priorität werden weiterhin in RDC I abgewickelt. In RDC II werden künftig vor allem Paletten-Ware mit mittlerer Priorität und großteilige Güter wie etwa Flachbildfernseher gelagert. Über Förderbänder für Stückgüter und Paletten gelangen die Produkte dann großteils zum Warenausgang in RDC I.

An den 43 Versandtoren (39 in RDC I, 4 in RDC II) docken täglich 50 bis 70 LKWs an und laden 25.000, in der Spitze 43.000 Pakete pro Tag ein sowie 400 respektive 870 Paletten. Palettenware wird vollautomatisch in schwarze Folien eingewickelt, teure Kleingüter wie Notebooks zum Schutz vor Diebstahl vonseiten der Spediteure auch. (kh)